Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsratswahl. Beurteilungsspielraum des Wahlvorstands bei der Ermittlung der Arbeitnehmerzahl
Leitsatz (amtlich)
Bei Ermittlung der in der Regel dem Betrieb angehörenden Arbeitnehmer hat der Wahlvorstand zwar einen Beurteilungsspielraum. Die zukünftige Entwicklung kann er aber nur berücksichtigen, wenn der Arbeitgeber bereits konkrete Veränderungsentscheidungen getroffen hat.
Normenkette
BetrVG §§ 9, 19
Verfahrensgang
ArbG München (Beschluss vom 08.12.2006; Aktenzeichen 21 BV 117/06) |
Tenor
1. Die Beschwerde des Beteiligten zu 2. (Betriebsrats) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 8. Dezember 2006 wird zurückgewiesen.
2. Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit einer Betriebsratswahl.
Die Antragstellerin (Arbeitgeberin/Beteiligte zu 1.) ist ein Luft- und Raumfahrtunternehmen mit Hauptsitz in O. Sie unterhält einen Betrieb „Forschung”. Antragsgegner (Beteiligter zu 2.) ist der für diesen Betrieb am 20. März 2006 gewählte Betriebsrat.
Der Wahlvorstand für diese Betriebsratswahl war am 16. August 2005 bestellt worden.
Mit Schreiben vom 9. November 2005 (Blatt 49 der Akte) hatte sich der damalige Betriebsrat an die Arbeitgeberin gewandt mit der Bitte um Unterrichtung über die künftige technologische Ausrichtung und Positionierung der Forschungsbereiche des Betriebs. Mit Schreiben vom 15. November 2005 (Blatt 50 der Akte) erinnerte dieser Betriebsrat die Arbeitgeberin an ihre Verpflichtung zur rechtzeitigen Information über die strategische Neuausrichtung der Abteilungen und die Neuorganisation des L. G.
Mit Schreiben vom 13. Dezember 2005 (Blatt 51 der Akte) forderte der damalige Betriebsrat die Arbeitgeberin auf, ihn bis spätestens 31. Januar 2006 über die Personal- und Strategieplanungen für das Jahr 2006 zu unterrichten, da ihm keine Informationen darüber vorlägen, welche Auswirkungen die von der Arbeitgeberin geplante verstärkte Kooperation mit externen Partnern auf die Belegschaft in den Forschungsabteilungen und die Belegschaft insgesamt haben würde.
Am 24. Januar 2006 hatte der Wahlvorstand ein Gespräch mit dem Betriebsleiter Herrn Dr. B.
Im Wahlausschreiben vom 1. Februar 2006 (Blatt 9/10 der Akte) fand man die Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder auf 11 festgesetzt. Im Betrieb Forschung waren damals 398 Arbeitnehmer sowie fünf Leiharbeitnehmer beschäftigt gewesen. Die Leiharbeitnehmer hatte der Wahlvorstand bei Ermittlung der Zahl der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer nicht mitberücksichtigt.
Die Personalleitung des Betriebs Forschung erläuterte am 7. und 9. Februar 2006 dem Wahlvorstand die Personalzahlen des Jahres 2005 (Blatt 11 bis 21 der Akte) und die Personalplanung (Blatt 22 der Akte) im Einzelnen und bat um entsprechende Korrektur des Wahlausschreibens. Der Wahlvorstand war dazu aber nicht bereit gewesen und hatte das mit Schreiben vom 10. Februar 2006 (Blatt 23 der Akte) auch mitgeteilt. Daraufhin verdeutlichte die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 23. Februar 2006 (Blatt 24/25 Akte) dem Wahlvorstand nochmals die Personalzahlen des Jahres 2005 und die Personalplanung für 2006. Dazu gehörte die Mitteilung, dass man ab September 2005 Praktikanten statistisch in den Personalzahlen erfasst habe. Auch seien die erhöhten Personalzahlen von Oktober bis Dezember 2005 dadurch entstanden, dass der Bereich Forschung O. Mitarbeiter aus dem im Jahre 2005 stillgelegten D. Forschungsbetrieb F. übernommen habe.
Der Wahlvorstand hielt in seiner Antwort vom 27. Februar 2006 (Blatt 26 der Akte) am erlassenen Wahlausschreiben fest.
Die Betriebsratswahl fand am 20. März 2006 statt. Das Wahlergebnis war am Freitag, den 24. März 2006, vom Wahlvorstand bekannt gegeben worden (Blatt 8 der Akte). Die Antragsschrift mit der Wahlanfechtung ist am 6. April 2006 beim Arbeitsgericht München eingegangen. Die Arbeitgeberin hält dem Wahlvorstand vor, die Betriebsgröße verkannt zu haben. Aus ihrer Sicht hätten nur neun und nicht 11 Betriebsratsmitglieder gewählt werden dürfen. Der Betrieb Forschung habe zum Zeitpunkt des Wahlausschreibens am 2. Februar 2006 nur 398 Arbeitnehmer beschäftigt. Im Jahresdurchschnitt 2005 seien es lediglich 312 Arbeitnehmer, im Durchschnitt des zweiten Halbjahres 2005 dann 373 Arbeitnehmer gewesen.
Soweit der Wahlvorstand in der Bekanntgabe des Wahlergebnisses 407 Wahlberechtigte angegeben hatte, müsse berücksichtigt werden, dass am Tag der Wahl, dem 20. März 2006, tatsächlich 400 Arbeitnehmer und 7 Leiharbeitnehmer beschäftigt und wahlberechtigt gewesen seien. Die Leiharbeitnehmer dürften zwar wählen, sie seien bei Berechnung der Schwellenwerte jedoch nicht zu berücksichtigen.
Hinsichtlich der Personalplanung habe man dem Wahlvorstand erläutert, dass lediglich im März (401 Arbeitnehmer) und im April (405 Arbeitnehmer) kurzfristig die Zahl 400 überschritten werde. In der Personalplanung des Jahres 2006 sei eine Beschäftigung von jahresdurchschnittlich circa 388 Arbeitnehmern (im Durchschnitt des z...