Entscheidungsstichwort (Thema)
Fehlendes Rechtsschutzinteresse für Tatbestandsberichtigung bei unterlassener Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde
Leitsatz (amtlich)
Einem Tatbestandsberichtigungsantrag fehlt das grundsätzlich erforderliche Rechtsschutzinteresse, wenn gegen das zu berichtigende Urteil ein Rechtsmittel nicht eingelegt worden ist und auch eine Urteilsergänzung nicht in Betracht kommt.
Normenkette
ZPO §§ 321, 320 Abs. 1, § 321 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG München (Aktenzeichen 3 Ca 12167/10) |
Tenor
1. Der Antrag der Klägerin auf Berichtigung des Tatbestands des Urteils des Landesarbeitsgerichts vom 20.02.2014 wird als unzulässig verworfen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin hat mit dem am 27.03.2014 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen Antrag vom selben Tage Berichtigung des ihr am 13.03.2014 zugestellten Urteils des Landesarbeitsgerichts München vom 20.02.2014 begehrt. Ausweislich des Notfristzeugnisses des Bundesarbeitsgerichts vom 21.05.2014 ist ein Rechtsmittel bis einschließlich 19.05.2014 dort nicht eingegangen.
Mit Schreiben vom 20.05.2014 hat die Kammer auf die Entscheidungen des LAG Berlin-Brandenburg vom 17.08.2011 - 4 Sa 142/11 und 4 Sa 2227/10 -, BeckRS 2013, 69368 - sowie des OLG Bamberg, Beschluss vom 27.02.2013 - 1 W 11/13 -, NJW-RR 2013, 1079 hingewiesen, wonach für einen Antrag auf Tatbestandsberichtigung kein Rechtsschutzinteresse nach dem Eintritt der formellen Rechtskraft des Urteils mehr besteht. Eine Stellungnahme der Klägerin erfolgte hierauf nicht.
II.
Der nach § 320 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO i.V.m. § 64 Abs. 6 ArbGG an sich statthafte, form- und fristgerecht gestellte Tatbestandsberichtigungsantrag ist unzulässig. Es fehlt an dem auch hier erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis (vgl. LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17.08.2011 - 4 Sa 142/11 und 4 Sa 2227/10 -, BeckRS 2013, 69368; OLG Bamberg, Beschluss vom 27.02.2013 - 1 W 11/13 -, NJW-RR 2013, 1079; KG, Beschluss vom 12.09.2011 - 19 U 116/10 -, BeckRS 2012, 04757; BFH, Beschluss vom 08.05.2003 - IV R 63/99 -; NJW 2003, 3340, jeweils mwN).
1. Das Rechtsschutzbedürfnis verlangt das Vorliegen eines berechtigten Interesses an der Inanspruchnahme der Gerichte (vgl. BAG, Beschluss vom 08.12.2010 - 7 ABR 99/09 - Rn. 12, NZA-RR 2011, 315). Da grundsätzlich jeder Rechtsuchende einen öffentlich-rechtlichen Anspruch darauf hat, dass die Gerichte sein Anliegen sachlich prüfen und bescheiden, kann nur unter besonderen Umständen angenommen werden, dass eine Partei kein schutzwürdiges Interesse an der begehrten gerichtlichen Entscheidung hat (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl. 2014, vor § 253 ZPO, Rn. 18). Solche besonderen Umstände sind gegeben, wenn ein einfacherer oder billigerer Weg zur Verfügung steht oder wenn es offensichtlich gerichtlicher Hilfe zur Erreichung des ursprünglichen Ziels nicht (mehr) bedarf (vgl. BAG, Beschluss vom 08.12.2010, aaO., Rn. 12).
2. Danach fehlt im vorliegenden Fall das Rechtsschutzbedürfnis für die beantragte Tatbestandsberichtigung.
a) Das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 20.02.2014 ist formell rechtskräftig. Die Klägerin hat eine an sich statthafte Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil nicht eingelegt. Es steht damit nicht mehr zur Überprüfung durch das Bundesarbeitsgericht an, so dass der Zweck der Tatbestandsberichtigung, zu verhüten, dass ein unrichtig bekundeter Parteivortrag infolge der Beweiskraft des § 314 ZPO fehlerhafte Grundlage für die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts wird, nicht mehr zum Tragen kommt (vgl. LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17.08.2011, aaO., unter I. der Gründe; OLG Bamberg, Beschluss vom 27.02.2013, aaO., unter II.2. der Gründe; KG, Beschluss vom 12.09.2011, aaO., unter II. der Gründe; vgl. schon BGH, Urteil vom 10.03.1983 - VII ZR 135/82 -, NJW 1983, 2030, 2032 zum Sinn und Zweck der Tatbestandsberichtigung). Eine darüber hinausgehende Bedeutung für etwaige Folgeverfahren oder für außerhalb des konkreten Prozessrechtsverhältnisses liegende Umstände tatsächlicher oder rechtlicher Natur ist dem Tatbestand nicht beizumessen, wie sich aus der Regelung des § 313 a Abs. 1 ZPO ergibt, wonach ein Tatbestand entbehrlich ist, wenn ein Rechtsmittel gegen das Urteil unzweifelhaft nicht zulässig ist (so bereits OLG Bamberg, Beschluss vom 27.02.2013, aaO.).
Die hiervon abweichende Auffassung, dass ein Tatbestandsberichtigungsantrag auch bei rechtskräftig gewordenem Urteil stets zulässig sei, weil die Möglichkeit, Verfassungsbeschwerde einzulegen, bestehe (so weiterhin Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 320 ZPO, Rn. 10; MKZPO/Musielak, 4. Aufl. 2013, § 320, Rn. 6; Saenger in Saenger, ZPO, 5. Aufl. 2013, § 320, Rn. 10) überzeugt nicht. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg darauf hingewiesen, dass diese Ansicht die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde nicht ausreichend berücksichtigt (vgl. LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17.08.2011, aaO., unter III.1. der Gründe). ...