Entscheidungsstichwort (Thema)
betriebliche Altersversorgung. versicherungsmathematischer. Abzug – Ungleichbehandlung
Leitsatz (amtlich)
Unterschiedliche Behandlung von Mann und Frau bei den versicherungsmathematischen Abzügen in einer betrieblichen Versorgungsordnung.
Normenkette
GG Art. 3; EWGVtr Art. 119
Verfahrensgang
ArbG München (Urteil vom 16.03.2005; Aktenzeichen 6 Ca 3459/04) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers vom 13. April 2005 gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 16. März 2005 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Für den Kläger wird die Revision zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Berechnung der dem Kläger zustehenden betrieblichen Altersversorgung. Beanstandet wird der beklagtenseits vorgenommene versicherungsmathematische Abschlag von 0,3 % für jeden Monat der vorzeitigen Inanspruchnahme vor Vollendung des 63. Lebensjahres.
Der im Dezember 1940 geborene Kläger war vom 18. Dezember 1964 bis zu seinem Ausscheiden am 31. Januar 2001 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängern zuletzt als Leiter der Baugruppe beschäftigt gewesen. Seit 1. Februar 2002 bezieht er von der Beklagten eine Betriebsrente in Höhe von EUR 2.294,24 brutto monatlich.
Am 6./8. Juni 2000 hatten die Parteien einen Aufhebungsvertrag (Blatt 7 bis 14 der Akte) geschlossen, der in den §§ 9 und 10 die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung regelt. Die Betriebsrenten findet man dabei in § 9 Ziffer 4 um einen versicherungsmathematischen Abschlag von 0,3 % für jeden Monat der vorzeitigen Inanspruchnahme vor dem vollendeten 63. Lebensjahr gekürzt. Diese Vereinbarung entspricht den einschlägigen Bestimmungen in der Betriebsvereinbarung Nummer 133 vom 28. Oktober 1999 (Blatt 19 bis 25 der Akte), die eine Vorruhestandsregelung bei der Beklagten zum Gegenstand hat und unter § 9 Ziffer 5 vorsieht:
Die errechnete betriebliche Altersversorgung wird bei Männern um einen versicherungsmathematischen Abschlag von 0,3 % für jeden Monat der vorzeitigen Inanspruchnahme vor vollendetem 63. Lebensjahr gekürzt.
Für den Beginn der Rentenzahlung am 1. Februar 2002 hatte die Beklagte für den Kläger einen fiktiven Rentenanspruch für den Zeitpunkt der Vollendung des 65. Lebensjahres in Höhe von DM 4.658,69 errechnet. Davon brachte sie einen versicherungsmathematischen Abschlag in Höhe von 23 (Monaten) mal 0,3 % = 6,9 %, entspricht DM 321,44 in Abzug, was der Kläger beanstandet, weil er darin eine diskriminierende Ungleichbehandlung gegenüber Frauen sieht. Bei ihnen wird nach § 9 Ziffer 3 Satz 4 der Betriebsvereinbarung vom 28. Oktober 1999 eine solche Kürzung nicht vorgenommen. Hinzuaddiert wurde dann noch ein Aufstockungsbetrag in Höhe von DM 150,00, so dass sich eine ausbezahlte Rente von DM 4.487,15 = EUR 2.294,24 errechnete.
Mit seiner am 1. März 2004 beim Arbeitsgericht München eingegangenen Klage vom 28. Januar 2004 begehrt der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von EUR 6.080,95 brutto sowie einer zusätzlichen Rente von monatlich EUR 164,35 brutto ab 21. März 2005. Diese Begehren sind vor dem angerufenen Arbeitsgericht München aber erfolglos geblieben. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des klageabweisenden Endurteils vom 16. März 2005 wird Bezug genommen.
Mit der am 13. April 2005 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen Berufung gegen diese seinen Prozessbevollmächtigten am 30. März 2005 zugestellte Entscheidung verfolgt der Kläger seine Anträge weiter. Die Begründung dazu ist innerhalb der verlängerten Begründungsfrist am 28. Juni 2005 eingegangen. Darin wird dem Erstgericht vorgehalten, bei seiner Entscheidung fälschlicherweise die Schlussfolgerung gezogen zu haben, die Wirkung der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 17. Mai 1990 auf Beschäftigungszeiten ab dem 18. Mai 1990 zu beschränken. Auch die folgende Verrechnung des ihm danach zugestandenen Differenzbetrages in Höhe von EUR 49,30 mit einem ihm aus anderem Rechtsgrund gezahlten Aufstockungsbetrag in Höhe von EUR 76,69 lässt der Kläger beanstanden. Er verlangt wegen diskriminierender Ungleichbehandlung den ungekürzten Differenzbetrag. Die von der Beklagten ab 17. Mai 1990 vorgenommene Berechnung sei unzutreffend und die vorgenommene Aufrechnung mit dem Aufstockungsbetrag unzulässig. Renten der betrieblichen Altersversorgung fielen nach der zwischenzeitlich gefestigten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs unter den Begriff des Entgelts im Sinne von Art. 119 EWG-Vertrag und damit auch unter das dieser Vorschrift zu entnehmende Verbot der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts.
Der Kläger erhalte seit 1. Februar 2002 seine Betriebsrente von EUR 2.294,24 auf der Grundlage der Betriebsvereinbarung Nr. 20 von Januar 1994 (Blatt 145 bis 152 der Akte). Die Betriebsvereinbarung Nr. 133 vom 28. Oktober 1999 habe die Betriebsvereinbarung Nr. 132 vom 30. Juni 1999 (Blatt 153 bis 157 der Akte) ersetzt. Davor sei die Betriebsvereinbarung Nr. 131 (Blatt 158 bis 162 der Akte) in Kraft gewesen. Weiter müsse noch berücksichtigt werde...