Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf ermessensfehlerfreie Ausübung des Weisungsrechts bei Entscheidung der Arbeitgeberin zur Arbeitszeit. Unbegründete Klage eines Rotationshelfers auf Beschäftigung in Wechselschicht
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Arbeitnehmer hat keinen Anspruch auf Beschäftigung in einer bestimmten Schicht im Wechsel mit anderen Arbeitnehmern, wenn das Direktionsrecht des Arbeitgebers aus § 106 GewO nicht ausnahmsweise "auf Null" reduziert ist.
2. Eine solche Ermessungsreduzierung "auf Null" ist auszuschließen, wenn der Arbeitgeber eine gleichheitswidrige Behandlung auf andere Weise auflösen kann, als der Arbeitnehmer im Rahmen seines Beschäftigungsantrags begehrt hat, und wenn der Arbeitgeber einen im Betrieb bestehenden Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG zu beteiligen hat.
Normenkette
ZPO §§ 533, 529, 263; GewO § 106; BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 2, § 75 Abs. 1; GewO § 106 S. 1; ZPO § 529 Abs. 1, § 533 Nr. 1 Alt. 1, Nr. 1 Alt. 2, Nr. 2
Verfahrensgang
ArbG München (Entscheidung vom 16.12.2014; Aktenzeichen 27 Ca 7909/14) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 16.12.2014 - 27 Ca 7909/14 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird für den Kläger zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt zuletzt die Beschäftigung in der Schicht "Hr. E 35-Stunden" im Wechsel mit zwei weiteren Arbeitnehmern.
Der tarifgebundene Kläger ist bei der Beklagten, die eine Druckerei betreibt, als Rotationshelfer zu einer monatlichen Bruttovergütung in Höhe von zuletzt 4.208,06 € brutto beschäftigt. Nach Ziff. 1 des Arbeitsvertrags vom 02.02.1998 kann die Beklagte, soweit betrieblich erforderlich, den Kläger auch mit anderen Arbeiten, in anderen Betriebsabteilungen, an anderen Orten, in einer anderen Entlohnungsform oder zu anderen Arbeitszeiten (z. B. in Wechselschicht) beschäftigen. Gemäß Ziff. 2 dieses Arbeitsvertrags richten sich die Arbeitsbedingungen nach den jeweiligen tariflichen Bestimmungen der Druckindustrie/im graphischen Gewerbe/im Zeitungsverlagswesen in Bayern, soweit und solange die Firma hieran zwingend gebunden ist. Die tarifliche Arbeitszeit beträgt derzeit 35 Wochenstunden. Die Beklagte ist im I. Quartal 2014 in die sogenannte OT-Mitgliedschaft gewechselt.
Seit ihrem Inkrafttreten wurde der Kläger auf der Grundlage der Betriebsvereinbarung betreffend Arbeitszeiten in den Bereichen Rotation, Versand und Plattenkopie sowie Besetzungsregelungen im Bereich Rotation und damit zusammenhängende Regelungen vom 11.05.2012 (im Folgenden: Betriebsvereinbarung Arbeitszeiten vom 11.05.2012) und der Betriebsvereinbarung betreffend Arbeitszeitflexibilisierung und Überstunden vom 11.05.2012 (im Folgenden: Betriebsvereinbarung Arbeitszeitflexibilisierung vom 11.05.2012) bei 35 Wochenstunden im Wechselschicht sonntags und nachts beschäftigt. Am 15.04.2015 schlossen die Betriebsparteien eine Regelungsvereinbarung mit dem Ziel der Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Beklagten. Im Zuge dieser Vereinbarung wurde den Arbeitnehmern eine sogenannte Nachtragsvereinbarung zum Arbeitsvertrag mit Wirkung zum 01.07.2014 angeboten, die einerseits vorsah, dass sich der Bruttostundenlohn um 12,5 % reduzierte, andererseits den Arbeitnehmern die Möglichkeit eröffnete, zwischen dem Beibehalten der 35 Stundenwoche und einer Arbeitszeiterhöhung auf 40 Wochenstunden zu wählen. Der Kläger nahm dieses Angebot, wie ca. 10 % der Arbeitnehmer der Beklagten, nicht an. Mit Schreiben vom 17.06.2014 wurde der Kläger angewiesen, ab 29.06.2014 dauerhaft ausschließlich in der Tagschicht entsprechend einem beigefügten Plan zu arbeiten, womit eine Tätigkeit montags bis freitags von 08:00 bis 15:30 bzw. 13:30 Uhr verbunden war.
Am 28.07.2014 vereinbarten die Betriebsparteien eine neue Betriebsvereinbarung betreffend Arbeitszeiten in den Bereichen Rotation, Versand und Plattenkopie und damit zusammenhängende Regelungen (im Folgenden: Betriebsvereinbarung Arbeitszeiten vom 28.07.2014). Die betriebsüblichen Arbeitszeiten der verschiedenen Bereiche wurden in den Anlagen 1 - 8 durch Spruch der Einigungsstelle ebenfalls vom 28.07.2014 bestimmt, wobei diese Anlagen danach der Betriebsvereinbarung Arbeitszeiten vom 28.07.2014 beigefügt und seitens der Betriebsparteien unterzeichnet wurden. Nach der Anlage 1 zu dieser Betriebsvereinbarung Arbeitszeiten vom 28.07.2014 gehörte der Kläger neben dem Arbeitnehmer F der festen Tagschicht an, die montags bis freitags von 08:00 bis 15:30 bzw. 13:30 Uhr einen Arbeitseinsatz vorsah. Herr F ist ebenfalls als Rotationshelfer mit 35 Wochenstunden beschäftigt. Darüber hinaus enthielt die Anlage 1 die Schicht "Hr. E 35-Stunden", die rollierend für den Rotationshelfer E Dienste auch nachts und sonntags im Umfang von durchschnittlich 35 Wochenstunden bestimmte. In den weiteren Schichten arbeiteten Drucker und Helfer rollierend mit 40 Wochenstunden einschließlich nachts und sonntags. Zudem wurde am 28.07.2014 eine neue Betriebsvereinbarung Arbeitszeitflexibilisierung v...