Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwaltsgebühren bei Abschluss eines Mehrvergleichs im Verfahren nach § 278 Abs. 6 ZPO

 

Leitsatz (amtlich)

Beantragt der Rechtsanwalt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für einen gleichzeitig eingereichten mit der Gegenseite bereits abgestimmten Vergleichsvorschlag nach § 278 Abs. 6 ZPO, der bisher nicht rechtshängige Streitgegenstände umfasst, steht ihm eine 1,2-Terminsgebühr nur aus dem Wert der bisher rechtshängigen Streitgegenstände und eine 1,0-Einigungsgegebühr aus dem Gesamtwert der Gegenstände zu.

 

Normenkette

ZPO § 278 Abs. 6; VV-RVG Nrn. 1000, 1003, 3104 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG München (Entscheidung vom 22.08.2013; Aktenzeichen 13 Ca 9002/12)

 

Tenor

Die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 22.08.2013 (Az.: 13 Ca 9002/12) wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten im Kostenfestsetzungsverfahren über die Höhe der dem Prozessbevollmächtigten des Klägers aus der Staatskasse zu erstattenden Vergütung.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat für diesen im zugrunde liegenden Verfahren eine Klage auf Zustimmung zur Veränderung der wöchentlichen Arbeitszeit erhoben und dafür die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter seiner Beiordnung beantragt.

Mit Schriftsatz vom 20.02.2013 hat er einen Vergleichsvorschlag unterbreitet und beantragt, die Prozesskostenhilfe auch auf den Vergleichsabschluss zu erstrecken.

Durch Beschluss vom 22.03.2013 hat das Verfahren gemäß § 278 Abs. 6 ZPO sein Ende gefunden.

Durch Beschluss vom 05.04.2013 ist dem Kläger rückwirkend ab Antragstellung ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt und sein Prozessbevollmächtigter beigeordnet worden.

Durch Beschluss vom 16.05.2013 hat das Landesarbeitsgericht München den Streitwert für das Verfahren auf € 5.325,-- und für den Vergleich auf € 19.777,57 festgesetzt.

Mit einem am 05.06.2013 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat der Prozessbevollmächtige des Klägers die Festsetzung seiner Gebühren und Auslagen aus der Staatskasse auf € 1.417,89 beantragt. Geltend gemacht wurden dabei u.a. eine 1,2-Terminsgebühr aus einem Streitwert von € 19.777,57 sowie eine 1,5-Einigungsgebühr aus einem Wert von € 14.452,57 (Mehrvergleich).

Auf Einwand der Bezirksrevisorin bei dem Landesarbeitsgericht München, dass weder eine Festsetzung einer Terminsgebühr noch die Festsetzung einer 1,5-Einigungsgebühr aus dem Vergleichsmehrwert in Betracht komme, hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle durch Beschluss vom 17.07.2013 die dem Prozessbevollmächtigten des Klägers aus der Staatskasse zu erstattenden Gebühren wie folgt festgesetzt:

5.325,00

292,50

0,8 Verfahrensgebühr Nr. 3101 VV RVG i.V.m. § 15 Abs. 3 RVG

14.452,57

88,40

1,2 Terminsgebühr Nr. 3104 VV RVG

5.325,00

270,00

1,0 Einigungsgebühr Nr. 1000 1003 VV RVG

19.777,57

293,00

Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG

20,00

Zwischensumme:

963,90

19 % Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG

183,14

Summe

1.147,04

Mit einem am 23.07.2013 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers dagegen "Beschwerde" eingelegt. Für den Anfall einer Terminsgebühr genüge bereits die Einbeziehung nicht rechtshängiger Ansprüche in die Einigungsgespräche. Der Anfall einer 1,5-Einigungsgebühr ergebe sich aus dem klaren Wortlaut des Gesetzes. Durch Beschluss vom 22.08.2013 hat die Kammervorsitzende des Arbeitsgerichts der Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht abgeholfen. In der Rechtsmittelbelehrung dieses Beschlusses hat sie dem Prozessbevollmächtigten des Klägers über eine mögliche sofortige Beschwerde als Rechtsmittel belehrt.

Gegen den dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 13.09.2013 zugestellten Beschluss hat dieser mit einem am 26.09.2013 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt. Nr. 3104 Abs. 3 VV-RVG setze nicht die Rechtshängigkeit im Vergleich einbezogener Ansprüche voraus. Vielmehr reiche dafür ein Klageauftrag aus. Auch sei von einer erhöhten Vergleichsgebühr auszugehen, da das Gericht lediglich mit der Protokollierung des Gegenstands des Mehrvergleichs befasst gewesen sei.

Durch Beschluss vom 26.09.2013 hat das Arbeitsgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und sie am 02.10.2013 dem Landesarbeitsgericht München zur Entscheidung vorgelegt.

II.

1. Die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts vom 22.08.2013 ist gemäß der §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 Satz 1 RVG statthaft und gemäß der §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 RVG auch sonst zulässig. Zwar ist aufgrund der unglücklichen Formulierung des Tenors des Beschlusses vom 22.08.2013 als Nichtabhilfeentscheidung zweifelhaft, ob damit eine nach dem Gesetz erforderliche eigenständige Entscheidung des Arbeitsgerichts vorliegt. Dies ergibt sich aber letztlich jedenfalls aus der im Beschluss enthaltenen Rechtsmittelbelehrung. Daraus wird deutlich, dass das Arbeitsgericht eine selbständige Entscheidung über die - zutreffend - als Erinnerung (§ 56...

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