Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsübergang
Leitsatz (amtlich)
Parteien streiten insbesondere darüber, ob die Klägerin ausreichend über einen Betriebsübergang unterrichtet wurde und ihr Widerspruchsrecht verwirkt ist.
Normenkette
BGB §§ 613a, 242
Verfahrensgang
ArbG München (Urteil vom 09.03.2007; Aktenzeichen 30 Ca 3706/06) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten und unter Zurückweisung ihrer Berufung im Übrigen wird dasEndurteil des Arbeitsgerichts München vom 9.3.2007 – 39 Ca 4856/06 – wie folgt abgeändert:
- In Ziffer 2 heißt es am Anfang nun: „Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 36.170,24 brutto abzüglich EUR 13.542,40 netto Arbeitslosengeld nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus EUR 467,08 seit 1.2.2006 sowie aus je weiteren EUR 1.846,73 …”
- 2. In der bisherigen Ziffer 4 und neuen Ziffer 3 heißt es in der ersten Zeile EUR 3.134,07 statt EUR 5.777,34. Die Passage „aus EUR 2.642,27 … seit 1.12.2005'” und das Wort „weiteren” entfallen.
- 3. In der bisherigen Ziffer 5 und neuen Ziffer 4 wird der Betrag von EUR 1.062,45 durch den Betrag von EUR 497,43 ersetzt.
- 4. Die bisherige Ziffer 6 wird zur Ziffer 5.
II. Auf die Anschlussberufung der Klägerin und unter Zurückweisung ihrer Anschlussberufung im Übrigen wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 9. März 2007 – 39 Ca 4856/06 – wie folgt ergänzt:
6. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere EUR 28.199,45 brutto abzüglich EUR 9.936,– netto Arbeitslosengeld nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus EUR 1.846,73 seit 1.3.2007, aus EUR 1.948,12 seit 1.4.2007, aus EUR 2.004,88 seit 1.5.2007, aus EUR 1.948,12 seit 1.6.2007, aus EUR 2.723,12 seit 1.7.2007 und aus je weiteren EUR 1.948,12 seit 1.8.2007, 1.9.2007, 1.10.2007 und 1.11.2007 zu bezahlen.
7. Die Beklagte wird verurteilt, in die Versorgungseinrichtung der Beklagten bei der B.-Pensionskasse in pp. für die Klägerin mit der Personalnummer pp. weitere EUR 451,82 vermögenswirksame Leistungen einzubezahlen.
III. Von den erstinstanzlichen Kosten tragen die Beklagte 85 % und die Klägerin 15 %, von den Kosten des Berufungsverfahrens die Beklagte 91 % und die Klägerin 9 %.
IV. Die Revision für die Beklagte wird zugelassen, für die Klägerin dagegen nicht.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht. Außerdem macht sie Vergütungs- und weitere Leistungsansprüche gegenüber der Beklagten geltend. Die Parteien streiten insbesondere darüber, ob die Klägerin dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf den Erwerber eines Betriebsteils wirksam widersprochen hat.
Die Klägerin war seit 1.10.1970 als kaufmännische Angestellte bei der Beklagten beschäftigt und zuletzt als Sachbearbeiterin im Geschäftsbereich Consumer Imaging (CI) in P. beschäftigt. Kraft beiderseitiger Tarifbindung waren auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die Tarifverträge der Bayerischen Chemischen Industrie anzuwenden.
Mit Schreiben vom 15.10.2002 erteilte die Beklagte der Klägerin eine Versorgungszusage. Darin heißt es u.a., jährliche Bemessungsgrundlage für die Firmenrente sei der jährliche Versorgungsaufwand, der sich durch die Umwandlung nachfolgend aufgeführter Entgeltbestandteile ergebe und für den Zeitraum 1.1.2003 bis 31.12.2005 erbracht werde. Es ist dann ein Gesamtumwandlungsbetrag von EUR 1.062,46 angegeben, darunter vermögenswirksame Leistungen von EUR 388,02 sowie das zusätzliche tarifliche Urlaubsgeld von EUR 497,43 (Bl. 64 ff d.A.).
Mit zwei Gesamtbetriebsvereinbarungen vom 10.1.2003 wurde das System der variablen Vergütungsbestandteile bei der Beklagten neu geregelt. Es handelt sich um die Gesamtbetriebsvereinbarung „Variable Unternehmensergebnis-Komponente” (VUEK; Bl. 39 ff d.A.) sowie die Gesamtbetriebsvereinbarung „Leistungsorientierte Einkommenskomponente” (LEK; Bl. 49 ff d.A.).
Mit Wirkung zum 1.11.2004 übertrug die Beklagte den Geschäftsbereich CI auf den neu gegründete Firma ppx. GmbH. Für die von dem Teilbetriebsübergang übertroffen Arbeitnehmer fanden Informationsveranstaltungen statt, u.a. am 19.8.2004. Mit Schreiben vom 22.10.2004 informierte die Beklagte die Klägerin über den Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die ppx. GmbH (Bl. 12 ff. d.A.).
Ab 1.11.2004 erbrachte die Klägerin ihre Arbeitsleistung für die ppx. GmbH. Dieses Unternehmen stellte am 20.5.2005 einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Das Insolvenzverfahren wurde am 1.8.2005 eröffnet. In einem vorformulierten und handschriftlich ergänzten Schreiben vom 19.7.2005 (Bl. 18, 19 d.A.) rügte die Klägerin gegenüber der Beklagten, das Informationsschreiben vom 22.10.2004 entspreche nicht den gesetzlichen Anforderungen und löse deshalb den Lauf der Widerspruchsfrist nicht aus. Die gegebenen Informationen seien offensichtlich unzutreffend. Sie erwarte eine vollständige und wahrheitsgemäße Information über die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs. Nach deren Eingang werde sie ü...