Leitsatz (amtlich)

Auch für den Bereich des Pers.V.G. BY ist davon auszugehen, daß der Personalrat gegen ordentliche Kündigungen Einwendungen nicht nur aus den in Art. 77 Abs. 1 Pers.V.G. BY aufgeführten Gründen erheben kann; die in Art 77 Abs 1 BayPersVG aufgeführten Tatbestände sind nur im Hinblick auf einen Weiterbeschäftigungsanspruch von Bedeutung.

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 25.06.1987; Aktenzeichen 29 Ca 482/87)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 24.08.1989; Aktenzeichen 2 AZR 592/88)

 

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts München 25.6.1987 – Az.: 29 Ca 482/87 – wird auf Kosten des Berufungsführers zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der 22 Jahre alte Kläger war seit 1.6.1986 beim Beklagten an der … als Baustoffprüfer (technischer Angestellter) beschäftigt. Mit Schreiben vom 14.11.1986, dem Kläger am gleichen Tag zugegangen, hat der Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 30.11.1986 gekündigt. Die Wirksamkeit dieser Kündigung ist Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits. Der Kläger ist der Auffassung, daß das vom Beklagten durchgeführte Mitwirkungsverfahren nach Art. 77 BayPersVG fehlerhaft war und die Kündigung deshalb nach Abs. 4 dieser Vorschrift unwirksam sei.

Mit Urteil vom 25.6.1987, auf das wegen des Sachvortrags der Parteien im ersten Rechtszug, der von ihnen gestellten Anträge sowie wegen der rechtlichen Erwägungen des Erstgerichts Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht München wie folgt erkannt:

  1. Es wird festgestellt, daß die Kündigung des Beklagten vom 14.11.1986, zugegangen am 14.11.1986, das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht beendet hat.
  2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
  3. Der Streitwert wird auf DM 6.208,71 festgesetzt.

Das Arbeitsgericht München begründet seine Entscheidung im wesentlichen mit der Erwägung, die Beklagte habe nicht vorgetragen, welche konkreten Informationen sie dem örtlichen Personalrat vor der beabsichtigten Kündigung gegeben habe. Auch aus den Schreiben an den Personalrat vom 6.8.1986 und 23.10.1986 ließen sich solche konkreten Angaben nicht entnehmen. Es komme hinzu, daß der Beklagte die Kündigung ausgesprochen habe, obgleich der Personalrat die Angelegenheit nach § 72 Abs. 4 BayPersVG mit Schreiben vom 10.11.1986 der übergeordneten Dienststelle zur Verhandlung mit der Stufenvertretung vorgelegt habe. Die Einschaltung dieser Stufenvertretung habe nicht deswegen unterbleiben dürfen, weil der Personalrat keine der Einwendungen des Katalogs des Art. 77 Abs. 1 Zi. 1 bis 5 BayPersVG erhoben habe. Dies ergebe sich aus der Entscheidung des BAG vom 29.9.1983 – AP 1 § 79 BPersVG –, die zwar zu § 79 BPersVG ergangen sei, der aber mit der Regelung in Art. 77 BayPersVG übereinstimme. Schließlich seien an das Mitwirkungsverfahren nach Art. 77, 72 BayPersVG keine geringeren Anforderungen dann zu stellen, wenn der zu entlassende Arbeitnehmer noch nicht den Kündigungsschutz des § 1 KSchG erreicht habe. Dies ergebe sich schon aus Art. 77 Abs. 3 BayPersVG, der nur dann eine Anhörung des Personalrats (statt einer Mitwirkung) genügen lasse, wenn es sich um eine außerordentliche Kündigung, eine fristlose Entlassung oder um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeiters während der Probezeit handelt.

Gegen dieses, dem Beklagten am 27.7.1987 zugestellte Urteil richtet sich seine Berufung vom 24.8.1987, die am 25.8.1987 bei Gericht einging und am 14.9.1987 begründet wurde.

Der Beklagte trägt zur Begründung seines Rechtsmittels im wesentlichen vor, er habe mit den Schriftsätzen vom 3.2. und 9.4.1987 sehr ausführlich den Gang der Verhandlung mit dem Personalrat dargestellt. Schon mit dem Schreiben vom 6.8.1986 habe er unter Beigabe des vorangegangenen Schriftverkehrs den Personalrat informiert. Dessen Einwand vom 18.8.1986 sei mit Schreiben vom 22.9.1986 und der Information über die Stellungnahme des Prüfamtes für bituminöse Baustoffe und Kunststoffe widerlegt und nochmals mit Brief vom 4.11.1986 beweisführend die Unzulänglichkeiten in der Leistung des Klägers dargetan worden. Dem Personalrat sei alles zur Verfügung gestellt worden, was er verlangt habe. Eine Erörterung wurde in umfassendem Maße gewährt.

Die Einschaltung der Stufenvertretung nach Art. 72 Abs. 4 BayPersVG sei nicht erforderlich gewesen, weil der Kläger noch keine sechs Monate beschäftigt war und daher den allgemeinen Kündigungsschutz nach § 1 KSchG noch nicht erreicht habe. Die Mitwirkungsrechte des Personalrats dürften nicht weiter gehen als der Kündigungsschutz des Arbeitnehmers selbst. Der Personalrat hätte es sonst in der Hand, durch Anrufung der Stufenvertretung das Verfahren solange hinauszuzögern, bis die Wartezeit des § 1 KSchG erfüllt sei. Die Einschaltung der Stufenvertretung erfordere in der Regel einen Zeitaufwand von zehn bis zwölf Wochen, was zum Ergebnis habe, daß eine Kündigung in der Probezeit nur dann erfolgreich durchgeführt werden könne, wenn sie kurz nach der Einstellung bereits betrieben werde. Die Rechtsprechung des ...

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