Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung des Arbeitsvertrags hinsichtlich der vereinbarten Ausschlussfrist. AGB-Auslegung. Ausschlussfrist. equal-pay. Zahlungsklagen. Ansprüche eines Leih-Arbeitnehmers auf equal-pay
Leitsatz (redaktionell)
Sind nach den Regelungen eines Arbeitsvertrags „nachfolgende Regelungen im Arbeitsvertrag” lediglich deklaratorisch, soweit sie mit den Bestimmungen der in Bezug genommenen Tarifverträge übereinstimmen und ist dies bei einer vertraglichen Ausschlussfrist nicht der Fall, weil diese länger ist als die tarifvertragliche, so ist die arbeitsvertraglich geregelte Ausschlussfrist nicht anwendbar. Ist dann der Tarifvertrag aber nichtig, so gilt keine Ausschlussfrist.
Normenkette
AÜG § 10 Abs. 4, § 9 Nr. 2; BGB § 611
Verfahrensgang
ArbG Hannover (Entscheidung vom 05.04.2011; Aktenzeichen 10 Ca 489/10) |
Nachgehend
Tenor
Unter Zurückweisung im Übrigen wird auf die Berufung der Klägerin das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 05.04.2011 - 10 Ca 489/10 - teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 17.392,23 € brutto zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz
auf 1.143,10 € brutto seit dem 01.09.2011,
auf 993,61 € brutto seit dem 01.10.2007,
auf 984,32 € brutto seit dem 01.11.2007,
auf 744,32 € brutto seit dem 01.12.2007,
auf 878,31 € brutto seit dem 01.01.2008,
auf 779,29 € brutto seit dem 01.02.2008,
auf 867,81 € brutto seit dem 01.03.2008,
auf 876,51 € brutto seit dem 01.04.2008,
auf 801,11 € brutto seit dem 01.05.2008,
auf 778,11 € brutto seit dem 01.06.2008,
auf 875,73 € brutto seit dem 01.07.2008,
auf 683,63 € brutto seit dem 01.08.2008,
auf 855,21 € brutto seit dem 01.09.2008,
auf 788,93 € brutto seit dem 01.10.2008,
auf 725,07 € brutto seit dem 01.11.2008,
auf 752,33 € brutto seit dem 01.12.2008,
auf 746,47 € brutto seit dem 01.01.2009,
auf 820,12 € brutto seit dem 01.02.2009,
auf 834,81 € brutto seit dem 01.03.2009,
auf 914,65 € brutto seit dem 01.04.2009 und
auf 548,79 € brutto seit dem 01.05.2009.
Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 16 %
und die Beklagte zu 84 % zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin macht als Leiharbeitnehmerin der Beklagten das Gehalt geltend, dass vergleichbare Arbeitnehmerinnen bei dem Entleiher erhalten hätten (equal pay).
Die 1976 geborene Klägerin hat von 09/1995 bis 07/1997 den Beruf der Kauffrau für Bürokommunikation erlernt und war als solche bei verschiedenen Arbeitgebern in der Folgezeit tätig. Wegen der Einzelheiten wird auf ihren bei der Beklagten eingereichten Lebenslauf verwiesen (Bl. 212 f. d.A.).
Mit Arbeitsvertrag vom 31.07.2007 (Bl. 14 ff. d.A.) stellte die Beklagte die Klägerin als kaufmännische Angestellte zwecks Verleihung an die H. ein. Dort war sie bis zum 20.04.2009 in der Personalverwaltung eingesetzt und insbesondere mit folgenden Aufgaben betraut:
- Allg. Personalsachbearbeitung einschließlich der Mitarbeiter- und Bewerberkorrespondenz
- Bewerbermanagement
- Zeugniserstellung
- Erstellung von Mitarbeiterausweisen
- Vorbereitung interner Stellenausschreibungen
- Erstellung des Zeitplanes für Azubi-Reportschulungen
- Datenpflege und Datenaufbereitung in SAP u. a. Steuerdaten, Pflegegelder, Beihilfen, Terminpflege
- Kontierung, Buchung und Zahlung von Seminarrechnungen
- Postbearbeitung und Postverteilung
- Bearbeitung der Ablage
Da die Beklagte für sie keine Anschlussbeschäftigung fand, kündigte sie das Arbeitsverhältnis zum 31.05.2009.
Die Klägerin erhielt Entgelt entsprechend dem Entgeltrahmentarifvertrag und dem Entgelttarifvertrag West zwischen der Tarifgemeinschaft CGZP und dem Arbeitgeberverband AMP (§ 5 Arbeitsvertrag), da die Parteien gemäß § 2 Nr. 4 Sätze 1 und 2 Arbeitsvertrag ihr Arbeitsverhältnis den fachlich einschlägigen Tarifverträgen zwischen der Tarifgemeinschaft CGZP und dem Arbeitgeberverband AMP in der jeweils gültigen Fassung unterstellt hatten. Weiter war in § 2 Nr. 4 in den Sätzen 4 bis 6 geregelt:
Soweit die nachfolgenden Regelungen mit den Bestimmungen der in Bezug genommenen Tarifverträge wörtlich übereinstimmen, dient dies der besseren Verständlichkeit dieses Vertrages; Wortlautwiederholungen tariflicher Bestimmungen sind demnach nur deklaratorisch.
Soweit die Regelungen dieses Vertrages den in Bezug genommenen Tarifverträgen derzeit oder zukünftig widersprechen sollten, gelten vorrangig die jeweils maßgeblichen tariflichen Bestimmungen.
Dies gilt nicht, soweit die Tarifverträge eine Abweichung ausdrücklich zulassen oder sich aus den Regelungen dieses Arbeitsvertrages eine für den Arbeitnehmer günstigere Regelung ergibt.
In § 13 Arbeitsvertrag war geregelt:
1. Beide Arbeitsvertragparteien können sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis nur schriftlich innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten ab Fälligkeit geltend machen.
2. Ansprüche, die nicht innerhalb dieser Frist geltend gemacht werden, sind ausgeschlossen, es sei denn, dass der Anspruchsberechtigte trotz Anwendung aller ihm nach Lage de...