Entscheidungsstichwort (Thema)
Lehramtsbefähigung für Gymnasien bei Einsatz des Lehrers im Sekundarbereich I einer integrierten Gesamtschule. Eingruppierungsregelungen gem. § 12 TV-L
Leitsatz (amtlich)
In dem durch Schulgesetz und konkretisierende Erlasse im Land Niedersachsen geregelten Rahmen entspricht die Tätigkeit einer angestellten Lehrkraft, der als sog. Quereinsteiger eine Lehrbefähigung für ein Fach an Gymnasien zuerkannt wurde, und die im Sekundarbereich I einer integrierten Gesamtschule eingesetzt ist, ihrer Lehrbefähigung für Gymnasien. Sie ist nach Abschnitt 2 der Anlage EntgO-L in Entgeltgruppe 12 eingruppiert.
Leitsatz (redaktionell)
Die Lehrkraft ist in der Entgeltgruppe eingruppiert, die sich für die gesamte von ihr nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit aus den Eingruppierungsregelungen ergibt. Es kommt danach nicht auf die Bildung von Arbeitsvorgängen an.
Normenkette
TV-EntgO-L § 3; TV-Entgelt-O-L Anl. Abschn. 2; NSchG § 51 Abs. 1 S. 1; TV-L § 12
Verfahrensgang
ArbG Hannover (Entscheidung vom 26.01.2022; Aktenzeichen 1 Ca 276/21 E) |
Tenor
1. Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover - 1 Ca 276/21 E - vom 26.01.2022 wird zurückgewiesen.
2. Das beklagte Land trägt die Kosten der Berufung.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Eingruppierung der Klägerin nach der Entgeltordnung für Lehrkräfte der Länder (TV EntgeltO-L). Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht Hannover hat mit Urteil vom 26.01.22 der Klage stattgegeben und festgestellt, dass das beklagte Land verpflichtet ist, der Klägerin ab 00.00.2020 Vergütung nach Entgeltgruppe 12 TV-L zu gewähren. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei als Eingruppierungsfeststellungsklage zulässig; die Entgeltstufe sei zwischen den Parteien nicht streitig. Nach Abschnitt 2 Ziffer 2 Satz 2 und 3 der Anlage EntgeltO-L habe die Klägerin einen Anspruch auf Vergütung nach Entgeltgruppe 12 TV-L. Für die Klägerin als Lehrkraft sei nach Abschnitt 2 Ziffer 2 Satz 2 das Beamtenverhältnis zugrunde zu legen, in das sie übernommen werden könnte, wenn sie aufgrund eines einschlägigen abgeschlossenen Lehramtsstudiums die Fähigkeit zum Unterricht und den Vorbereitungsdienst abgeschlossen hätte. Die von der Klägerin als Diplom-Biologin abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulbildung sei vom beklagten Land als dem Lehramt an Gymnasien entsprechend anerkannt worden. Aufgrund dieses Studiums habe die Klägerin die fachlichen Voraussetzungen zum Unterricht in mindestens einem Schulfach. Die Qualifizierungsphase für das Lehramt habe sie erfolgreich abgeschlossen. Nach Abschnitt 2 Ziffer 2 Satz 3 der Anlage EntgeltO-L sei sie nach Entgeltgruppe 12 TV-L zu vergüten, weil eine Gymnasiallehrkraft der Besoldungsgruppe A 13 zugeordnet sei.
Irrelevant sei, dass die Klägerin in der IGS I. im Sekundarbereich I unterrichte. Nach Abschnitt 2 Vorbemerkung 2 Satz 1 und 3 sei die Lehrkraft nach der Tätigkeit eingruppiert, die mindestens zur Hälfte anfällt, wenn sie ihre Tätigkeit an verschiedenen Schulformen oder in mehreren Schulzweigen oder Klassenstufen auszuüben habe. Dies komme jedoch nicht zum Tragen, weil die integrierte Gesamtschule kein Schulzweig, sondern eine Schulform sei, die auch nicht in Schulzweige untergliedert sei (BAG 6 AZR 321/19). Auf den Abschnitt 2 Ziffer 2 Satz 2 letzter Halbsatz der Anlage EntgeltO-L komme es jedenfalls nicht an. Die Lehrkräfte in integrierten Gesamtschulen im Sekundarbereich I hätten nicht nur den Stoff von Haupt- und Realschulen, sondern auch den des Gymnasiums zu unterrichten. Dies decke sich mit der unstreitigen Praxis des beklagten Landes, wonach Gymnasiallehrkräfte in der IGS auch in der Sekundarstufe I zum Einsatz kommen. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass innerhalb der Klassenstufen der integrierten Gesamtschule stets im Unterricht eine Ausdifferenzierung erfolge. Dies beinhalte die Unterrichtung eines Teils der Schülerschaft auf gymnasialem Niveau. Die Klägerin übe also im Sekundarbereich I eine Tätigkeit als Gymnasiallehrer aus.
Gegen dieses ihm am 15.02.2022 zugestellte Urteil hat das beklagte Land am 11.03.2022 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsfrist fristgemäß am 11.05.2022 begründet.
Zur Begründung führt es aus, die tarifrechtlichen Fragen zur Auslegung des maßgeblichen Abschnitt 2 Ziffer 2 Abs. 2 der Entgeltordnung seien vom Bundesarbeitsgericht bisher noch nicht entschieden worden. Die Fragestellung betreffe ca. 380 Lehrkräfte im L. Die in dem angefochtenen Urteil wiederholt zitierte Entscheidung des BAG vom 16.07.2020 6 AZR 321/19 habe allein die Auslegung des Abschnitts 5 der EntgeltO-L betroffen. Die 4., 6., 12. und 14. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen hätten in diversen stattgebenden Verfahren die Revision nicht zugelassen. Erstmalig mit Urteilen der 8. Kammer aus Mai 2022 seien entsprechende Eingruppierungsf...