Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsratswahl
Leitsatz (amtlich)
Ein gekündigtes Mitglied des Wahlvorstandes, das erstinstanzlich seinen Kündigungsschutzprozess gewonnen und eine vollstreckbare Verpflichtung des Arbeitgebers zur tatsächlichen Beschäftigung erstritten hat, ist auch ohne tatsächliche Beschäftigung aktiv wahlberechtigt im Sinne von § 7 BetrVG.
Normenkette
WO § 2; BetrVG § 7
Verfahrensgang
ArbG Augsburg (Beschluss vom 08.05.2007; Aktenzeichen 8 BVGa 1/07 N) |
Tenor
Die Beschwerde des Arbeitgebers (Beteiligter zu 2.) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Augsburg – Kammer Neu-Ulm – vom 8. Mai 2007 wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Die Parteien streiten in einem betriebsverfassungsrechtlichen Verfügungsverfahren über die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Herausgabe einer Mitarbeiterliste an den Wahlvorstand.
Mit Beschluss des Landesarbeitsgerichts München vom 3. Mai 2006 (7 TaBV 9/06) waren als Wahlvorstand zur Durchführung einer Betriebsratswahl bestellt worden:
- Herr C. als Vorsitzender
- Herr I.
- Herr O., sowie Herr A. als Ersatzmitglied.
Die vom Arbeitgeber dagegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hatte das Bundesarbeitsgericht mit Beschluss vom 15. November 2006 zurückgewiesen.
Als das Verlangen des Wahlvorstands, die für das Anfertigen der Wählerliste erforderlichen Auskünfte zu erteilen, beim Arbeitgeber kein Gehör fand, beschloss der Wahlvorstand in einer Sitzung am 4. April 2007, das anhängige Verfügungsverfahren einzuleiten, was mit anwaltschaftlichem Schriftsatz vom 20. April 2007 dann auch geschehen ist.
Der Arbeitgeber hatte dagegen von Anfang an einwenden lassen, dass sich nur noch zwei Wahlvorstandsmitglieder, die Herren C. und A., in ungekündigter Stellung befänden. Eine Beschäftigung der übrigen Wahlvorstandsmitglieder finde wegen zwischenzeitlichen Ausspruchs einer Kündigung nicht mehr statt und damit hätten sie dann auch das aktive Wahlrecht verloren.
Dem war das angerufene Arbeitsgericht Augsburg – Kammer Neu-Ulm – nicht gefolgt. Nach Ansicht des Erstgerichts besteht der antragstellende Wahlvorstand zumindest noch aus drei Mitgliedern. Hinsichtlich der Herren C. (das Zustimmungsersetzungsverfahren zu seiner beabsichtigten Kündigung laufe noch) und A. sei das ohnehin unstreitig. Aber auch Herr I. ist noch als Mitglied des Wahlvorstands angesehen und behandelt worden, weil die ihm gegenüber ausgesprochene Kündigung vom 28. Juli 2006 durch Endurteil des Arbeitsgerichts Augsburg vom 21. Dezember 2006 (Az.:) als unwirksam erklärt und der Beklagte zur tatsächlichen Weiterbeschäftigung verurteilt worden war. Die Mitgliedschaft im Wahlvorstand ende nur mit Beendigung oder Niederlegung des Amts. Beides sei nicht erfolgt. Im Streitfall könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass Herr I. aus dem Betrieb ausgeschieden sei. Sein Arbeitsverhältnis sei nach dem vorläufig vollstreckbaren Endurteil des Arbeitsgerichts Augsburg vom 21. Dezember 2006 durch die Kündigung vom 28. Juli 2006 gerade nicht aufgelöst worden. Auf die faktische Beschäftigung komme es in diesem Zusammenhang nicht an.
Dementsprechend war der Arbeitgeberin aufgegeben worden, dem Antragsteller eine Liste aller Beschäftigten des Betriebes – getrennt nach Geschlechtern und jeweils in alphabetischer Reihenfolge – mit Familiennamen, Vornamen, Geburtsdatum und Eintrittsdatum in den Betrieb zu erstellen und zu übergeben. Auf die Begründung des Beschlusses vom 8. Mai 2007 wird Bezug genommen.
Mit der am 14. Mai 2007 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen und zugleich begründeten Beschwerde gegen diese Entscheidung verfolgt der Arbeitgeber seinen Abweisungsantrag weiter. Dem Arbeitsgericht wird vorgehalten, sich mit diesem Beschluss gegen die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sowie gegen die einhellige Kommentarmeinung gestellt zu haben. Der antragstellende Wahlvorstand sei beschlussunfähig und habe derzeit auch keinen Anspruch auf Herausgabe der Mitarbeiterliste. Von den Anfang Mai 2006 (rechtskräftig seit 15. November 2006) bestellten Wahlvorstandsmitgliedern würden derzeit nur zwei in ungekündigter Stellung beim Arbeitgeber und Beschwerdeführer noch arbeiten. Eine Beschäftigung der am 28. Juli 2006 zum Ende August 2006 gekündigten Herren O. und I. finde nicht mehr statt, wobei Herr O. bereits von sich aus nicht mehr im Wahlvorstand vertreten zu sein scheine. Damit seien die Herren I. und O. auch keine stimmberechtigten Mitglieder des Wahlvorstands mehr. Mit Verlust des aktiven Wahlrechts schieden Wahlvorstandsmitglieder aus dem Wahlvorstand aus und könnten jedenfalls an Beschlüssen des Wahlvorstands nicht mehr mitwirken. Das aktive Wahlrecht verliere unter anderem, wer ordentlich entlassen worden sei und trotz Kündigungsschutzklage tatsächlich nicht mehr weiterbeschäftigt werde. Auf die einschlägige Rechtsprechung und Kommentarliteratur dazu wird Bezug genommen.
Ein aus zwei Mitgliedern bestehender Wahlvorstand sei mangels ordnungsgemäßer Besetzung nicht prozessfähig, nicht befugt, eine Wahl durchzuführen und könne a...