Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensaussetzung. Bestellungsverfahren zur Einsetzung einer Einigungsstelle, Vermittlungsversuch der BA. Einsetzung einer Einigungsstelle
Leitsatz (amtlich)
1.) Eine Vermittlung durch die Bundesagentur für Arbeit kann nicht gegen den Willen eines der Betriebspartner stattfinden, wenn es um einen Interessenausgleichsversuch geht.
2.) Eine Aussetzung des Einigungsstelleneinsetzungsverfahrens bis zur Erledigung eines mit der beabsichtigten Betriebsänderung im Zusammenhang stehenden Strafverfahrens widerspricht regelmäßig dem Sinn und Zweck des Einigungsstellenverfahrens, die schnelle Wiederaufnahme der vertrauensvollen Zusammenarbeit der Betriebspartner zu gewährleisten.
Normenkette
ArbGG § 98; ZPO §§ 148-149; BetrVG § 112 Abs. 2; RL 98/59/EG Art. 2
Verfahrensgang
ArbG Hannover (Beschluss vom 18.10.2007; Aktenzeichen 8 BV 21/06) |
Tenor
Die Beschwerde des Betriebsrats und Bet. zu 2) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hannover vom 18. Okt. 2006 – 8 BV 21/06 – wird – einschließlich des hilfsweise gestellten Aussetzungsantrags – zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob zu dem Regelungsgegenstand „Abschluss eines Interessenausgleichs über die geplante Schließung von Lager und Haustischlerei” im Betrieb der Beteiligten zu 1) H1 eine Einigungsstelle einzurichten ist.
Die antragstellende Arbeitgeberin und Beteiligte zu 1) beschäftigt in ihrem in I. betriebenem Möbelhaus etwa 160 Arbeitnehmer. Antragsgegner und Beteiligter zu 2) ist der in diesem Betrieb gebildete Betriebsrat. Die Arbeitgeberin plant spätestens ab Mai 2007 sämtliche Lager- und Tischlereileistungen fremd zu vergeben. Davon sind insgesamt 15 Arbeitnehmer im Lager und 4 Arbeitnehmer in der Haustischlerei betroffen. Hierüber unterrichtete die Geschäftsleitung der persönlich haftenden Gesellschafterin der Arbeitgeberin mit Schreiben vom 17. Juli 2006 den Betriebsrat und den Wirtschaftsausschuss. Am 27. Juli 2006 fand auf Grund weiterer vom Betriebsrat und Wirtschaftsausschuss zur geplanten Betriebsänderung gestellter Fragen ein Gespräch zwischen der Geschäftsführung, dem Betriebsrat, dem Wirtschaftsausschuss und einem hinzugezogenen Gewerkschaftssekretär statt. Mit Schreiben vom 28. Juli 2006 beantwortete die Geschäftsleitung der Beteiligten zu 1) weitere Fragen des Wirtschaftsauschusses. In einem am 30. August 2006 geführten Gespräch zwischen den Beteiligten, wurde ein Interessenausgleich zu der geplanten Betriebsänderung erörtert. Dazu legte der Betriebsrat und Beteiligte zu 2) einen Entwurf eines Interessenausgleichs vor, der zum Ziel hatte allen betroffenen Arbeitnehmern anderweitige Arbeitsplätze in dem Unternehmen anzubieten. Dies lehnte der Geschäftsführer der Arbeitgeberin und Beteiligten zu 1), Dr. S., ab, weil zum einen keine freien Arbeitsplätze vorhanden seien und zum anderen die betroffenen Arbeitnehmer für Arbeitsplätze in Verwaltung und Verkauf nicht qualifiziert seien. Der Betriebsrat und Beteiligte zu 2) wies es zurück, die beabsichtigten Kündigungen über Regelungen in einem Sozialplan abzufedern und bestand auf einer Fortführung der Arbeitsverhältnisse. Daraufhin teilte die Arbeitgeberin dem Betriebsrat mit Schreiben vom 30. August 2006 mit, dass sie die Verhandlungen eines Interessenausgleichs für gescheitert ansehe und beabsichtige hierzu die Einigungsstelle anzurufen (Bl. 12 d. A.). Die widersprach der Betriebsrat und Beteiligte zu 2) mit Schreiben zum 5. September 2006 (Bl. 13 d. A.), in welchem er ausführte, dass er noch Informationsbedarf habe und den innerbetrieblichen Verhandlungsanspruch als noch nicht ausgeschöpft betrachte.
Unter dem 11. September 2006 erstattete die im Betrieb vertretene Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di gegenüber dem Geschäftsführer Dr. S. sowie dem Hausleiter Hauptmeier Strafanzeige wegen Behinderung der Betriebsratsarbeit. Zum Inhalt der Strafanzeige wird auf Bl. 21 bis 37 d. A. Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 28. September 2006 (Bl. 38 d. A.) richtete der Betriebsrat an die Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion N., ein Vermittlungsersuchen nach § 112 Abs. 2 BetrVG. Die Bundesagentur für Arbeit antwortete mit Schreiben vom 11. Oktober 2006 (Bl. 107 d. A.), dass sich der Geschäftsführer der Arbeitgeberin und Beteiligten zu 1) Dr. S. in einem Telefongespräch mit der Leiterin des Arbeitgeberservice B. dahingehend geäußert habe, dass ein Vermittlungsgespräch auf Grund der bisherigen Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat keinen Sinn mache und überdies ein Verfahren vor der Einigungsstelle in Vorbereitung sei. Ein Termin für einen Vermittlungsversuch seitens der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit in H1 wurde bisher nicht vereinbart.
Mit Beschluss vom 18. Oktober 2006 hat das Arbeitsgericht dem Antrag der Arbeitgeberin und Beteiligten zu 1) entsprochen und zum Vorsitzenden der Einigungsstelle „Abschluss eines Interessenausgleichs über die geplante Schließung von Lager und Haustischlerei” den Richter am Arbeitsgericht Celle, P., bes...