Entscheidungsstichwort (Thema)
Unanwendbarkeit des Gleichbehandlungsgrundsatzes bei Leistungsvollzug aufgrund einer Betriebsvereinbarung. Unbegründete Zahlungsklage des Arbeitnehmers auf Erhöhung einer Jubiläumszuwendung
Leitsatz (amtlich)
Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ist grundsätzlich nicht anwendbar, wenn der Arbeitgeber Leistungen erbringt, die in einer Betriebsvereinbarung geregelt sind. In einem solchen Fall liegt auch kein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot (§ 612 a BGB) vor.
Normenkette
BetrVG § 77; BGB § 612a; BetrVG § 77 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Augsburg (Entscheidung vom 16.12.2014; Aktenzeichen 7 Ca 1564/14) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Augsburg vom 16.12.2014 - 7 Ca 1564/14 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe einer an den Kläger zu zahlenden Jubiläumszahlung.
Die Beklagte betreibt in N. eine Druckerei mit den Bereichen Druck, Buchbinderei, Satz und eMedien sowie kaufmännische Verwaltung und Verkauf. Sie ist Mitglied des Verbandes Druck und Medien Bayern e.V. Der Kläger ist seit 01.08.1977 und zuletzt mit 33 Wochenstunden im Bereich Druck beschäftigt. Er ist Betriebsratsvorsitzender. Auf sein Arbeitsverhältnis finden die tarifvertraglichen Bestimmungen für die Arbeitnehmer der Druckindustrie Anwendung.
Die Beklagte wandte ursprünglich die Tarifverträge Druck in den Bereichen Druck und Buchbinderei an. Im Jahr 2008 entschied sie sich, hinsichtlich des organisatorisch eigenständigen Bereichs Buchbinderei zu den kostengünstigeren Tarifverträgen Papier, Pappe und Kunststoff zu wechseln und schloss hierzu einen Haustarifvertrag ab. Die hierdurch eingetretenen Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen und Einbußen beim Arbeitsentgelt wurden teilweise durch eine Überleitungszulage kompensiert. Darüber hinaus verzichteten die Arbeitnehmer des Bereichs Buchbinderei ab 01.07.2011 auf ein Essensgeld in Höhe von 210,00 € jährlich sowie auf bezahlte Freizeit am 24. und 31.12. Mit den nach dem Tarifwechsel in dem Bereich Buchbinderei eintretenden Arbeitnehmern vereinbarte die Beklagte arbeitsvertraglich die Anwendung der Tarifverträge Papier, Pappe und Kunststoffe und bot ihnen ab Juli 2011 weder das Essensgeld noch die bezahlte Freizeit am 24. und 31.12. an.
Am 29.04.2011 wechselte die Beklagte in eine Mitgliedschaft ohne Tarifbindung und unterbreitete allen Mitarbeitern außerhalb des Bereichs Buchbinderei am 24.05.2011 ein Angebot zum Abschluss einer Ergänzungsvereinbarung zum Arbeitsvertrag, durch die sich die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 35 Stunden auf 38,75 Stunden ohne Lohnausgleich erhöhen und auch andere Arbeitsbedingungen zu Lasten der Arbeitnehmer verändert werden sollten (Anlage B 2, Bl. 77 ff. d. A.). Vor dem Hintergrund von Meinungsverschiedenheiten und gerichtlichen Verfahren über die Rechtswirksamkeit der Ergänzungsvereinbarung bot die Beklagte am 13.01.2013 eine Änderungsvereinbarung zur Ergänzungsvereinbarung aus Mai 2011 an (sog. Ergänzungsvereinbarung II., Anlage B 3, Bl. 81 d. A.), die neben einer Gehaltserhöhung um 5,3 % die Bestätigung enthielt, dass die Regelungen der Ergänzungsvereinbarung vom Mai 2011 unabhängig von dem hierfür als erforderlich vereinbarten Quorum gelten würden. Mit Arbeitnehmern, die ab Ende Mai 2011 in einem Bereich außerhalb der Buchbinderei neu eigestellt wurden, vereinbarte die Beklagte Arbeitsbedingungen entsprechend den Konditionen der Ergänzungsvereinbarungen.
Der Kläger nahm die Angebote zum Abschluss von Ergänzungsvereinbarungen nicht an, so dass sich seine Arbeitsbedingungen weiterhin nach den statisch nachwirkenden günstigeren Tarifverträgen Druck richten.
Im August 2013 erhielten die Mitarbeiter, die Ergänzungsvereinbarungen abgeschlossen hatten bzw. nach deren Bedingungen arbeiten, einen Vorschuss auf die in Ziff. 2 der Ergänzungsvereinbarung vom 24.05.2011 vorgesehene zusätzliche Sonderzahlung. Die daraufhin eingesetzte Einigungsstelle entschied durch Spruch über eine Neuverteilung des für die Sonderzahlung zur Verfügung gestellten Budgets. Dieser Beschluss wurde von der Beklagten angefochten. Mit Beschluss des Arbeitsgerichts Augsburg vom 29.01.2015 - 7 BV 58/14 - wurde festgestellt, dass der Spruch unwirksam sei. Beim Landesarbeitsgericht München ist hierüber eine Beschwerde (11 TaBV 41/15) anhängig.
Mit Aushang vom 17.09.2013 (Anlage B 5, Bl. 84 d. A.) unterrichtete die Beklagte die Arbeitnehmer über die Absicht, anlässlich des 000. Firmenjubiläums am 21.09.2013 eine Sonderzahlung zu leisten. Es heißt dort auszugsweise:
"000 Jahre B.
Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
B. feiert das 000. Jahr seines Bestehens! In vielen Reden und Ansprachen rund um dieses Jubiläum wird deutlich: Auch Sie sind Teil dieser besonderen und außergewöhnlichen Geschichte.
Unsere Gesellschafter, Herr Dr. B. und Herr Dr. B. möchten dies unterstreichen und mit einer Jubiläumsprämie für Sie anerkennen.
Sie alle solle...