Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweilige Verfügung. Weiterbeschäftigung
Leitsatz (amtlich)
Aufhebung einer erstinstanzlich erlassenen Leistungsverfügung auf Weiterbeschäftigung im Rahmen des § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG wegen fehlender rechtzeitiger Vollziehung durch Parteizustellung innerhalb der Monatsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO sowie einer nachträglichen erneut primär außerordentlich fristlosen – nicht offensichtlich wiederholenden und sonst rechtsunwirksamen – Arbeitgeberkündigung.
Normenkette
ArbGG § 62 Abs. 2; ZPO §§ 936, 929 Abs. 2, § 927 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG München (Urteil vom 17.12.2007; Aktenzeichen 12a Ca 248/07) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 17. Dezember 2007 – 12a Ca* 248/07 – in den Ziffern 1. bis 3. abgeändert:
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
II. Der Verfügungskläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Tatbestand
Der Verfügungskläger macht im Wege des Eilverfahrens einen Antrag auf Weiterbeschäftigung geltend.
Der, nach den vorgelegten Unterlagen, am 00.00.1982 geborene Verfügungskläger war auf der Grundlage des schriftlichen Anstellungsvertrages vom 14.02.2002 (Anl. K1, Bl. 6 bis 13 d. A., nebst Anlage Vergütung hierzu, Bl. 14 bis 16 d. A.) ab diesem Zeitpunkt in der M. Niederlassung der Verfügungsbeklagten als PC-/Netzwerktechniker bzw., so auch die beiderseitige Bezeichnung, als Service-Delivery-Manager mit einer Grundvergütung von 3.939,88 EUR brutto/Monat – nach seinen Ausführungen entsprechend einem Durchschnittsentgelt, einschließlich Prämien und des Wertes der Privatnutzung seines Firmen-Pkw, von ca. 5.171,50 EUR brutto/Monat – beschäftigt. Der Verfügungskläger war Mitglied des Betriebsrats dieses Betriebs, in dem ca. 180 Arbeitnehmer beschäftigt waren. Die Verfügungsbeklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Verfügungskläger mit Schreiben vom 30.08.2007 fristgemäß zum 30.11.2007 (Anl. K2, Bl. 17 d. A.) aus betriebsbedingten Gründen mit der näheren Begründung, dass die Betriebsabteilung „B.” dieser Niederlassung, in der der Verfügungskläger ausschließlich tätig gewesen sei, wegen Beendigung des mit der Fa. B. AG bestehenden Vertrages stillgelegt und das Arbeitsverhältnis damit und aufgrund fehlender Möglichkeit einer anderweitigen Weiterbeschäftigung des Verfügungsklägers beendet habe werden müssen und auch im Hinblick auf seinen Sonderkündigungsschutz als Betriebsratsmitglied zulässig beendet habe werden können. Der Betriebsrat dieser Niederlassung, der von der Verfügungsbeklagten mit Schreiben vom 21.08.2007 angehört worden war (u. a. Bl. 63 bis 66 d. A.), widersprach der beabsichtigten Kündigung des Verfügungsklägers mit Schreiben vom 29.08.2007 (u. a. Anl. A5, Bl. 29 d. A) insbesondere mit der Begründung, dass es sich nicht um eine Teilbetriebsschließung, sondern lediglich die Kündigung mehrerer Mitarbeiter des Betriebes gehandelt habe und deshalb der besondere Kündigungsschutz nach § 15 KSchG für das Betriebsratsmitglied weiter bestehe, der Verfügungskläger auch in anderen Bereichen der Niederlassung München eingesetzt hätte werden können – ein anderer Mitarbeiter (Herr B.), der mit dem Verfügungskläger vergleichbar sei, unberechtigt besser als dieser gestellt sei –, und weiter der Verfügungskläger nach einer Einarbeitung bzw. Schulung auch andere Tätigkeiten im Bereich Consulting übernehmen könne.
Wegen des unstreitigen Sachverhalts im Übrigen und des streitigen Vorbringens sowie der Anträge der Parteien im Ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand des angefochtenen Endurteils des Arbeitsgerichts München vom 17.12.2007, das den Prozessbevollmächtigten des Verfügungsklägers am 07.01.2008 und den Prozessbevollmächtigten der Verfügungsbeklagten am 03.01.2008 zugestellt wurde, Bezug genommen, mit dem dieses dem Antrag des Verfügungsklägers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Weiterbeschäftigung im wesentlichen und mit der Begründung stattgegeben hat, dass ihm aufgrund des noch den Anforderungen des § 102 Abs. 3 Nr. 1 BetrVG genügenden Widerspruchs des Betriebsrats ein Weiterbeschäftigungsanspruch nach § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG zustehe – weshalb das Bestehen auch eines allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruches offen bleiben könne –, und der Verfügungsgrund sich bereits aus der gesetzlichen Regelung selbst ergebe, da dem Verfügungskläger das Abwarten einer Hauptsacheentscheidung nicht zugemutet werden könne – der Verfügungsgrund lediglich insoweit fehle, als die Weiterbeschäftigung zu einem bestimmten Monatsgehalt nebst Privatnutzung eines Dienstwagens und einer Jahresprämie begehrt werde, was im Hauptsacheverfahren geklärt werden könne –. Der Hilfsantrag der Verfügungsbeklagten auf Entbindung von einer Weiterbeschäftigungspflicht gemäß § 102 Abs. 5 Satz 2 BetrVG sei unbegründet, weil sie die bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung hierzu allein geltend gemachten Gründe nach Nr. 2 dieser Regelung nicht hinreichend substantiiert dargelegt und glaubhaft gem...