Entscheidungsstichwort (Thema)
Mutwillige Klage. Vorrang Mahnverfahren vor Zahlungsklage. Erforderlichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts
Leitsatz (amtlich)
1. Ob die Erhebung einer Zahlungsklage bei unstreitigen Vergütungsansprüchen ohne Durchführung des – kostengünstigen – Mahnverfahrens mutwillig iSd § 114 ZPO ist, ist letztlich eine Frage des Einzelfalls. Jedenfalls bei drohender Verzögerungsabsicht des Schuldners kann sogleich Zahlungsklage erhoben werden.
2. Zur Frage der Erforderlichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts bei unstreitigen und rechnerisch einfach zu beziffernden Zahlungsansprüchen.
Normenkette
ZPO §§ 114, 121
Verfahrensgang
ArbG Hannover (Beschluss vom 02.12.2008; Aktenzeichen 7 Ca 471/08) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 02.12.2008 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Hannover vom 21.11.2008, 7 Ca 471/08, teilweise abgeändert.
2. Der Klägerin wird Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Gerichtsverfahrens bewilligt. Von der Festsetzung einer Ratenzahlung wird abgesehen.
3. Soweit die Klägerin die Beiordnung eines Prozessbevollmächtigten beantragt, wird die sofortige Beschwerde kostenpflichtig zurückgewiesen.
4. Die Gebühr beträgt 40.00 EUR.
Tatbestand
I.
Die Klägerin begehrt für eine Zahlungsklage unter Beiordnung eines Rechtsanwaltes Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Die Klägerin war vom 01.08.2004 bei dem Beklagten als Fleischereiverkäuferin in einer 40-Stunden-Woche bei einer Stundenvergütung von 9,00 EUR brutto beschäftigt. Die monatliche Arbeitszeit betrug wiederum 172 Stunden. Die Klägerin kündigte das Arbeitsverhältnis zum 01.11.2008 fristlos. Sie verlangt mit am 05.11.2008 beim Arbeitsgericht eingegangener Klage die Monatsgehälter für die Monate September und Oktober 2008 in Höhe von je 1.548,00 brutto (172 Stunden á 9,00 EUR brutto). Die Klägerin ist verheiratet und Mutter von zwei minderjährigen Kindern. Die Monate September und Oktober 2008 waren nicht abgerechnet. Auch in den Vormonaten zahlte der Beklagte nur unregelmäßig und dann nur in bar. Er äußerte dazu, dass er kein Geld habe.
Die Klage wurde dem Beklagten am 11.11.2008 zugestellt. Bereits in der Klageschrift beantragte die Klägerin Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des unterzeichnenden Anwaltes. Die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse reichte die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten im Gütetermin vom 21.11.2008 nebst Anlagen ein.
In dem selben Termin erschien der Beklagte nicht und es erging antragsgemäss Versäumnisurteil in Höhe des Klagebetrages, welches am 25.11.2008 dem Beklagten zugestellt wurde. Ein Einspruch erfolgte nicht.
Mit Beschluss vom 21.11.2008 wies das Arbeitsgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurück und begründete dies im Wesentlichen damit, dass die Zahlungsansprüche auch im Mahnverfahren hätten geltend gemacht werden können. Die Erhebung der Zahlungsklage sei mutwillig, weil zur Durchsetzung der klägerischen Ansprüche ein anderer kostengünstigerer Weg zur Verfügung gestanden habe, der zu dem gleichen Ziel führe. Der Beschluss wurde der Klägerin am 26.11.2008 zugestellt. Hiergegen wendet sich die sofortige Beschwerde vom 02.12.2008, beim Arbeitsgericht am 03.12.2008 eingegangen. Die Beschwerde verweist u. a. darauf, dass auch eine nicht hilfsbedürftige Person in gleicher Weise prozessual vorgegangen wäre. Um die befürchtete Zahlungsverzögerung zu verhindern, sei das schnelle Erreichen eines Zahlungstitels erforderlich. Da der Mahnbescheid kein Vollstreckungstitel sei, sei er der Zahlungsklage und dem erlassenen Versäumnisurteil nicht gleichwertig. Bei einem Widerspruch gegen den Mahnbescheid sei mit einer erheblichen zeitlichen Verzögerung zu rechnen. Das Verhalten des Beklagten habe befürchten lassen, dass er alles versuche, Zeit zu gewinnen. Im Übrigen seien die Gerichtsgebühren im Mahnverfahren nur geringfügig unterschiedlich. Auch in der Rechtsantragsstelle wäre das Klageverfahren gewählt worden. Der sofortigen Beschwerde wurde gemäß Beschluss vom 02.01.2009 nicht abgeholfen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde ist zulässig, jedoch nur teilweise begründet.
1.
Die sofortige Beschwerde ist statthaft. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und daher insgesamt zulässig (§§ 78 S. 1 ArbGG, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, 127 Abs. 2 i. V. m. § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, §§ 127 Abs. 2 S. 3, 569 Abs. 2 S. 2 ZPO). Die Klägerin ist durch die Versagung der Prozesskostenhilfe nebst Anwaltsbeiordnung insgesamt beschwert, auch wenn die Gerichtskosten nach dem rechtskräftigem Versäumnisurteil vom 21.11.2008 vom Beklagten zu tragen sind.
2.
Der Klägerin ist für die Leistungsklage Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Die Klage hat hinreichende Aussicht auf Erfolg und ist nicht mutwillig, § 114 ZPO.
a)
Die Erfolgsaussichten der Klage ergeben sich aus dem arbeitsvertraglichen Anspruch der Klägerin auf die errechnete Vergütung für die Monate September und Oktober 2008. Die eingeklagten Entgeltansprüche sind auch unstreitig.
b)
Die Rechtsverfolgun...