Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitnehmerüberlassung. Widerspruch. Betriebsrat. Einstellung. Zustimmungsverweigerung des Betriebsrates bei Besetzung von Dauerarbeitsplätzen mit Leiharbeitnehmern
Leitsatz (amtlich)
1. Die Arbeitnehmerüberlassung durch eine konzerneigene oder unternehmenszugehörige Personaldienstleistungsgesellschaft verstößt nicht gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz.
2. Der Betriebsrat kann in derartigen Fällen der Besetzung von Dauerarbeitsplätzen mit Leiharbeitnehmern die Zustimmungsverweigerung nicht auf § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG stützen.
3. Die Beschäftigung von Stammbelegschaft und Leiharbeitnehmern zu unterschiedlichen Bedingungen verstößt nicht gegen § 75 Abs. 1 BetrVG.
Normenkette
BetrVG §§ 75, 99, 1 Abs. 2; AÜG § 9 Nr. 2; TVG § 4 Abs. 1; GG Art. 9 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Oldenburg (Oldenburg) (Beschluss vom 15.11.2005; Aktenzeichen 1 BV 3/05) |
Tenor
Die Beschwerde des Betriebsrates gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 15. November 2005, 1 BV 3/05, wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten um die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrates zur Einstellung der Leiharbeitnehmerin T. sowie darum, ob die vorgenommene vorläufige Einstellung aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war.
Die Arbeitgeberin, Antragstellerin und Beteiligte zu 1) (im folgenden: Arbeitgeberin) ist ein Unternehmen einer Unternehmensgruppe des Verlagswesens und stellt in ihrem Betrieb in A-Stadt die XY her. Der Beschwerdeführer (im folgenden: Betriebsrat) und Beteiligter zu 2) ist der bei der Arbeitgeberin gebildete Betriebsrat. Die Arbeitgeberin ist an die Fachtarifverträge für das Zeitungs- und Druckgewerbe sowie für die Redakteure gebunden.
In der Unternehmensgruppe besteht als Zeitarbeitsunternehmen die N. Personaldienstleistungsgesellschaft mbH & Co. KG (im folgenden: Personaldienstleistungsgesellschaft). Der Personaldienstleistungsgesellschaft wurde erstmalig mit Wirkung ab 16.09.2004 die Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung von der Bundesagentur für Arbeit erteilt. Die Personaldienstleistungsgesellschaft ist tarifgebunden und wendet die Zeitarbeitstarifverträge der Gewerkschaft ver.di an. Die Leiharbeitnehmer der Personaldienstleistungsgesellschaft erhalten neben der tariflichen Vergütung nach dem Zeitarbeitstarifvertrag eine übertarifliche Zulage.
Die Arbeitgeberin bildet mit der XY Servicegesellschaft mbH & Co. KG einen gemeinsamen Betrieb, in dem 360 bis 400 Arbeitnehmer und ca. 30 bis 40 Leiharbeitnehmer beschäftigt sind.
Im Zeitraum vom 18.01. bis zum 01.02.2005 schrieb die Arbeitgeberin einen Arbeitsplatz für eine Redaktionssekretärin in Teilzeit (17,5 Stunden pro Woche) in der Lokalredaktion W. aus. Nachdem sich auf den Aushang keine geeigneten Bewerber gemeldet hatten, schaltete die Arbeitgeberin die Personaldienstleistungsgesellschaft ein, um von dort eine entsprechende Leiharbeitskraft zu erhalten.
Mit Hausmitteilung vom 21.02.2005 (Bl. 36 d. A.) beantragte die Arbeitgeberin beim Betriebsrat die Zustimmung zur Einstellung von Frau T.. Die Einstellung sollte mit Wirkung ab dem 15.03.2005 unbefristet über die Personaldienstleistungsgesellschaft erfolgen. Frau T. sollte eine Vergütung nach Gruppe 4 des Entgeltrahmentarifvertrages Zeitarbeit iGZ e. V. zuzüglich übertariflicher Zuschläge erhalten.
Mit Hausmitteilung vom 25.02.2005 verweigerte der Betriebsrat die Zustimmung zu der beabsichtigten Einstellung. Zur Begründung der Zustimmungsverweigerung führte der Betriebsrat an, die beabsichtigte Einstellung zu den genannten Bedingungen sei gesetzeswidrig. Es liege ein Verstoß gegen § 75 BetrVG vor, weil Frau T. nicht nach dem Drucktarifvertrag, sondern geringer vergütet werden solle. Die Personalplanung der Arbeitgeberin laufe darauf hinaus, Dauerarbeitsverhältnisse gemäß Branchentarifvertrag durch Leiharbeitsverhältnisse zu ersetzen, um die Regelungen der Branchentarifverträge nicht anwenden zu müssen. Darin liege ein Verstoß gegen das AÜG, das nicht dazu diene, Planstellen dauerhaft mit untertariflich bezahlten Beschäftigten zu besetzen. Ferner drohten nicht gerechtfertigte Nachteile für die Arbeitnehmer der Arbeitgeberin, wenn die Arbeitgeberin planmäßig versuche, Dauerarbeitsplätze mit Leiharbeitnehmern zu besetzen. Dadurch werde das Lohnniveau im Betrieb generell abgesenkt mit der Folge, dass die nach dem Branchentarifvertrag bezahlten Arbeitnehmer der Arbeitgeberin zunehmend unter den Druck der ungünstigeren Bedingungen gerieten. Wegen der unterschiedlichen Vergütung bei gleicher Arbeitstätigkeit werde auch der Betriebsfrieden empfindlich gestört (Bl. 34 – 36 d. A.).
Mit einem am 02.03.2005 beim Arbeitsgericht Oldenburg eingegangenen Antrag beantragte die Arbeitgeberin die Ersetzung der Zustimmung zur Einstellung der Arbeitnehmerin T..
Mit Hausmitteilung vom 07.03.2005 unterrichtete die Arbeitgeberin den Betriebsrat darüber, dass die Einstellung der Arbeitnehmerin T. zum 15.03.2005 dringend erforderlich sei. Der Ar...