Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch eines Arbeitnehmers auf Anpassung der Arbeitszeit an den Betreuungsbedarf seines minderjährigen Kindes
Leitsatz (redaktionell)
1. Zwar ist der Arbeitgeber verpflichtet, bei dem zeitlichen Einsatz eines Arbeitnehmers auf dessen durch Art. 6 Abs. 1 u. 2 GG geschützte Rechtsposition als alleinerziehender Vater Rücksicht zu nehmen. Jedoch besteht kein Anspruch auf Einsatz zu bestimmten Arbeitszeiten, wenn ein Arbeitsplatz mit diesen Arbeitszeiten im Betrieb des Arbeitgebers nicht existiert.
2. Der Arbeitgeber ist auch nicht verpflichtet, einen solchen Arbeitsplatz speziell für den Arbeitnehmer zu schaffen. Das gilt insbesondere dann, wenn zu der Arbeit als Einrichter gehört, Anlagen bei Schichtbeginn einzurichten, also anwesend sein zu müssen.
Normenkette
GewO § 106; GG Art. 6, 3; GewO § 106 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 29.07.2014; Aktenzeichen 18 Ca 2575/14) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 29.07.2014 - 18 Ca 2575/14 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Lage der täglichen Arbeitszeit.
Der Kläger ist seit dem Oktober 1995 bei der Beklagten beschäftigt, zuletzt als Einrichter im Bereich der Montage Bau in Wechselschicht (Frühschicht: 05:30 bis 14:00 Uhr; Spätschicht: 14:00 bis 22:20 Uhr).
Nach einer Trennung von seiner damaligen Lebensgefährtin im Frühjahr 2011 hat der Kläger die tatsächliche Personensorge für die am 16.09.2005 geborene gemeinsame Tochter L Lu übernommen. In Abstimmung mit seiner Schwester, die ebenfalls im Betrieb der Beklagten arbeitet, und der Beklagten wurden seit dem Sommer 2011 die Schichteinteilungen des Klägers und der Schwester so aufeinander abgestimmt, dass im Regelfall die Aufsicht über die Tochter durch einen der Beiden sicher gestellt war. Die Beklagte bestätigte dem Kläger unter dem 22.09.2011 schriftlich, dass der Kläger nach ihren Planungen voraussichtlich noch bis zu zwei Jahren in der Wechselschicht eingesetzt werde. Danach werde versucht, ihn außerhalb der Wechselschicht einzuplanen.
Die Betreuung der Tochter in der Grundschule ist von der Zeit von 07:40 Uhr bis 16:00 Uhr sichergestellt. Die Fahrtzeit des Klägers vom Werk zur Schule beträgt mit dem Kraftfahrzeug etwa 10 bis 12 Minuten.
Zwei angedachte Umsetzungen scheiterten. Im November 2011 der Einsatz als Einrichter im Bereich Montage O , wo in Tagschicht gearbeitet wird. Dies lag u.a. daran, dass dem Kläger nur die Möglichkeit eröffnet wurde, alle 2 Wochen um 08:00 zu beginnen, so dass im Übrigen weiterhin der morgendliche Betreuungsbedarf durch die Schwester bestand, den er ihr nicht auf Dauer zumuten wollte.
Im April 2012 kam eine Versetzung in den Versand nicht zustande, da der Kläger auf der angebotenen Stelle nach seiner Einschätzung einen Minderverdienst von etwa 400,00 € zu erwarten gehabt hätte.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 29.07.2014 (Bl. 176 ff. d. A.) die Klage, welche auf die Feststellung gerichtet war, das Direktionsrecht der Beklagten hinsichtlich der Arbeitszeit im Hinblick auf die Konfliktlage des Klägers auf den Zeitraum von 08:00 bis 16:00 montags bis freitags zu beschränken, abgewiesen. Im Wesentlichen hat es zu Begründung ausgeführt, eine Einschränkung des Weisungsrechts lasse sich weder aus tarifvertraglichen noch betrieblichen Regelungen herleiten. Unter Abwägung der wechselseitigen Interessen überwiege das Interesse der Beklagten, die Arbeitszeit nicht ausschließlich nach dem Arbeitszeitbegehren des Klägers einzuteilen. Wegen der weiteren Einzelheiten des streitigen und unstreitigen Vorbingens sowie der Antragstellung erster Instanz wird auf den Tatbestand, wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Gegen das ihm am 01.09.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 08.09.2014 Berufung eingelegt und diese innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 01.12.2014 begründet.
Er stützt sein Anspruchsbegehren auf den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß Art. 3 GG und den grundgesetzlichen Schutz der Familie aus Art. 6 GG. Die Beklagte sei unter Berücksichtigung der familiären Problemlage des Klägers und der Beachtung der Sozialpflichtigkeit des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG) verpflichtet, ihren Betrieb so zu organisieren, dass der Kläger zu den von ihm begehrten Zeiten beschäftigt werden könne. Der Kläger sei zur Annahme eines jeden Arbeitsplatzes im Werk der Beklagten bereit, der ihm eine Vereinbarkeit von Arbeitszeit mit den Schulzeiten seiner Tochter ermögliche. Aufgrund der Größe des Betriebs würden im Hinblick auf die betriebsinterne Fluktuation und des Einsatzes von Leiharbeitnehmern ständig neue Arbeitsplätze vergeben. Die Beklagte gestatte einer größeren Kohorte von älteren Arbeitnehmern Ausnahmen von der Schichtarbeit, wenn diese eine 10jährige Betriebszugehörigkeit vorweisen könnten und das 55. Lebensjahr ...