Entscheidungsstichwort (Thema)
Weiterbeschäftigungsanspruch
Leitsatz (amtlich)
Der mit einem Kündigungsschutzantrag im Sinne von § 4 KSchG zur Entscheidung gestellte allgemeine Feststellungsantrag erfasst auch eine später ausgesprochene weitere Kündigung.
Wird vorsorglich gegen diese weitere Kündigung, wenn auch erst nach Ablauf der dreiwöchigen Klagefrist, Kündigungsschutzklage (§ 4 KSchG) erhoben, kann der gekündigte Arbeitnehmer Weiterbeschäftigung nach Maßgabe von § 102 Abs. 5 BetrVG verlangen.
Normenkette
BetrVG § 102 Abs. 5
Verfahrensgang
ArbG München (Urteil vom 19.12.2006; Aktenzeichen 31 Ga 281/06) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten vom 22. Januar 2007 gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 19. Dezember 2006 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Verfügungsverfahren über den betriebsverfassungsrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruch.
Der im August 1973 geborene Kläger war zum 1. Juli 2000 als Maschinenführer in die Dienste der Beklagten getreten. Als ihm diese mit Schreiben vom 28. April 2006 (Blatt 7 der Akte) eine ordentliche betriebsbedingte Kündigung zum 30. Juni 2006 aussprach, ließ der Kläger dagegen mit gewerkschaftlichem Schriftsatz vom 17. Mai 2006 (Blatt 8 bis 10 der Akte) Kündigungsschutzklage erheben verbunden mit dem allgemeinen Feststellungsantrag dahin, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern auf unbestimmte Zeit fortbesteht.
Darüber ist noch nicht rechtskräftig entschieden worden.
Der Kläger hatte auch seine Weiterbeschäftigung über den 30. Juni 2006 hinaus verlangt und dieses Begehren vor dem angerufenen Arbeitsgericht München im Verfügungsverfahren durchgesetzt. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Endurteils vom 11. Juli 2006 (Blatt 11 bis 20 der Akte) wird Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 29. September 2006 (Blatt 21 der Akte) sprach die Beklagte dem Kläger höchst vorsorglich eine weitere betriebsbedingte Kündigung zum 30. November 2006 aus. Klägerseits wurde daraufhin mit gewerkschaftlichem Schriftsatz vom 21. November 2006 (Blatt 22/23 der Akte) die bereits anhängige Kündigungsschutzklage erweitert um die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch nicht durch die Kündigung vom 29. September 2006 zum 30. November 2006 aufgelöst ist. Der bei der Beklagten bestehende Betriebsrat hatte unter dem 21. September 2006 (Blatt 26/27 der Akte) der vorsorglichen Kündigung vom 29. September 2006 ebenfalls widersprochen.
Da die Beklagte nicht bereit war, den Kläger tatsächlich zu beschäftigen, ließ dieser mit gewerkschaftlichem Schriftsatz vom 27. November 2006 ein weiteres Verfügungsverfahren einleiten mit dem Antrag:
Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung aufgegeben, den Antragsteller bis zum rechtskräftigen Abschluss der Kündigungsschutzklage – Az.: 36 Ca 3761/06 – zu unveränderten Bedingungen als Maschinenführer weiter zu beschäftigen.
Dieses Begehren hatte vor dem angerufenen Arbeitsgericht München Erfolg. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Endurteils vom 19. Dezember 2006 wird ebenfalls Bezug genommen.
Mit der am 23. Januar 2007 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen und zugleich begründeten Berufung gegen diese ihr am 16. Januar 2007 zugestellte Entscheidung verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der geltend gemachte Weiterbeschäftigungsanspruch scheitert in ihren Augen bereits daran, dass der Kläger die erneute Kündigung vom 29. September 2006 nicht innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist mit einer weiteren und eigenständigen Kündigungsschutzklage angegriffen hat. Dem Erstgericht wird vorgehalten, zu Unrecht die Ansicht vertreten zu haben, dass wegen der bereits anhängigen Kündigungsschutzklage gegen die erste Kündigung vom 28. April 2006 eine nochmalige eigenständige, fristgerechte Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung vom 29. September 2006 nicht erforderlich sei; in der Ausgangskündigungsschutzklage sei ein allgemeiner Feststellungsantrag enthalten. Aus Sicht der Beklagten kann dieser allgemeine Feststellungsantrag schon ein Eingreifen des § 7 KSchG im Rahmen des Kündigungsschutzprozesses nicht verhindern. Für den betriebsverfassungsrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruch nach § 102 Abs. 5 BetrVG reiche der Feststellungsantrag nach § 256 ZPO im Rahmen einer vorausgegangenen Kündigungsschutzklage aber auch nach dem Gesetzeswortlaut nicht. Verlangt werde hier zur Begründung eines Weiterbeschäftigungsanspruchs, dass die streitgegenständliche Kündigung mit einer Klage nach dem Kündigungsschutzgesetz angegriffen sein müsse. Die allgemeine Feststellungsklage könne diese Voraussetzung nicht erfüllen. Das sei vom Erstgericht verkannt worden und so lautet der Berufungsantrag:
Das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 19. Dezember 2006 mit dem Aktenzeichen: 31 Ga 281/06 wird aufgehoben und der Antrag des Verfügungsklägers abgewiesen.
Der Kläger lässt beantragen:
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Den Ausführungen in d...