Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierungssystematik im TVöD/VKA. Bestimmung des Arbeitsvorgangs als Bezugspunkt der tariflichen Eingruppierung. Einheitlicher Arbeitsvorgang bei der Tätigkeit einer Sachgebietsleiterin. Korrigierende Rückgruppierung bei neuer Bewertung der Zeitanteile eines tariflichen Heraushebungsmerkmals
Leitsatz (amtlich)
1. Die sachbearbeitenden Tätigkeiten einer Sachgebietsleiterin innerhalb des von ihr geleiteten Sachgebietes sind mit ihren Leitungstätigkeiten als ein einheitlicher Arbeitsvorgang zu qualifizieren.
2. Die Grundsätze zur Umkehr der Darlegungs- und Beweislast bei einer korrigierenden Rückgruppierung finden keine Anwendung, wenn die Arbeitgeberin der Arbeitnehmerin zwar vertrauensbildend ein Heraushebungsmerkmal in Bezug auf einen Arbeitsvorgang, der nach ihrer Auffassung ein Drittel der Gesamttätigkeit ausmacht, bestätigt hat, vom Gericht jedoch ein Neuzuschnitt des eingruppierungsrelevanten Arbeitsvorgangs vorgenommen wird, wonach dieser zumindest die Hälfte der Gesamtarbeitszeit ausmacht.
Leitsatz (redaktionell)
1. Nach § 12 Abs. 2 Sätze 1 und 2 TVöD-K/VKA ist der Beschäftigte in der Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Dies ist der Fall, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Entgeltgruppe erfüllen. Jeder Arbeitsvorgang ist als solcher zu bewerten und darf hinsichtlich der Anforderungen nicht aufgespalten werden.
2. Maßgebend für die Bestimmung des Arbeitsvorgangs ist das Arbeitsergebnis. Für die Beurteilung, ob eine oder mehrere Einzeltätigkeiten zu einem Arbeitsergebnis führen, sind eine natürliche Betrachtungsweise und die durch den Arbeitgeber vorgenommene Arbeitsorganisation ausschlaggebend. Dabei kann auch die gesamte vertraglich geschuldete Tätigkeit einen einzigen Arbeitsvorgang ausmachen.
Normenkette
EGO TVöD (VKA) 10; EGO TVöD (VKA) 11; EGO TVöD (VKA) 9b; EGO TVöD (VKA) 9c; TVöD-VKA § 12; TVöD-VKA § 13
Verfahrensgang
ArbG Hannover (Entscheidung vom 12.01.2022; Aktenzeichen 8 Ca 288/21 E) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts B-Stadt vom 12.01.2022 - - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die tarifgerechte Eingruppierung der Klägerin.
Die Klägerin ist seit dem 13.08.2014 bei der beklagten Landeshauptstadt beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung der TVöD in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) geltenden Fassung Anwendung, § 2 des Arbeitsvertrages vom 09.08.2016 (Bl. 5 der Akte).
Seit dem 17.12.2019 ist der Klägerin auf Grundlage des Änderungsvertrages vom 20.12.2019 (Bl. 8 dA) als Sachgebietsleiterin unter Eingruppierung in der Entgeltgruppe 10 EGO/TVöD-VKA für die Beklagte tätig. Die von der Klägerin zu erledigenden Tätigkeiten sind in der von der Beklagten erstellten Arbeitsplatzbeschreibung vom 31.03.2021 aufgeführt, wegen deren Einzelheiten auf Bl. 12 bis 16 dA Bezug genommen wird. Die Beklagte vergütet die Klägerin nach Entgeltgruppe 10 EGO/TVöD-VKA.
Mit Antrag vom 30.03.2021 begehrte die Klägerin von der Beklagten die Höhergruppierung in die Entgeltgruppe 11 EGO/TVöD-VKA mit Wirkung zum 01.12.2019. Diesem Begehren widersprach die Beklagte mit Schreiben vom 04.08.2021 unter Hinweis darauf, nach Überprüfung sei die Stelle der Klägerin sachgerecht nach Entgeltgruppe 10 EGO/TVöD-VKA bewertet worden (vgl. Bl. 17 dA).
Mit ihrer am 25.10.2021 beim Arbeitsgericht B-Stadt eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Höhergruppierungsbegehren in Entgeltgruppe 11 EGO/TVöD-VKA weiter.
Sie hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, dass die von ihr geschuldeten Tätigkeiten "Leitung des Sachgebiets Personal und Organisation" sowie "Personal-, Organisation-, Grundsatzangelegenheiten/Berichtswesen" einen einzigen Arbeitsvorgang im Umfang von 75% ihrer Gesamtarbeitszeit darstellen würden. Die Klägerin erfülle danach zunächst die Voraussetzungen für eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 9 b Fallgruppe 2 EGO/TVöD-VKA. Der Arbeitsvorgang erfordere gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbständige Leistungen. Die Sachgebietsleitung beinhalte die Mitarbeiterführung und Organisation des Sachgebietes sowie die fachliche Bearbeitung unterschiedlichster Themen. Die Klägerin sei zuständig für die fachliche und disziplinare Führung von 9 Mitarbeitern und verantwortlich für die Abwicklung sämtlicher personalrechtlicher Angelegenheiten, die im Sachgebiet wahrgenommen würden, sowie für die Sicherstellung der rechtskonformen Personalsachbearbeitung für ca. 105 Beschäftigte und Beamten/innen im gesamten Fachbereich. Sie trage auch die Verantwortung für die Ausschreibung und Vergabe von Leistungen für den Fachbereich nach UvGo und...