Entscheidungsstichwort (Thema)

Forderung

 

Verfahrensgang

ArbG Stade (Teilurteil vom 17.06.1997; Aktenzeichen 1 Ca 204/97)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 21.10.1998; Aktenzeichen 5 AZR 155/98)

 

Tenor

Auf die Berufung wird das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Stade vom 17. Juni 1997 – 1 Ca 204/97 – geändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 170,66 DM brutto nebst 4 % Zinsen auf den Nettobetrag seit dem 10. März 1997 zu zahlen.

Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz darüber, ob die Beklagte dem Kläger für einen Arbeitsunfähigkeitszeitraum von fünf Tagen im Februar 1997 nicht nur einen Betrag von 682,56 DM brutto, sondern einen weiteren Betrag von 170,66 DM brutto schuldet. Bei diesem Betrag handelt es sich um die Differenz zwischen 100 und 80 v.H. des dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit zustehenden Arbeitsentgelts.

Der Kläger meint, ihm stehe nach dem auf das Arbeitsverhältnis der Parteien kraft beiderseitiger Tarifbindung anwendbaren Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer, Angestellten und Auszubildenden der Sanitär-, Heizungs-, Klima- und Klempnertechnik Niedersachsen vom 03.09.1993 (MTV) Anspruch auf Entgeltfortzahlung in Höhe von 100 % zu, während die Beklagte die Auffassung vertritt, die Höhe der Entgeltfortzahlung betrage gemäß § 4 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz nur 80 %.

Der MTV enthält u. a. folgende Bestimmungen:

§ 10 Fortzahlung des Arbeitsentgeltes im Krankheitsfall

1. Für gewerbliche Arbeitnehmer, die einen Anspruch auf Lohnfortzahlung nach § 1 und/oder § 7 des Lohnfortzahlungsgesetzes haben, berechnet sich die Lohnfortzahlung gemäß § 2 Ziff. 3 des Lohnfortzahlungsgesetzes wie folgt:

  1. Die Berechnung des fortzuzahlenden Arbeitsentgeltes richtet sich für Zeitlohnarbeiter nach § 6 Ziff. 1 a).
  2. Bei regelmäßiger Arbeitszeit ist für jeden Tag der Arbeitsunfähigkeit die Stundenzahl zugrunde zu legen, die der Arbeitnehmer bei Arbeitsfähigkeit hätte arbeiten müssen.

Im Falle der Arbeitszeitmodelle 1 c) und 1 d) sind

  • ab 01. Januar 1994 7,3 Stunden
  • ab 01. Januar 1998 7,3 Stunden
  • ab 01. Juli 1998 7,2 Stunden

täglich zu vergüten.

§ 6 Berechnungsgrundlage für Durchschnittsverdienste

1. In Fällen, in denen der Durchschnittsverdienst als Berechnungsgrundlage für die geleistete Arbeit berechnet werden muß, wird der Stundenverdienst wie folgt definiert:

a) Effektiver Stundenverdienst ist der regelmäßige tatsächliche Arbeitsverdienst.

Zur Darstellung der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im ersten Rechtszug sowie der tatsächlichen und rechtlichen Würdigung, die dieses Vorbringen dort erfahren hat, wird auf das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Stade vom 17. Juni 1997 (Bl. 39 bis 44 d.A.) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage in Höhe von 170,66 DM abgewiesen, die Kostenentscheidung dem Schlußurteil vorbehalten, den Streitwert auf 170,66 DM festgesetzt und die Berufung zugelassen.

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dem Kläger stehe kein Anspruch auf die begehrte Zahlung in Höhe von 170,66 DM brutto zu.

Nach der gesetzlichen Regelung des § 4 Abs. 1 EntgeltFG bestehe ein Entgeltfortzahlungsanspruch in Höhe von 80 %. Diesen Anspruch habe die Beklagte erfüllt. Weitergehende gesetzliche Regelungen über die Entgeltfortzahlung in Höhe von 100 % existierten nicht.

Auch aus der Regelung in § 10 MTV könne der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung von 170,66 DM herleiten. Auch diese Regelung gewähre keinen über 80 % hinausgehenden Entgeltfortzahlungsanspruch. Der Prozentsatz der tariflichen Entgeltfortzahlung sei in § 10 MTV nicht ausdrücklich geregelt. Eine 100%ige Entgeltfortzahlung ergebe sich auch nicht durch den Verweis auf die Regelung der §§ 1 und 7 LohnFG in § 10 MTV. Hierbei handele es sich um eine rein deklaratorische Bezugnahme auf die zum Zeitpunkt des Abschlusses des MTV geltenden Gesetzeslage.

Nach ständiger Rechtsprechung des BAG sei durch Auslegung zu ermitteln, inwieweit die Tarifvertragsparteien eine selbständige, d. h. in ihrer normativen Wirkung von der außertariflichen Norm unabhängige eigenständige Regelung hätten treffen wollen. Dieser Wille müsse im Tarifvertrag einen hinreichend erkennbaren Ausdruck gefunden haben (BAG NZA 1996 S. 539 f.) Dies werde vom BAG selbst dann verneint, wenn eine gesetzliche Regelung inhaltlich in den Tarifvertrag übernommen werde. Vielmehr verlange das BAG zumindest seit Festigung seiner Rechtsprechung mit der Entscheidung vom 28.01.1988 (AP Nr. 24 zu § 622 BGB), daß die Tarifvertragsparteien bei einer beabsichtigten normativen Regelung einen entsprechenden Hinweis auf die Eigenständigkeit der Regelung vornähmen, was in der hier streitgegenständlichen Regelung des § 10 MTV nicht der Fall sei.

Auch die Normierung einer eigenständigen Berechnungsgrundlage in § 6 MTV, auf den für die Zeitlohnarbeiter in § 10 Ziff. 1 a MTV verwiesen werde, könne zu keiner abweichenden Beurteilung führen. Bei dieser Regelung ha...

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