Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergütungsansprüche gegen den Insolvenzverwalter

 

Leitsatz (amtlich)

Die Entscheidung befasst sich mit arbeitsvertraglichen Vergütungsansprüchen einer Arbeitnehmerin gegen den Insolvenzverwalter über das Vermögen des Arbeitgebers nach Freigabe von Betriebsmitteln durch den Insolvenzverwalter.

 

Normenkette

InsO § 55 Abs. 1, § 295 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Rosenheim (Teilurteil vom 25.10.2005; Aktenzeichen 5 Ca 582/04 Mü)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Teilurteil des Arbeitsgerichts Rosenheim – Gerichtstag Mühldorf – Gz.: 5 Ca 582/04 Mü – vom 25. Oktober 2005 abgeändert:

  1. Der Beklagte zu 3) wird verurteilt, an die Klägerin EUR 3.864,– (i. W.: dreitausendachthundertvierundsechzig) brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz aus EUR 1.403,– (i. W.: eintausendvierhundertdrei EUR) seit 1. Januar 2004, aus weiterenEUR 1.177,60 (i. W.: eintausendeinhundertsiebenundsiebzig 60/100 EUR) seit 1. Februar 2004 und aus weiteren

    EUR 1.283,40 (i. W.: eintausendzweihundertdreiundachtzig 40/100 EUR) seit 1. März 2004 als Masseschuld zu zahlen.

  2. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
  3. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
  4. Der Streitwert wird auf 3.864,– EUR festgesetzt.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens sowie die Kosten des Revisionsverfahrens trägt der Beklagte.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten zu 3), dem Insolvenzverwalter über das Vermögen des Beklagten zu 1), Zahlung von Arbeitsvergütung aus der Insolvenzmasse.

Der Beklagte zu 1) war Inhaber einer D., deren Geschäftsbetrieb er zum 30. November 2002 einstellte. Am 2. Dezember 2002 beantragte der Beklagte zu 1) beim zuständigen Insolvenzgericht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen. Zugleich stellte er einen Antrag auf Restschuldbefreiung. Mit Beschluss des Insolvenzgerichts vom 3. Januar 2003 wurde die vorläufige Verwaltung des Vermögens des Beklagten zu 1) angeordnet und der Beklagte zu 3) zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Verfügungen des Beklagten zu 1) über Gegenstände seines Vermögens waren gemäß diesem Beschluss nur noch mit Zustimmung des Beklagten zu 3) wirksam. Am 11. März 2003 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zu 3) zum Insolvenzverwalter bestellt.

Der Beklagte zu 1) betrieb seit Mitte Februar 2003 erneut, zunächst ohne Wissen des Beklagten zu 3), einen D. unter der neuen Bezeichnung „R P.”. Am 17. Februar 2003 schloss der Beklagte zu 1) mit der Klägerin einen bis zum 30. Juni 2003 befristeten Arbeitsvertrag über eine Tätigkeit als Aushilfskraft zu einem Stundenlohn von 9,20 Euro brutto. Durch Vertrag vom 30. Juni 2003 wurde dieser Vertrag bis zum 31. Dezember 2003 verlängert.

Auf Grund eines Schreibens der AOK vom 28. April 2003 erlangte der Beklagte zu 3) Kenntnis davon, dass der Beklagte zu 1) Mitte Februar 2003 den neuen Gewerbebetrieb „R P.” angemeldet und mehrere Mitarbeiter eingestellt hatte.

Mit Schreiben vom 8. Mai 2003 teilte Rechtsanwalt L. als damaliger Vertreter des Beklagten zu 1) dem Beklagten zu 3) Folgendes mit:

„…

Das Insolvenzverfahren wurde über Herrn R. als natürliche Person eröffnet. Da Herr R. zugleich mit dem Insolvenzantrag den Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt hat, befindet sich Herr R. seit dem 11.3.2003 in der sogenannten Wohlverhaltensphase. …

Herr R. ist wieder selbständig tätig. Er hat somit nach § 295 II InsO durch Zahlungen an den Treuhänder die Insolvenzgläubiger so zu stellen, wie wenn er ein angemessenes Dienstverhältnis eingegangen wäre. Ein hypothetisches Nettomonatsgehalt von 1.800,00 Euro erachtet meine Mandantschaft für angemessen. Herr R. ist seinem vierjährigen Kind und dessen Mutter unterhaltspflichtig. Bei einer angemessenen Erwerbstätigkeit wäre daher ein Betrag von monatlich 130,00 Euro pfändbar.

… Herr R. wäre bereit, ab sofort monatlich 130,00 Euro an den Treuhänder abzuführen. …”

Mit weiterem Schreiben vom 9. Mai 2005 teilt Rechtsanwalt L. dem Beklagten zu 3) mit:

„Insolvenzverfahren R. G.

Sehr geehrter Herr Kollege W.,

Nach Rücksprache mit meiner Mandantschaft bestätige ich Ihnen, dass Herr R. bis zum Abschluss des Insolvenzverfahrens ab 1.5.2003 monatlich 130,00 EUR an Sie abführen wird mit der Maßgabe, dass die Beträge auf den Gesamtbetrag nach § 295 II InsO angerechnet werden.

Herr R. hat für sein neues Unternehmen R. P. M. eine neue Steuernummer und eine neue Betriebsnummer beantragt. Herr R. wird während des Laufs des Insolvenzverfahrens ohne vorherige Rücksprache nicht unter einer anderen Firma tätig werden und mindestens quartalsmäßig die aktuellen betriebswirtschaftlichen Auswertungen vorlegen.

Für Rückfragen stehe ich Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

…”

Im Berichts- und Prüfungstermin des Insolvenzgerichts vom 13. Mai 2003 stimmte die Gläubigerversammlung dem Antrag des Beklagten zu 3) zu, den Geschäftsbetrieb des Beklagten zu 1) aus dem Massebeschlag gegen die Verpflichtung, einen Mindestbetrag an die ...

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