Entscheidungsstichwort (Thema)
Konkludente Übertragung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Tätigkeit als ständiger Vertreter des leitenden Arztes muss vom Arbeitgeber übertragen werden (§ 12 Entgeltgr. Ä 4 TV-Ärzte).
2. Der Arbeitgeber kann die Übertragungsbefugnis durch eindeutige Erklärung delegieren.
3. Mangels angeordneter „ausdrücklicher” Übertragung in § 12 TV-Ärzte kann eine Übertragung auch durch schlüssiges Verhalten erfolgen.
Normenkette
TV-Ärzte § 12
Verfahrensgang
ArbG München (Urteil vom 25.11.2008; Aktenzeichen 35 Ca 14795/07) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 25.11. 2008 – 35 Ca 14795/07 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Eingruppierung des Klägers.
Der Kläger ist gemäß Arbeitsvertrag vom 7. Dez. 1998 (Bl. 7 f. d. A.) seit 1. Jan. 1999 beim beklagten Land in der Abteilung für Neuroradiologie im Klinikum G. beschäftigt. Der Kläger besitzt die Anerkennung als Facharzt für die diagnostische Neuroradiologie. Ihm ist durch seinen Vorgesetzten, Prof. Dr. B., mit Wirkung zum 1. Jan. 1999 die Vertretung des Leiters der Abteilung für Neuroradiologie im Klinikum G. übertragen.
Nach dem Arbeitsvertrag finden auf sein Arbeitsverhältnis „der Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) und die zu seiner Ergänzung abgeschlossenen Tarifverträge in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder geltenden Fassung” Anwendung. Am 1. Nov. 2006 trat der Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken (TV-Ärzte) vom 30. Okt. 2006 in Kraft.
Der Kläger war zunächst in Tarifgruppe Ä 2 nach § 12 TV-Ärzte eingruppiert. Mit Schreiben vom 21. Dez. 2006 (Bl. 18 f. d. A.) beantragte er mit Wirkung ab 1. Juli 2006 seine Eingruppierung in Tarifgruppe Ä 4 TV-Ärzte sowie die Nachzahlung der seither angefallenen Gehaltsdifferenzen. Die Bezügemitteilung des Landesamts für Finanzen vom 20. Jan. 2007 rechnete ein Bruttogehalt von EUR 5.500.– als Tabellenentgelt (Entgeltgruppe Ä 2) ab. Mit Schreiben vom 26. Feb. 2007 (Bl. 20 d. A.) wurde der Kläger mit Wirkung zum 1. Nov. 2006 zum Oberarzt in der Abteilung für Neuroradiologie bestellt und gemäß Änderungsvertrag vom 27. Feb. 2007 (Bl. 12. d. A.) in die Vergütungsgruppe Ä 3 eingruppiert. Im Änderungsvertrag ist zudem geregelt, dass sich das Arbeitsverhältnis nach dem „Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken (TV-Ärzte), dem Tarifvertrag zur Überleitung der Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken (TVÜ-Ärzte) sowie den Tarifverträgen, die den TV-Ärzte ergänzen, ändern oder ersetzen …”, richtet.
Der Vorstand des Klinikums der Universität … informierte die Chefärzte der Kliniken, Abteilungen und Institute mit Schreiben vom 14. Nov. 2006 über den neuen TV-Ärzte (Bl. 163 ff. d. A.). In diesem Schreiben ist auf Seite 3 (Bl. 165 d. A.) u.a. ausgeführt:
„…
Zusätzlich ist die Entgeltgruppe Ä 4 (Ständiger Vertreter des leitenden Arztes) geschaffen worden. Der ständige Vertreter muss Fachärztin/Facharzt sein und den leitenden Arzt in der Gesamtheit seiner Dienstaufgaben vertreten. Dieses Tätigkeitsmerkmal kann daher innerhalb der Klinik nur von einer Ärztin/einem Arzt erfüllt werden. Die Dienstaufgaben entsprechen im Vertretungsfall denen des leitenden Arztes; es handelt sich typischerweise um eine umfassende Verantwortung für einen medizinisch abgrenzbaren Bereich. Nicht Voraussetzung für die Eingruppierung ist die Vertretung in Forschung und Lehre.
Wir bitten Sie hiermit, für die Bestellung der Oberärzte und ständigen Vertreter im Angestelltenverhältnis die Teil- und Funktionsbereiche der Klinik bzw. Abteilung zu benennen und anhand der vorgegebenen Kriterien die Funktion Oberarzt schriftlich zu begründen, ohne Rücksicht darauf, ob diese Funktion von einem beamteten oder angestellten Arzt erfüllt wird. Außerdem ist für die Stufenzuordnung der Zeitpunkt erforderlich, seit dem die Funktion ‚Oberarzt’ ausgeübt wird. Bei befristet beschäftigten angestellten Ärzten muss eine Aussage getroffen werden, ob die Bestellung zum Oberarzt befristet (bis zu 3 Jahren) oder unbefristet erfolgen soll.
Die erforderlichen Mitteilungen bitten wir mit anliegendem Formular an die Abteilung für Personal- und Rechtsangelegenheiten (z.Hd. Frau D.) zu senden. (Hervorhebung im Original)
…”
Der Abteilungsleiter beantragte mit Schreiben vom 20. Apr. 2007 (Bl. 13 d. A.) die Eingruppierung des Klägers in Vergütungsgruppe Ä 4. Diesem Antrag entsprach das beklagte Land nicht.
Mit seiner am 30. Okt. 2007 beim Arbeitsgericht München eingegangenen und dem beklagten Land am 3. Jan. 2008 zugestellten Klage vom 16. Okt. 2007, die zunächst gegen das Klinikum der …Universität gerichtet und hinsichtlich des Passivrubrums mit Schriftsatz vom 27. Nov. 2007 (Bl. 32 f. d. A.) berichtigt worden war (zum gerichtlichen Berichtigungsbeschluss vgl. Bl. 38 d. A.), verfolgte der Kläger die Eingruppierung in Vergütungsgruppe Ä 4 weiter.
Er ist der Ansicht, er erfülle die Voraussetzungen der Entgeltgruppe Ä 4, n...