Entscheidungsstichwort (Thema)
Rufbereitschaft
Leitsatz (amtlich)
Mehrere – nach der Tarifregelung hier von vornherein nur ausnahmsweise zulässigen – Arbeitseinsätze innerhalb einer Rufbereitschaft werden nach § 8 Abs. 3 Satz 4 TVöD nicht zunächst lediglich addiert und sodann einmalig auf eine volle Stunde aufgerundet, sondern jede Inanspruchnahme ist isoliert auf eine volle Stunde zu runden und in diesem Umfang auch ggf. zeitzuschlagspflichtig (hier nachtarbeitszuschlagspflichtig). Im Anschluss an LAG Rheinland-Pfalz, U. v. 14.06.2007, 11 Sa 57/07, ZTR 2007, S. 548 f; anders LAG Nürnberg, U. v. 26.07.2007, 7 Sa 891/06, ZTR 2007, S. 549.
Normenkette
TVöD § 8 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Rosenheim (Urteil vom 04.09.2007; Aktenzeichen 1 Ca 1064/06 Mü) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen dasEndurteil des Arbeitsgerichts Rosenheim vom4. September 2007 – 1 Ca 1064/06 Mü – wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten noch über die Berechnung der vergütungspflichtigen Arbeitszeit während der Erbringung von Rufbereitschaften durch den Kläger im Krankenhaus der beklagten Arbeitgeberin sowie die Höhe der hierauf entfallenden Zeitzuschläge.
Der am 00.00.1961 geborene (verheiratete und für zwei Kinder unterhaltspflichtige) Kläger ist seit 01.09.1992 in der Kreisklinik B., deren Trägerin und damit Arbeitgeberin die Beklagte ist, als Krankenpfleger im Rahmen einer Vollzeittätigkeit beschäftigt. Nach den erstinstanzlichen Angaben ist der Kläger Mitglied des Personalrats und des Gesamtpersonalrats bei der Beklagten bzw. des Landkreises. Auf das Arbeitsverhältnis finden seit dessen Inkrafttreten zum 01.10.2005 die Regelungen des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD) – hier in der Fassung des Besonderen Teils Krankenhäuser (BT-K – bzw. nunmehr der Durchgeschriebenen Fassung des TVöD für den Dienstleistungsbereich Krankenhäuser) – Anwendung.
Der Kläger leistete während seiner Tätigkeit in der Notaufnahme der Kreisklinik Burghausen im Oktober 2005 (am 13.10.2005, am 18./19.10.2005 und am 20./21.10.2005) sowie im Dezember 2005 (am 17.12.2005) mehrfach Rufbereitschaften. In der ersten Rufbereitschaft am 13.10.2005 wurde der Kläger unstreitig zweimal – einmal von 16.35 Uhr bis 18.05 Uhr und zum anderen von 18.55 Uhr bis 20.25 Uhr – zur Arbeit herangezogen; in den anderen Rufbereitschaften im Oktober 2005 und im Dezember 2005 erfolgte jeweils ein einziger Arbeitseinsatz des Klägers von 1,5 Stunden bzw. 2,5 Stunden bzw. 1,2 Stunden im Rahmen der Nachtarbeit, wobei diese Arbeitseinsätze von der Beklagten jeweils – je Rufbereitschaft einmal – auf eine volle Stunde aufgerundet, der Nachtarbeitszuschlag jedoch jeweils nur für die präzise berechnete Nachtarbeitszeit, ohne Aufrundung, angesetzt/vergütet wurden.
Die Beklagte legt die einschlägige Tarifregelung in § 8 Abs. 3 Satz 4 TVöD in Übereinstimmung mit der Auffassung der VKA bzw. des KAV München dahin aus, dass die während eines Rufbereitschaftsdienstes ggf. mehrfach geleiteten Arbeitseinsätze zunächst als solche zusammengerechnet und sodann nur einmal auf eine volle Stunde aufgerundet sowie die hierbei evtl. anfallenden Zeitzuschläge etwa für – wie hier – Nachtarbeit generell nur für die tatsächlich unter diesen Umständen geleistete Arbeitszeit – „spitz”, nicht aufgerundet angesetzt – geschuldet seien, während der Kläger, in Übereinstimmung mit der Auffassung der Gewerkschaft ver.di, diese Tarifregelung so auslegt, dass jeder einzelne von ggf. mehreren Arbeitseinsätzen während einer Rufbereitschaft auf eine volle Stunde aufzurunden und auch in dieser Weise zeit(nacht)zuschlagspflichtig abzurechnen sei, wobei die Höhe der hierzu jeweils streitgegenständlichen Beträge unstreitig ist.
Wegen des unstreitigen Sachverhalts im Übrigen und des streitigen Vorbringens sowie der Anträge der Parteien im Ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand des angefochtenen Endurteils des Arbeitsgerichts Rosenheim vom 04.09.2007, das den Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 20.09.2007 zugestellt wurde, Bezug genommen, mit dem dieses der Klage insoweit mit der Begründung stattgegeben hat, dass, ausgehend von den bei der Auslegung von Tarifverträgen geltenden Grundsätzen, die einzelnen Arbeitseinsätze innerhalb einer Rufbereitschaft getrennt zu betrachten und angefangene Arbeitsstunden jeweils getrennt aufzurunden seien, da andernfalls die Formulierung: „jede” angefangene Stunde leerlaufen würde und die Auffassung der Beklagten deshalb einer ausdrücklichen anderen Regelung im Tarifvertrag bedurft hätte. Gleiches gelte für Ansprüche auf Zeitzuschläge für während einer Rufbereitschaft erbrachte Arbeitsleistungen – auch insoweit beziehe sich die Rundungsregelung in § 8 Abs. 3 Satz 4 TVöD auf die Art und Weise der Vergütung und damit der Zeitzuschläge; auch hierbei hätte eine der Auffassung der Beklagten entsprechende andere Regelung einer anderen Formulierung bedurft....