Entscheidungsstichwort (Thema)
Jubiläumszahlung mit Prämie für Einkommensverzicht. Unbegründete Zahlungsklage auf Prämienzahlung bei unerheblichen Darlegungen zur Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Gleichbehandlungsgrundsatz greift wegen seines Schutzcharakters gegenüber der Gestaltungsmacht der Arbeitgeberin nur dort ein, wo die Arbeitgeberin durch eigenes gestaltendes Verhalten ein eigenes Regelwerk und eine eigene Ordnung schafft; ein Anspruch ist demnach ausgeschlossen, wenn die Arbeitgeberin keine eigene gestaltende Entscheidung trifft sondern in bloßem Normvollzug handelt, der wie auch die bloße Vertragserfüllung keine verteilende Entscheidung enthält.
2. Eine Sonderzahlung darf ohne Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz einer Gruppe von Beschäftigten vorenthalten werden, wenn sie ausschließlich dem Ausgleich von Nachteilen derjenigen Beschäftigten dient, die mit der Arbeitgeberin ungünstigere Arbeitsbedingungen vereinbart haben; eine auf den Ausgleich schlechterer Arbeitsbedingungen gerichtete Sonderzahlung darf jedoch nicht zu einer Überkompensation führen, da insoweit kein sachlicher Grund besteht, der anderen Gruppe diese Leistung vorzuenthalten.
3. Den Betriebsparteien ist es nicht verwehrt, bei Zahlungen anlässlich eines Firmenjubiläums nachteilige Arbeitsbedingungen auszugleichen, wenn die mit der Betriebsvereinbarung verfolgten Zwecke den darin geregelten Leistungen klar zuzuordnen sind; erhalten Vollzeitbeschäftigte anlässlich eines Firmenjubiläums ohne eine weitere Zweckverfolgung 800 EUR, stellt die Zahlung weiterer 700 EUR an Beschäftigte, die in der Vergangenheit Verzichte geleistet haben, einen rechtmäßigen Ausgleich dar.
4. Der Vollzug einer kollektivrechtlichen Regelung ist keine Benachteiligung im Sinne von § 612a BGB.
Normenkette
BGB §§ 611, 242, 611 Abs. 1, § 612a; BetrVG § 75 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Augsburg (Entscheidung vom 16.12.2014; Aktenzeichen 7 Ca 1581/14) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Augsburg vom 16.12.2014 - 7 Ca 1581/14 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe einer an den Kläger zu zahlenden Jubiläumszahlung.
Der Kläger war bei der Beklagten, die eine Druckerei mit den Bereichen Druck, Buchbinderei, Satz und eMedien sowie kaufmännische Verwaltung und Verkauf betreibt, vom 02.05.1979 bis zum 30.09.2014 als kaufmännischer Angestellter zuletzt mit 35 Wochenstunden im Ressort EDV des Bereichs kaufmännische Verwaltung beschäftigt, wobei er seit dem 15.06.2012 unter Fortzahlung des Gehalts unwiderruflich von der Arbeitsleistung freigestellt war. Auf sein Arbeitsverhältnis fanden die tarifvertraglichen Bestimmungen für die Arbeitnehmer der Druckindustrie Anwendung.
Im Jahr 2008 entschied sich die Beklagte hinsichtlich des organisatorisch eigenständigen Bereichs Buchbinderei von den angewandten Tarifverträgen Druck zu den kostengünstigeren Tarifverträgen Papier, Pappe und Kunststoff zu wechseln und schloss hierzu einen Haustarifvertrag ab. Die hierdurch bei der Belegschaft eingetretenen Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen und Einbußen beim Arbeitsentgelt wurden teilweise durch eine Überleitungszulage kompensiert. Darüber hinaus verzichtete die Belegschaft des Bereichs Buchbinderei ab 01.07.2011 auf ein Essensgeld in Höhe von 210,00 € jährlich sowie auf bezahlte Freizeit am 24. und 31. Dezember. Mit den nach dem Tarifwechsel in dem Bereich Buchbinderei eintretenden Arbeitnehmern vereinbarte die Beklagte arbeitsvertraglich die Anwendung der Tarifverträge Papier, Pappe und Kunststoffe und bot ihnen ab Juli 2011 auch kein Essensgeld noch bezahlte Freizeit am 24. und 31. Dezember an.
Am 29.04.2011 wechselte die Beklagte im Rahmen ihres Konzepts "Zukunftssicherung Druckerei B." von der bislang bestehenden Mitgliedschaft mit Tarifbindung im Verband Druck und Medien Bayern e.V. in eine Mitgliedschaft ohne Tarifbindung und unterbreitete allen Mitarbeitern außerhalb des Bereichs Buchbinderei am 24.05.2011 ein Angebot zum Abschluss einer Ergänzungsvereinbarung zum Arbeitsvertrag, durch die die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 35 Stunden auf 38,75 Stunden ohne Lohnausgleich erhöht und weitere Arbeitsbedingungen zu Lasten der Arbeitnehmer verändert werden sollten (beispielhaft Verzichtsvereinbarung und Ergänzung zum Arbeitsvertrag Anlage B 2 und 3 Bl. 85 ff. d. A.). Vor dem Hintergrund von Meinungsverschiedenheiten und gerichtlichen Verfahren über die Rechtswirksamkeit der Ergänzungsvereinbarung bot die Beklagte am 10.01.2013 eine Änderungsvereinbarung zum Ergänzungsvertrag aus Mai 2011 an (Anlage B 3, Bl. 90 d. A.), die neben einer Gehaltserhöhung um 5,3 % die Bestätigung enthielt, dass die Regelungen der Ergänzungsvereinbarung vom Mai 2011 unabhängig von einem hierfür als erforderlich vereinbarten Quorum gelten würden. Mit Arbeitneh...