Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung von Tarifverträgen. Tarifliche Sonderzahlung und Rückerstattungsvorbehalt und befristetes Arbeitsverhältnis
Leitsatz (amtlich)
– Auslegung von § 20 Abs. 5 MTV Groß- und Außenhandel in Bayern
– Beendigung des Arbeitsverhältnisses infolge Befristungsablauf vor dem 31. März des Jahres, das auf das Jahr folgt, für das die tarifliche Sonderzahlung gewährt wird.
Normenkette
§ 20 Abs. 5 Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer in den Bayerischen Betrieben des Groß- und Außenhandels
Verfahrensgang
ArbG München (Urteil vom 25.04.2001; Aktenzeichen 38 Ca 2001/01) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen dasEndurteil des Arbeitsgerichts München vom 25.04.2001 – Gz.: 38 Ca 2001/01 – wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.
3. Die Revision der Beklagten wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin verlangt von der Beklagten eine tarifliche Sonderzahlung nach dem allgemeinverbindlich erklärten Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer in den Bayerischen Betrieben des Groß- und Außenhandels (MTV); dabei geht es im Kern darum, ob die Befristung eines Arbeitsverhältnisses, die zu seiner Beendigung vor dem 31. März des Folgejahres führt, den Anspruch auf einen tariflich festgelegten Sockelbetrag reduziert.
Die Klägerin war auf Grund eines schriftlichen Arbeitsvertrags vom 27. November 1998 bei der Beklagten, einem Unternehmen, das sich mit dem Import und Export von Obst, Gemüse und Südfrüchten befasst, als kaufmännische Angestellte in einem vereinbarten befristeten Arbeitsverhältnis in der Zeit von 4. Januar 1999 bis 3. Januar 2001 beschäftigt.
Ihr Tarifgehalt betrug monatlich DM 3.235,– brutto.
Die Beklagte hat ihr zwar angeboten, sie auch nach Ablauf der vereinbarten Befristung weiterzubeschäftigen, jedoch ist es darüber letztlich zu keiner Einigung gekommen.
Sie hat der Klägerin daher für das Jahr 2000 lediglich DM 200,– als tarifliche Sonderzahlung gewährt.
Die Klägerin hat vor dem Arbeitsgericht vorgetragen,
sie habe gegen die Beklagte gem. § 20 Abs. 1 MTV einen Anspruch auf Jahressonderzahlung für das Jahr 2000, der gem. § 20 Abs. 2 MTV 50 % des jeweils zustehenden monatlichen Tarifgehalts betrage. Die Beklagte könne sich nicht auf § 20 Abs. 5 MTV berufen, weil dessen Voraussetzungen nicht vorlägen und eine analoge Anwendung nicht in Betracht käme.
Demzufolge schulde sie ihr die Hälfte ihres Tarifgehalts abzüglich der gewährten DM 200,– brutto als tarifliche Sonderzahlung = DM 1.417,50 brutto (Berechnung: DM 3.235,–: 2 – DM 200,–) zuzüglich gesetzlicher Zinslast.
Dem hat die Beklagte entgegengehalten,
die Klage sei deshalb unbegründet, weil zwar die Anspruchsvoraussetzungen grundsätzlich vorlägen, doch habe sie, die Klägerin, letztlich ihr Arbeitsverhältnis selbst beendet, indem sie ihr, der Beklagten, Angebot zur Weiterbeschäftigung über die vereinbarte Befristung hinaus abgelehnt habe; dies stehe einer Kündigung ihrerseits gleich.
Wäre ihr tarifliche Sonderzahlung gewährt worden, hätte sie, wie jede andere Arbeitnehmerin auch, eine entsprechende Rückzahlungsvereinbarung unterschreiben müssen und wäre dann ebenfalls zur Rückzahlung verpflichtet gewesen.
Das Arbeitsgericht hat mit Endurteil vom 25. April 2001, das der Beklagten am 10. Mai 2001 zugestellt worden ist, der Klage entsprochen. Auf die darin getroffenen tatsächlichen Feststellungen und angestellten rechtlichen Erwägungen wird verwiesen.
Dagegen hat die Beklagte mit einem am 5. Juni 2001 am Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese zugleich begründet.
Sie führt dazu unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags im Wesentlichen aus,
das Arbeitsgericht habe § 20 Abs. 5 MTV nicht richtig ausgelegt. Auch wenn darin nur von einer Kündigung die Rede ist, greife diese Klausel auch bei einer sonstigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses; insbesondere komme es nicht auf die Befristung und darauf an, ob diese zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führe, sondern darauf, wer die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu welchem Zeitpunkt veranlasst habe und welche Gründe dafür vorlägen. „Insofern komme eine ergänzende Auslegung einer solchen allgemeinen Rückzahlungsklausel in Betracht, da sowohl die Voraussetzungen für die Rückzahlungspflicht wie auch ein eindeutig bestimmter Zeitraum für die Bindung des Arbeitnehmers festgelegt sei”; insoweit werde auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom „14. Juni 1995 in AP Nr. 176 zu § 611 BGB – Gratifikation” verwiesen. Es „bestehe kein Unterschied, ob ein befristeter Arbeitsvertrag oder ein solcher auf bestimmte Zeit abgeschlossen sei, der nur mit einer Kündigung beendet werden könne”. Beide, sowohl die Arbeitgeberin als auch die Arbeitnehmerin, können das Arbeitsverhältnis unter Berufung auf die Befristung beenden. Es sei auch belanglos, ob der Arbeitgeber die Befristung gerade im Hinblick auf das Kündigungsschutzgesetz gewählt habe. Im Vordergrund stehe das Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis und die dafür maßgeblichen G...