Entscheidungsstichwort (Thema)
betriebliche Altersversorgung. versicherungsmathematischer Abzug. Ungleichbehandlung
Leitsatz (amtlich)
Unterschiedliche Behandlung von Mann und Frau bei den versicherungsmathematischen Abzügen in einer betrieblichen Versorgungsordnung.
Normenkette
GG Art. 3; EWGVtr Art. 119
Verfahrensgang
ArbG München (Urteil vom 16.03.2005; Aktenzeichen 6 Ca 3460/04) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers vom 13. April 2005 gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 16. März 2005 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Für den Kläger wird die Revision zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Berechnung der dem Kläger zustehenden betrieblichen Altersversorgung. Beanstandet wird der beklagtenseits vorgenommene versicherungsmathematische Abschlag von 0,3 % für jeden Monat der vorzeitigen Inanspruchnahme vor Vollendung des 63. Lebensjahres.
Der im Dezember 1943 geborene Kläger war vom 1. Juli 1973 bis zu seinem Ausscheiden am 30. Juni 2000 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängern als Angestellter beschäftigt gewesen. Vom 1. Juli 2000 bis 31. Dezember 2003 hatte er sich im Zustand der Arbeitslosigkeit befunden und in dieser Zeit die vertraglich festgesetzte Abfindung in monatlichen Raten ausbezahlt erhalten. Seit 1. Januar 2004 bezieht er von der Beklagten eine Betriebsrente in Höhe von EUR 815,23 brutto monatlich.
Am 3. Dezember 1999 hatten die Parteien einen Aufhebungsvertrag (Blatt 7 bis 14 der Akte) geschlossen, der in den §§ 9 und 10 die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung regelt. Die Betriebsrenten findet man dabei in § 9 Ziffer 4 um einen versicherungsmathematischen Abschlag von 0,3 % für jeden Monat der vorzeitigen Inanspruchnahme vor dem vollendeten 63. Lebensjahr gekürzt. Diese Vereinbarung entspricht den einschlägigen Bestimmungen in der Betriebsvereinbarung Nummer 133 vom 28. Oktober 1999 (Blatt 16 bis 24 der Akte), die eine Vorruhestandsregelung bei der Beklagten zum Gegenstand hat und unter § 9 Ziffer 5 vorsieht:
Die errechnete betriebliche Altersversorgung wird bei Männern um einen versicherungsmathematischen Abschlag von 0,3 % für jeden Monat der vorzeitigen Inanspruchnahme vor vollendetem 63. Lebensjahr gekürzt.
Zum Zeitpunkt der Vollendung seines 63. Lebensjahres hatte die Beklagte für den Kläger einen fiktiven Rentenanspruch in Höhe von EUR 913,94 errechnet. Davon brachte sie dann einen versicherungsmathematischen Abschlag in Höhe von 36 (Monaten) mal 0,3 % = 10,8 %, entspricht EUR 98,71, in Abzug, was der Kläger nunmehr beanstandet, weil er darin eine diskriminierende Ungleichbehandlung gegenüber Frauen sieht. Bei ihnen wird nach § 9 Ziffer 3 Satz 4 dieser Betriebsvereinbarung eine solche Kürzung nicht vorgenommen.
Mit seiner am 1. März 2004 beim Arbeitsgericht München eingegangenen Klage vom 28. Januar 2004 begehrt der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von EUR 1.381,94 brutto sowie von monatlich EUR 98,71 brutto zusätzliche Rente ab 21. März 2005. Diese Begehren sind vor dem angerufenen Arbeitsgericht München aber erfolglos geblieben. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des klageabweisenden Endurteils vom 16. März 2005 wird Bezug genommen.
Mit der am 13. April 2005 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen Berufung gegen diese seinen Prozessbevollmächtigten am 31. März 2005 zugestellte Entscheidung verfolgt der Kläger seine Anträge weiter. Die Begründung dazu ist innerhalb der verlängerten Begründungsfrist am 28. Juni 2005 eingegangen. Darin wird dem Erstgericht vorgehalten, bei seiner Entscheidung fälschlicherweise die Schlussfolgerung gezogen zu haben, die Wirkung der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 17. Mai 1990 auf Beschäftigungszeiten ab dem 18. Mai 1990 zu beschränken. Auch die folgende Verrechnung des ihm danach zugestandenen Differenzbetrages in Höhe von EUR 37,02 mit einem ihm aus anderem Rechtsgrund gezahlten Aufstockungsbetrag in Höhe von EUR 127,82 läßt der Kläger beanstanden. Er verlangt wegen diskriminierender Ungleichbehandlung den ungekürzten Differenzbetrag. Die von der Beklagten ab 17. Mai 1990 vorgenommene Berechnung sei unzutreffend und die vorgenommene Aufrechnung mit dem Aufstockungsbetrag unzulässig. Renten der betrieblichen Altersversorgung fielen nach der zwischenzeitlich gefestigten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs unter den Begriff des Entgelts im Sinne von Art. 119 EWG-Vertrag und damit auch unter das dieser Vorschrift zu entnehmende Verbot der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts.
Der Kläger erhalte seit 1. Januar 2004 seine Betriebsrente auf der Grundlage der Betriebsvereinbarung Nr. 20 von Januar 1994 (Blatt 141 bis 148 der Akte). Die Betriebsvereinbarung Nr. 133 vom 28. Oktober 1999 habe die Betriebsvereinbarung Nr. 132 vom 30. Juni 1999 (Blatt 149 bis 153 der Akte) ersetzt. Davor habe die Betriebsvereinbarung Nr. 131 (Blatt 154 bis 158 der Akte) gegolten. Weiter müsse noch berücksichtigt werden die Betr...