Verfahrensgang
ArbG Braunschweig (Urteil vom 15.11.1994; Aktenzeichen 1 Ca 347/94) |
Tenor
Unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 15.11.1994 – 1 Ca 347/94 – im übrigen wird festgestellt, daß die Klägerin in der Zeit vom 28.03.1994 bis 23.07.1995 Erziehungsurlaub hatte.
Die Kosten der Revision hat die Beklagte voll, von den übrigen Kosten des Rechtsstreits 9/10 zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Klägerin nach Ablauf der nachgeburtlichen Schutzfrist bis zum Ablauf des mit der Beklagten vereinbarten Sonderurlaubs oder erst im Anschluß an den Sonderurlaub Erziehungsurlaub zugestanden hat.
Die 1959 geborene Klägerin war seit dem 13.12.1978 bei der Beklagten als Verwaltungsangestellte beschäftigt. Nach dem Arbeitsvertrag der Parteien richtete sich das Arbeitsverhältnis nach dem BAT und den diesen ergänzenden, ändernden und ersetzenden Tarifverträgen.
Die Klägerin hatte nach der Geburt ihres ersten Kindes vom 22.03.1991 bis zum 23.07.1992 Erziehungsurlaub. Die Parteien vereinbarten in einem schriftlichen Zusatzvertrag vom 02.06.1992 einen Sonderurlaub der Klägerin für die anschließenden 3 Jahre, nämlich für die Zeit vom 24.07.1992 bis zum 23.07.1995. Nach den §§ 1 und 2 dieses Zusatzvertrags verzichteten die Parteien auf die geschuldete Arbeitsleistung und die Zahlung von Vergütung. Nach § 3 des Zusatzvertrags wurde die Zeit der Beurlaubung nicht auf die Beschäftigungs- und Dienstzeit angerechnet. In § 7 des Zusatzvertrags wurde eine vorzeitige Beendigung der Beurlaubung ausgeschlossen.
Am 31.01.1994 gebar die Klägerin ihr zweites Kind. Die Stadt … bewilligte ihr durch Bescheid vom 04.05.1994 für die Zeit vom 31.01.1994 bis 31.01.1995 Erziehungsgeld. Die Klägerin beantragte bei der Beklagten Erziehungsurlaub für die Zeit vom 01.02.1994 bis zum 31.01.1997. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 19.05.1994 mit der Begründung ab, die Klägerin sei ohnehin bis zum 23.07.1995 beurlaubt. Daran anschließend gewährte die Beklagte der Klägerin bis zum 31.01.1997 Erziehungsurlaub.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei gehalten, ihr entsprechend der Empfehlung im Gemeinsamen Runderlaß der Niedersächsischen Minister des Innern und der Finanzen vom 13.04.1994 (NdsMBl. 1994, Seite 554) anstelle des Sonderurlaubs Erziehungsurlaub zu gewähren, weil ihr der Sonderurlaub zum Zweck der Betreuung des ersten Kindes gewährt worden sei. Anderenfalls laufe ihr Anspruch auf Erziehungsurlaub für das zweite Kind ins Leere.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 01.02.1994 bis 31.01.1997 Erziehungsurlaub zu gewähren und diesen Erziehungsurlaub als Dienst-/Beschäftigungszeit anzuerkennen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 15.11.1994 der Klage stattgegeben.
Im Berufungsverfahren hat die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 15.11.1994 – 1 Ca 347/94 – abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise festzustellen, daß die Klägerin in der Zeit vom 23.03.1994 bis 23.07.1995 Erziehungsurlaub hatte.
Das Landesarbeitsgericht hat durch Urteil vom 19.12.1995 unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils und unter Zurückweisung der Berufung im übrigen festgestellt, daß die Klägerin in der Zeit vom 28.03.1994 bis 23.07.1995 Erziehungsurlaub hatte und die Kosten zu 1/10 der Klägerin und zu 9/10 der Beklagten auferlegt.
Auf die Revision der Beklagten hat das Bundesarbeitsgericht durch Urteil vom 16.07.1997 das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen aufgehoben, soweit festgestellt worden ist, daß die Klägerin in der Zeit vom 28.03.1994 bis zum 23.07.1994 Erziehungsurlaub hatte, und soweit über diesen Teil der Kosten des Rechtsstreits entschieden worden ist. Im Umfang der Aufhebung hat das Bundesarbeitsgericht den Rechtsstreit an das Landesarbeitsgericht zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, zurückverwiesen.
Im Berufungsverfahren macht die Beklagte geltend, im Falle ihrer Einwilligung in die vorzeitige Beendigung des Sonderurlaubs ergäben sich vielfältige Rechtsfolgen wie die Anrechnung der Zeit des Erziehungsurlaubs als Beschäftigungszeit und damit als Dienstzeit, daraus folgend Auswirkungen auf die Dauer der Krankenbezüge gemäß § 71 Abs. 2 BAT, Auswirkungen auf die Kündigungsfristen und den Eintritt der Unkündbarkeit gemäß § 53 BAT und zuvorderst ein Anspruch auf Zuwendung nach dem Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom 12.10.1973 bei Inanspruchnahme des Erziehungsurlaubs bis zur Vollendung des 12. Lebensmonats des Kindes. Ferner bestehe bei Arbeitsaufnahme in unmittelbarem Anschluß an einen Erziehungsurlaub im selben Kalenderjahr ein Anspruch auf Urlaubsgeld und schließlich ein Anspruch auf Sterbegeld im Todesfall während des Erziehungsurlaubs.
Die Beklagte macht ferner geltend, sie stelle in der Regel ...