Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitszeit. Feuerwehrleute. 24-Stunden-Schicht. Bereitschaftsdienst. Bereitschaftsruhe
Leitsatz (amtlich)
1. Die in § 5 Abs. 2 MTV Chemische Industrie geregelte Bereitschaftsruhe ist Bereitschaftsdienst im Rechtssinne und damit Arbeitszeit.
2. § 5 Abs. 2 MTV enthält eine gegenüber § 5 Abs. 1 MTV eigenständige Arbeitszeitenregelung für Arbeitnehmer, die 24-Stunden-Dienste zu leisten haben.
3. Ein Verstoß gegen die Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG liegt nicht vor.
4. Die Festlegung der in Art. 22 der Richtlinie geforderten Sicherungsmaßnahmen kann aus Sachgründen am besten von den Tarifvertragsparteien geregelt werden.
Normenkette
MTV Chemische Industrie § 5 Abs. 2; Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG; ArbZG § 7 Abs. 2a
Verfahrensgang
ArbG Hannover (Urteil vom 19.08.2008; Aktenzeichen 7 Ca 152/08) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 19.08.2008, 7 Ca 152/08, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, wie viele 24-Stunden-Schichten der Kläger im Jahr arbeiten muss.
Der 1961 geborene Kläger ist seit dem 01.03.1990 bei der Beklagten als Brandmeister im Unternehmensschutz/Werksfeuerwehr beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis liegt der Arbeitsvertrag vom 10.11.1999 zu Grunde (Bl. 12 – 14 d.A.). Zuletzt bezog der Kläger eine monatliche Bruttovergütung von durchschnittlich 4.291,00 EUR.
Der Kläger wird in einem 24-Stunden-Schichtbetrieb eingesetzt, der eine Arbeitszeit von 8 Stunden, 8 Stunden Arbeitsbereitschaft und weitere 8 Stunden so genannte Bereitschaftsruhe beinhaltet. Unter dem 11.12.2005 willigte der Kläger in die Durchführung dieses Dienstes ein (Bl. 52 d.A.).
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien sind kraft beiderseitiger Tarifbindung die Tarifverträge der chemischen Industrie Niedersachsen anwendbar. Hinsichtlich der Arbeitszeit enthält der Manteltarifvertrag in § 5 folgende Regelung:
I. 1.
Für Arbeitnehmer, deren Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfange Arbeitsbereitschaft enthalten ist, kann die regelmäßige wöchentliche Gesamtarbeitszeit auf 46,5 Stunden wöchentlich (10 Stunden täglich) ausgedehnt werden. Für Lkw-Fahrer und Beifahrer darf die regelmäßige wöchentliche Gesamtarbeitszeit 45 Stunden wöchentlich (10 Stunden täglich) nicht überschreiten.
II.
Für solche Arbeitnehmer, deren höchstens 24-stündige Anwesenheitszeit im Betrieb sich unterteilt in Arbeit, Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsruhe, z.B. Angehörige der hauptberuflichen Betriebs- bzw. Werkfeuerwehr, Wach- und Feuerwehrmannschaften, Werkschutz, Kraftfahrer und Sanitätspersonal gelten folgende Regelung:
Zu der regelmäßigen täglichen 8-stündigen Arbeitszeit tritt eine regelmäßige tägliche Arbeitsbereitschaft bis zu 8 Stunden und eine regelmäßige tägliche Bereitschaftsruhe von mindestens 8 Stunden.
Auf die Anwesenheitszeit im Betrieb (Arbeits-, Arbeitsbereitschaft- und Bereitschaftsruhezeit) muss regelmäßig eine Freizeit gleicher Länge folgen. Außerdem sind jährlich 35 weitere 24-stündige Freizeiten in möglichst gleichmäßiger Verteilung zu gewähren.
- Während der nach Ziffer 1 zulässigen Arbeitsbereitschaftszeit darf der Arbeitnehmer zusätzlich zu der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit nach Ziffer 1 bis zu drei Stunden nur zu solchen Arbeitsleistungen herangezogen werden, die in den betrieblichen Aufgabenbereich der oben genannten Arbeitnehmergruppen fallen oder ihm durch schriftlichen Arbeitsvertrag übertragen wurden. Entstehen Zweifel über den betrieblichen Aufgabenbereich, so sollen Arbeitgeber und Betriebsrat ihn gemeinsam klären.
Beginnt die 24stündige Anwesenheitszeit im Betrieb mit der Frühschicht, so ist die Bereitschaftsruhe im Anschluss an Arbeits- und Arbeitsbereitschaftszeiten zu gewähren; Arbeitgeber und Betriebsrat können etwas anderes vereinbaren.
Die Bereitschaftsruhe dient grundsätzlich der Erholung; sie setzt ausreichende Ruhemöglichkeiten voraus und ist grundsätzlich zusammenhängend zu gewähren; während der Bereitschaftsruhe dürfen die Arbeitnehmer nur zu solchen Arbeiten eingesetzt werden, die innerhalb ihres Aufgabenbereiches unvorhergesehen erforderlich werden.
- Die Zuschläge für Nacht- und Sonntagsarbeit entfallen in den in Ziffer 1 genannten Grenzen der regelmäßigen Arbeits- und Arbeitsbereitschaftszeit. Die Zuschläge für Feiertage sind entsprechend der Regelung des § 4 I Ziffern 4 bis 6 auch für die oben genannten Arbeitnehmer zu gewähren. § 4 IV gilt entsprechend.
- Die Anforderungen des 24-Stunden-Dienstes nach § 5 II berücksichtigt die Anforderungen an den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer im Sinne des § 7 Absatz 2a ArbZG.
- Für die Durchführung des 24-Stunden-Dienstes im Sinne des § 5 II ist die schriftliche Einwilligung der Arbeitnehmer erforderlich. Hierzu wird durch Betriebsvereinbarung das notwendige Verfahren festgelegt.
III.
Für Mehrarbeit, die über die in den Abschnitten I Ziffer 1 und II zulässige Arbeits- und Arbeits...