Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschwerde des Prozessvertreters gegen die Festsetzung des Gegenstandswerts für ein arbeitsgerichtliches Verfahren
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Antrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung während eines Kündigungsschutzverfahrens ist regelmäßig als unechter Hilfsantrag für den Fall des Obsiegens mit dem Bestandsschutzantrag auszulegen. Das gilt jedenfalls, wenn - wie hier - die Klagepartei den Weiterbeschäftigungsantrag erkennbar vom Erfolg des Kündigungsschutzantrags abhängig machen wollte und auch nicht anderweitig zum Ausdruck gebracht hat, dass ihr Weiterbeschäftigungsantrag unbedingt gestellt werde.
2. Für einen solchen Antrag ist gemäß § 45 Abs. 4 i. V. m. Abs. 1 S. 2 GKG nur dann ein Wert anzusetzen, wenn er im Vergleich durch eine ihn betreffende ausdrückliche oder konkludente Vereinbarung mitgeregelt wurde. Eine nur verfahrensmäßige Erledigung des allgemeinen Weiterbeschäftigungsantrags ("Damit ist der Rechtsstreit erledigt") genügt weder nach dem Gesetzeswortlaut noch nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift.
Normenkette
RVG § 33
Verfahrensgang
ArbG Augsburg (Entscheidung vom 08.03.2024; Aktenzeichen 4 Ca 1724/23) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Augsburg vom 08.03.2024 - 4 Ca 1724/23 - teilweise unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Gegenstandswert des Verfahrens wird zum Zwecke der anwaltlichen Gebührenberechnung auf 37.524,00 € festgesetzt.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat die Gebühr nach Nr. 8614 der Anlage 1 zum GKG zu tragen.
Gründe
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Festsetzung des Gegenstandswerts für ein Verfahren.
Mit seiner Klage hat der Kläger zu 1. die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihm sämtliche Schäden zu ersetzen, die ihm zur Wiedererlangung und/oder Neuausstellung seiner kamerunischen Geburtsurkunde entstehen würden, und zu 2. bis 4 die Verurteilung der Beklagten zur Entfernung der Abmahnungen vom 07.07.2023, 07.08.2023 und 21.08.2023. Im Wege der ersten Klageerweiterung hat der Kläger zu 5. einen Kündigungsschutzantrag gegen die Kündigung vom 14.09.2023 zum 31.12.2023 und zu 6. einen allgemeinen Feststellungsantrag gestellt. Mit der zweiten Klageerweiterung hat er zu 7. seine vorläufige Weiterbeschäftigung mit der Begründung des allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruchs, zu 8. bis 13. verschiedenen Auskünfte nach der DSG-VO, zu 14. Kopie der personenbezogenen Daten und zu 15. Zahlung von 5.000,00 € verlangt.
Durch gerichtlichen Vergleich vom 08.02.2024 vereinbarten die Parteien die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses aufgrund der ordentlichen Kündigung vom 14.09.2024 gegen Zahlung einer Abfindung zum 31.12.2023. Wegen der weiteren Regelungen wird auf das Verhandlungsprotokoll Bezug genommen.
Nach Anhörung des Klägers und seines Prozessbevollmächtigten hat das Arbeitsgericht Augsburg durch Beschluss vom 08.03.2024 - 4 Ca 1724/23 - gem. § 33 RVG den Gegenstandswert für das Verfahren auf 38.024,00 € und für den Vergleichsmehrwert auf 7.279,00 € festgesetzt. Dabei hat das Arbeitsgericht u. a. für den zu 1. gestellten Antrag auf Feststellung etwaiger Schäden im Zusammenhand mit der Wiedererlangung und/ oder Neuausstellung der kamerunischen Geburtsurkunde 500,00 €, für die drei Anträge zu 2. bis 4. betreffend die Entfernung der Abmahnungen zwei Bruttomonatsvergütungen und für den Weiterbeschäftigungsantrag eine Bruttomonatsvergütung festgesetzt. Die Bruttomonatsvergütung betrug 5.254,00 €. Dieser Beschluss wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 20.03.2024 und dem Kläger am 26.03.2024 zugestellt.
Gegen die Festsetzung des Gegenstandswerts für das Verfahren hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit am 21.03.2024 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und beantragt,
hierfür 46.778,00 € festzusetzen. Bei der Bemessung des Feststellungsantrags hinsichtlich des Schadensersatzanspruchs sei der Sachvortrag des Klägers zu berücksichtigen, wonach die Geburtsurkunde vor Ort in Kamerun beantragt und abgeholt werden müsse. Es sei ein Gegenstandswert von mindestens 5.000,00 € anzusetzen. Es seien nur zwei der drei Anträge auf Abmahnungsentfernung berücksichtigt worden.
Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht München zur Entscheidung vorgelegt. Der Wert des Feststellungsantrags zu 1. sei mit 500,00 € angemessen berücksichtigt. Es sei nicht ersichtlich, dass der Kläger extra und zum alleinigen Zwecke der Besorgung der Geburtsurkunde nach Kamerun fliegen würde. Es sei weder vorgetragen noch ersichtlich, warum dies nicht im Zuge eines eventuell ohnehin geplanten Aufenthalts in Kamerun möglich sein solle. Der Kläger habe zu den Flügen keine Wertangaben gemacht. Auch sei nicht belegt, dass allein eine persönliche statt eine Beantragung durch einen Bevollmächtigten vor Ort in Betracht komme. Gebühren und Versand dürften den Betrag von ...