Entscheidungsstichwort (Thema)
Austauschkündigung
Leitsatz (amtlich)
Einzelfallentscheidung zur Frage der Zulässigkeit einer sog. Austauschkündigung (Austausch von Arbeitnehmern gegen Subunternehmer)
Normenkette
KSchG § 1
Verfahrensgang
ArbG München (Urteil vom 13.05.2005; Aktenzeichen 14 Ca 12496/04) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 13. Mai 2005, Az. 14 Ca 12496/04, wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer ordentlichen Arbeitgeberkündigung sowie über einen Weiterbeschäftigungsanspruch des Klägers.
Der Auseinandersetzung liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde:
Der am 9.8.1950 geborene Kläger war bei der Beklagten seit 1997 zunächst als Subunternehmer, seit 1. Januar 2001 als Arbeitnehmer in der Funktion eines so genannten Moskito-Anschlägers beschäftigt.
Bei der Beklagten handelt es sich um ein bundesweit tätiges Unternehmen der Außenwerbung mit circa 500 Mitarbeitern an 19 Standorten im Bundesgebiet. Gegenstand des Unternehmens ist die bundesweite Vermarktung von Werbeflächen. Der Kläger wurde von der Beklagten als Plakat-Anschläger im Bereich der so genannten „Moskitos” beschäftigt. Hierbei handelt es sich um die im Stadtbild häufig in Erscheinung tretenden Schaltschränke, die einseitig mit einem Rahmen ausgestattet sind und in welchen von dem Plakat-Anschläger die Werbung angebracht wird.
Vor dem Jahr 2001 ließ die Beklagte sämtliche Plakat-Anschlags-Tätigkeiten von Subunternehmern ausführen. Im Zuge der deutschlandweit von den Sozialversicherungsträgern durchgeführten Überprüfung von Beschäftigten im Hinblick auf das sozialversicherungsrechtliche Merkmal der Scheinselbstständigkeit entschloss sich die Beklagte, die Plakatsanschlagstätigkeit in Höhe von 20% des Gesamtvolumens durch Arbeitnehmer – unter diesen auch durch den Kläger – durchführen zu lassen.
Im Zuge einer Übernahme wesentlicher Anteile an der Konzernobergesellschaft D. GmbH” durch die S. AG schlossen der Konzernbetriebsrat der D. GmbH und die Arbeitgeberin am 29. Juli 2004 einen Interessenausgleich,
§ 1 Ziffer 1. des Interessenausgleichs enthält folgende Regelung:
Gewerbliche Mitarbeiter/Plakatierung
Die angestrebte Fokussierung auf die Kernbereiche zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit in dem hart umkämpften Wettbewerbsumfeld führt dazu, dass nicht profitable Aktivitäten, die nicht zu dem Kernbereich des Konzerns als Vertriebsorganisation gehören, eingestellt werden. Der Vorstand hat daher entschieden, dass sämtliche gewerbliche Tätigkeiten des Konzerns eingestellt werden. Plakatierungsaufträge, sowie sonstige gewerbliche Tätigkeiten, werden nur noch an Subunternehmer vergeben.
§ 2 des Interessenausgleichs enthält folgende Regelung:
1. Gewerbliche Mitarbeiter/Plakatierung
Die Einstellung der Bereiche Plakatierung und Service erfolgt zum 31. August 2004, für die Plakatlogistik und -distribution zum 31. Dezember 2004. Die bestehenden Arbeitsverhältnisse der in dem Bereich tätigen gewerblichen Mitarbeiter werden aus betriebsbedingten Gründen unter Einhaltung der jeweils gültigen Kündigungsfrist gekündigt.
Eine Verzögerung der Umsetzung von bis zu 6 Monaten ist von diesem Interessenausgleich gedeckt.
- Den gewerblichen Mitarbeitern im Bereich der Plakatierung wird angeboten, zukünftig für den Konzern als selbständige Unternehmer die Plakatierungstätigkeit auszuüben.
Am 29.7.2004 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger nach Anhörung des Betriebsrats, der der Kündigungsabsicht widersprochen hat, ordentlich unter Hinweis auf betriebsbedingte Gründe.
Mit seiner beim Arbeitsgericht München am 5.8.2004 zu Protokoll gegebenen Klage hat der Kläger die gerichtliche Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 29. 7. 2004 nicht aufgelöst worden ist.
Zur Begründung hat er in erster Instanz vorgetragen, die streitgegenständliche Kündigung sei sozial nicht gerechtfertigt und deshalb rechtsunwirksam.
Der Kläger hat in erster Instanz beantragt:
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch Kündigung der Beklagten vom 29.7.2004 nicht aufgelöst wird.
Die Beklagte hat beantragt,
Die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat sie ausgeführt, der Geschäftsführer der Beklagten habe am 23. Juni 2004 die unternehmerische Entscheidung getroffen, die Plakatbewirtschaftung der Beklagten durch Subunternehmen durchführen zu lassen. Durch den Interessenausgleich vom 29.6.2004 sei festgelegt worden, dass der Bereich Plakatierung und Service zum 31.8.2004 vollständig eingestellt werde. Damit sei der Arbeitsplatz des Klägers zu diesem Zeitpunkt entfallen. Tatsächlich sei auch allen Arbeitnehmern gekündigt worden. Bei den Subunternehmern handele es sich nicht um Leiharbeitnehmer oder Scheinselbstständige. Dies habe das Bundesarbeitsgericht bereits mit Beschluss vom 25.7.1996 –...