Entscheidungsstichwort (Thema)

Invalidenrente, betriebliche Altersversorgung

 

Leitsatz (amtlich)

Eine betriebliche Versorgungsordnung kann vorsehen, daß eine Invalidenrente neu geschuldet wird „bei Ausscheiden wegen bleibender Berufs- bzw. Erwerbsfähigkeit i.S. der gesetzlichen Rentenversicherung, sofern die dadurch bedingte Beendigung des Dienstverhältnisses nach Vollendung des 55. Lebensjahres erfolgt” (vgl. BAG, Urteil vom 20. Okt. 1987 – 3 AZR 208/86 – EzA § 1 BetrAVG Nr. 50).

 

Normenkette

Betr AVG §§ 1-2; BGB §§ 133, 157

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 07.07.1993; Aktenzeichen 5 Ca 16874/92)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten vom 5. Dezember 1994 wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 7. Juli 1993 5 Ca 16874/92 – aufgehoben und die Klage kostenpflichtig abgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger ab 1. November 1992 eine Betriebsrente wegen Invalidität zu bezahlen.

Der am … geborene Kläger war vom 1. Mai 1965 bis 30. September 1987 als Außendienstmitarbeiter bei der Beklagten beschäftigt gewesen. Nachdem er dieses Arbeitsverhältnis durch Eigenkündigung beendet hatte, erlitt er am 4. April 1990 einen Hirninfarkt mit Halbseitenlähmung.

Der für ihn bestellte Pfleger wandte sich daraufhin mit Schreiben vom 11. Februar 1991 (Bl. 89 d.A.) an die Beklagte mit der Frage nach einer Betriebsrente für den Kläger. Die Beklagte hatte nämlich am 20. Dezember 1976 für alle Mitarbeiter und damit auch für den Kläger eine betriebliche Alters-, Invaliditäts- und Witwenversorgung eingeführt.

Die Beklagte sah die Voraussetzungen für eine Betriebsrente wegen Invalidität beim Kläger schon deshalb als nicht gegeben an, weil der Kläger bei ihr nicht wegen „bleibender Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung” ausgeschieden sei.

Der Kläger läßt demgegenüber auf seine bei der Beklagten zurückgelegte Betriebszugehörigkeit von 22 Jahren und 5 Monaten hinweisen. Als er im September 1992 das 55. Lebensjahr vollendet hatte und ihm sein behandelnder Arzt Herr Dr. med. „Erwerbsunfähigkeit seit 01.10.1992” bestätigte (Bl. 9 d.A.), ließ der Klager mit Schriftsatz vom 14. Dezember 1992 zum Arbeitsgericht München Klage auf Feststellung erheben,

daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger die Betriebsrente wegen Invalidität ab 1. November 1992 zu bezahlen,

und er hatte damit auch Erfolg. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Endurteils vom 7. Juli 1993 wird Bezug genommen.

Mit der am 5. Dezember 1994 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen Berufung gegen dieses den Parteien erst Anfang April 1995 zugestellte Ersturteil verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Berufungsbegründung ist am 4. Januar 1995 beim Landesarbeitsgericht eingegangen. Darin verteidigt die Beklagte weiterhin Ziffer 2 ihrer Versorgungsordnung vom 20. Dezember 1976 (Bl. 33–38 d.A.) und führt aus, daß darin Versorgungsleistungen für den Fall einer Invalidität nur zugesagt worden seien, sofern der betroffene Mitarbeiter wegen bleibender Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung ausscheidet und weiter die dadurch bedingte Beendigung des Dienstverhältnisses nach Vollendung des 55. Lebensjahres erfolgt. Der Kläger sei bei ihr jedoch bereits mit Ablauf des 30. September 1987 und damit weit vor Vollendung des 55. Lebensjahres ausgeschieden und zum damaligen Zeitpunkt auch nicht wegen bleibender Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit.

Damit lauten die Berufungsanträge der Beklagten:

  1. Das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 07.07.1993, Az.: 5 Ca 16874/92, wird abgeändert.
  2. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger läßt beantragen:

Die Berufung zurückzuweisen.

Vorweg wird die Berufung bereits als unzulässig angesehen und im übrigen herausgestellt, daß der Kläger seit 1. Oktober 1992 (und damit nach Vollendung des 55. Lebensjahres) wegen halbseitiger Lähmung und schwerster Störung des zentralen Sprachzentrums erwerbsunfähig sei und er auch weit mehr als 10 Jahre für die Beklagte gearbeitet habe.

Zur Ergänzung des Parteivorbringens im Berufungsverfahren wird Bezug genommen auf die Berufungsbegründung vom 4. Januar 1995 (Bl. 82–88 d.A.) mit Anlagen, auf die Berufungsbeantwortung vom 3. Februar 1995 (Bl. 101–103 d.A.) mit Anlagen (Bl. 109–118 d.A.) sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 23. Januar 1996 (Bl. 123–125 d.A.).

 

Entscheidungsgründe

Die nach dem Wert ihres Beschwerdegegenstandes statthafte Berufung ist form- und auch fristgerecht eingelegt worden (§§ 64 Abs. 2, Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG, §§ 516, 518, 519 ZPO; § 9 Abs. 5, § 11 Abs. 2 ArbGG). Da die angefochtene Entscheidung vom 7. Juli 1993 den Parteien erst im April 1995 zugestellt worden war, hatte zunächst nur die Fünfmonatsfrist des § 516 ZPO zu laufen begonnen und nach deren Ablauf die Jahresfrist des § 9 Abs. 5 ArbGG (vgl. BAG AP Nr. 2 zu § 15 SchwbG 1986, zu I.3. der Gründe). Am 5. Dezember 1994 konnte die Beklagte damit noch rechtzeitig Berufu...

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