Entscheidungsstichwort (Thema)

Dienstordnungsangestellte. Anwendbarkeit des Beamtenrechts für Bundes- oder Landesbeamte

 

Leitsatz (amtlich)

Für die Frage, ob es sich bei einer Ortskrankenkasse um eine bundesunmittelbare Körperschaft handelt, die verpflichtet ist, alle Versorgungs- und sonstigen Leistungen (hier: für einen ehemaligen Dienstordnungsangestellten) nach Bundesrecht zu gewähren, kommt es auf den in der Satzung festgelegten Zuständigkeitsbereich an.

Bezieht sich dieser auf ein einziges Bundesland, gilt das jeweilige Landesrecht. Das gilt auch nach einer Fusion mit einer früheren Betriebs- und Innungkkasse, die für Regionen in mehreren Bundesländern zuständig war.

 

Normenkette

GG Art. 87 Abs. 2; 2. BesVNG Art. VIII § 1

 

Verfahrensgang

ArbG Braunschweig (Urteil vom 09.03.2011; Aktenzeichen 7 Ca 552/10)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 21.01.2014; Aktenzeichen 3 AZR 947/11)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 09.03.2011 – 7 Ca 552/10 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe der an die Klägerin ab Oktober 2010 zu zahlenden Versorgungsbezüge sowie die Frage der Erbringung von Beihilfeleistungen.

Die Klägerin war seit dem 01.08.1977 bei der KRANKENKENKASSE C-Stadt als Dienstordnungsangestellte beschäftigt. Die KRANKENKENKASSE C-Stadt war seit dem 01.01.1987 bundesunmittelbarer Sozialversicherungsträger. Mit Wirkung zum 01.01.2004 fusionierte sie mit der KRANKENKENKASSE Niedersachsen zur „neuen” KRANKENKENKASSE Niedersachsen, ebenfalls einem bundesunmittelbaren Sozialversicherungsträger.

Mit Schreiben vom 05.09.1995 wurde die Klägerin mit Ablauf des 31.12.1995 in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Sie erhielt Versorgungsbezüge nach den Vorschriften für Bundesbeamte.

Zum 01.04.2010 fusionierte die KRANKENKENKASSE Niedersachsen mit der ehemaligen C. Niedersachsen zur Beklagten. Die Beklagte ist nunmehr auch zuständig für die ehemaligen Mitglieder der KRANKENKENKASSE Niedersachsen, die sich neben der Region Niedersachsen auf die Regionen Sachsen-Anhalt, Thüringen, Hamburg, Bremen, Westfalen-Lippe, Bayern und Hessen verteilen. Der Anteil der ehemaligen Mitglieder der KRANKENKENKASSE Niedersachsen an der Gesamtmitgliederzahl der Beklagten beträgt ca. 10 %. Unter dem 11.06.2010 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass nunmehr in ihrer Dienstordnung die Anwendung des Landesrechts Niedersachsen geregelt sei. Sie erhalte daher ab April 2010 Bezüge und Beihilfeleistung nach niedersächsischem Landesrecht.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, es habe sich bei der KRANKENKENKASSE Niedersachsen um eine bundesweit geöffnete Krankenkasse gehandelt. Die entsprechenden Mitglieder seien nunmehr Mitglieder der Beklagten, deren Zuständigkeitsbereich sich damit über mehr als drei Bundesländer erstrecke, so dass dementsprechend von einer bundesunmittelbaren Körperschaft und damit der Geltung des Bundesrechts auszugehen sei.

Die Klägerin hat beantragt,

  1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 100,08 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagzustellung zu zahlen.
  2. die Beklagte darüber hinaus zu verurteilen, an die Klägerin weitere 335,16 EUR netto zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagzustellung zu zahlen.
  3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, gegenüber der Klägerin Versorgungsleistungen nach Maßgabe der für Bundesbeamte geltenden Vorschriften zu erbringen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, mit der Fusion sei sie in die Rechte und Pflichten der bisherigen Krankenkassen eingetreten. Damit seien auch die bisherigen Dienstordnungen beider Träger außer Kraft getreten.

Durch Urteil vom 09.03.2011 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen. Das Urteil ist der Klägerin am 29.03.2011 zugestellt worden. Sie hat hiergegen am 29.04.2011 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 27.06.2011 am 27.06.2011 begründet.

Die Klägerin ist der Ansicht, durch die Fusion mit der KRANKENKENKASSE lebe und arbeite ein Teil der ehemaligen Mitglieder der KRANKENKENKASSE Niedersachsen im gesamten Bundesgebiet, so dass sich hieraus auch der Zuständigkeitsbereich der Beklagten ergebe. Zu Unrecht habe das Arbeitsgericht darauf abgestellt, dass lediglich einzelne Mitglieder der Krankenkasse ihren Wohnsitz möglicherweise nicht in Niedersachsen hätten und nicht jede geringfügige Überschreitung von Ländergrenzen zur Annahme einer bundesunmittelbaren Körperschaft führen müsse. Dabei verkenne das Gericht, dass hier zwei unterschiedlich strukturierte Kassenarten zusammen geführt worden seien und bei solchen Veränderungen die Frage, wie viel Kassenmitglieder ihren Wohnsitz außerhalb Niedersachsens hätten, nicht von Bedeutung sei. Ein Anspr...

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