Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung des normativen Teils des Tarifvertrags. Stufenlaufzeit i.S.d. § 16 Abs. 3 TVöD-VKA. Keine Stufenlaufzeit in der Endstufe einer Entgeltgruppe
Leitsatz (redaktionell)
1. Für die Auslegung des normativen Teils des Tarifvertrags ist genauso wie für die Auslegung von Gesetzesnormen zunächst von deren Wortlaut auszugehen. Außerdem ist über den reinen Tarifwortlaut hinaus der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien zu berücksichtigen, wie er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Hierzu ist auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang abzustellen. Für die bei Zweifeln mögliche Heranziehung weiterer Auslegungskriterien (Tarifgeschichte, Tarifübung, Entstehungsgeschichte) gibt es keinen Zwang zu einer bestimmten Reihenfolge.
2. Unter Stufenlaufzeit i.S.d. § 16 Abs. 3 TVöD-VKA sind Zeiten einer ununterbrochenen Tätigkeit innerhalb derselben Entgeltgruppe zu verstehen, die zum Erreichen der nächsten Stufe führen.
3. Bei Erreichen einer Endstufe ist ein weiterer Aufstieg innerhalb der jeweiligen Entgeltgruppe nicht mehr möglich. Wenn es keine nächste Stufe gibt, kann auf dieser Stufe (Endstufe) auch keine Stufenlaufzeit zurückgelegt werden.
Normenkette
TVöD-VKA § 16 Abs. 1; TVöD-VKA § 16 Abs. 3 EG 9 Stufe 5; TVöD-VKA § 16 Abs. 3 EG 9a Stufe 6; TVÜ-VKA § 29 Abs. 1, § 29b Abs. 4, § 29c Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG München (Entscheidung vom 26.02.2020; Aktenzeichen 8 Ca 8870/18) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts A-Stadt vom 26.02.2020, Az.: 8 Ca 8870/18 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die zutreffende Einstufung des Klägers und die daraus resultierende Vergütungspflicht.
Der Kläger ist seit dem 01.03.1991 bei der Beklagten als Schichtmeister im E. beschäftigt. Vor Inkrafttreten der neuen Entgeltordnung (EGO) war der Kläger vom 01.10.2007 bis 31.12.2016 in die Entgeltgruppe (EG) 9 Stufe 5 TVöD (Endstufe) eingruppiert (sog. kleine 9).
Zum 01.01.2017 wurde der Kläger in die neue EGO des TVöD-VKA übergeleitet. Die hierfür maßgeblichen Vorschriften des TVÜ-VKA lauten auszugsweise wie folgt:
§ 29 Grundsatz
(1) 1Für die in den TVöD übergeleiteten Beschäftigten (§ 1 Abs. 1) sowie für die zwischen dem Inkrafttreten des TVöD und dem 31. Dezember 2016 neu eingestellten Beschäftigten (§ 1 Abs. 2), deren Arbeitsverhältnis über den 31. Dezember 2016 hinaus fortbesteht, gelten ab dem 1. Januar 2017 für Eingruppierungen § 12 (VKA) und § 13 (VKA) TVöD in Verbindung mit der Anlage 1 - Entgeltordnung (VKA) zum TVöD. 2Diese Beschäftigten sind zum 1. Januar 2017 gemäß den nachfolgenden Regelungen in die Anlage 1 - Entgeltordnung (VKA) übergeleitet.
...
§ 29 a Besitzstandsregelungen
(1) 1Die Überleitung erfolgt unter Beibehaltung der bisherigen Entgeltgruppe für die Dauer der unverändert auszuübenden Tätigkeit. 2Eine Überprüfung und Neufeststellung der Eingruppierungen findet aufgrund der Überleitung in die Entgeltordnung für den Bereich der VKA nicht statt.
Protokollerklärung zu Absatz 1:
Die Zuordnung zu der Entgeltgruppe des TVöD nach der Anlage 1 oder 3 TVÜ-VKA in der bis zum 31. Dezember 2016 geltenden Fassung gilt als Eingruppierung.
(2) Hängt die Eingruppierung nach § 12 (VKA) und § 13 (VKA) TVöD in Verbindung mit der Anlage 1 - Entgeltordnung (VKA) zum TVöD von der Zeit einer Tätigkeit oder Berufsausübung ab, wird die vor dem 1. Januar 2017 zurückgelegte Zeit so berücksichtigt, wie sie zu berücksichtigen wäre, wenn § 12 (VKA) und § 13 (VKA) TVöD sowie die Anlage 1 - Entgeltordnung (VKA) zum TVöD bereits seit dem Beginn des Arbeitsverhältnisses gegolten hätten.
...
§ 29 b Höhergruppierungen
(1) 1Ergibt sich nach der Anlage 1 - Entgeltordnung (VKA) zum TVöD eine höhere Entgeltgruppe, sind die Beschäftigten auf Antrag in der Entgeltgruppe eingruppiert, die sich nach § 12 (VKA) TVöD ergibt. 2Der Antrag kann nur bis zum 31. Dezember 2017 gestellt werden (Ausschlussfrist) und wirkt auf den 1. Januar 2017 zurück; nach dem Inkrafttreten der Anlage 1 - Entgeltordnung (VKA) zum TVöD eingetretene Änderungen der Stufenzuordnung in der bisherigen Entgeltgruppe bleiben bei der Stufenzuordnung nach den Absätzen 2 bis 5 unberücksichtigt. 3Ruht das Arbeitsverhältnis am 1. Januar 2017, beginnt die Frist von einem Jahr nach Satz 1 mit der Wiederaufnahme der Tätigkeit; der Antrag wirkt auf den 1. Januar 2017 zurück.
(2) 1Die Stufenzuordnung in der höheren Entgeltgruppe richtet sich nach den Regelungen für Höhergruppierungen (§ 17 Abs. 4 TVöD in der bis zum 28. Februar 2017 geltenden Fassung). 2War die/der Beschäftigte in der bisherigen Entgeltgruppe der Stufe 1 zugeordnet, wird sie/er abweichend von Satz 1 der Stufe 1 der höheren Entgeltgruppe zugeordnet; die bisher in Stufe 1 verbrachte Zeit wird angerechnet.
(3) 1Sind Beschäftigte, die eine Besitzstandszulage nach § 9 erhalten, auf Antrag nach Absatz 1 höhergruppiert, entfällt d...