Leitsatz (amtlich)

1. Berechnung der Annahmefrist gemäß § 147 Abs. 2 BGB bei Abschluß eines Aufhebungsvertrages.

2. Annahme eines Aufhebungsvertragsangebote als Geschäft der laufenden Verwaltung gemäß § 58 Abs. 4 NLO.

3. Zur Anfechtung wegen widerrechtlicher Drohung.

 

Normenkette

BGB § 147; NLO § 58 Abs. 2, 4, § 61 Abs. 5; BGB § 123

 

Verfahrensgang

ArbG Emden (Urteil vom 02.06.1994; Aktenzeichen 2 Ca 391/93)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Emden vom 02.06.1994, 2 Ca 391/93, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 18.744,31 DM festgesetzt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Feststellung, daß sein Arbeitsverhältnis mit dem beklagten Landkreis nicht durch Aufhebungsvertrag vom 17.07.1992 aufgelöst worden ist. Widerklagend begehrt der Beklagte Erstattung der gezahlten Vergütung für die Zeit vom 18. bis 31.07.1992.

Gemäß Arbeitsvertrag vom 03.02.1977 (Bl. 5 u. 6 d. A.) war der Kläger seit dem 01.01.1977 als Heimleiter, Vergütungsgruppe IV b BAT, beschäftigt. Er leitete ein psychatrisches Pflegeheim. Aufgrund Vollmacht konnte er über Taschengeldkonten von Heimbewohnern verfügen. Für einen Teil der Heimbewohner bestand Vermögenspflegschaft.

Der Kläger gründete mit Heimbewohnern im Mai 1991 eine „Aktiv-Gruppe”. Der Vorstand dieses nicht rechtsfähigen Vereins wurde von Heimbewohnern gebildet, der Kläger wurde Geschäftsführer. Die Aktivgruppe erhob keine Mitgliedsbeiträge, vielmehr übernahm die Gruppe den Verkauf von Kaffee, Kuchen und ähnlichen Artikeln an Heimbewohner. Diese zahlten aber nicht bar, sondern die Käufe wurden notiert und die Einzelausgaben wurden monatlich addiert von den Taschengeldkonten der Bewohner durch den Kläger abgebucht. Für den ersten Monat August 1991 erfolgte keine vollständige Erfassung der Einzelverkäufe, der Kläger buchte pauschal 100,– DM von den Taschengeldkonten als Gründungsbeitrag ab, allerdings nur von Konten der Bewohner der Stationen B und C, nicht von denen anderer Stationen. Bezug genommen wird insoweit auf die Aufstellung Anlage 1 zur Berufungserwiderung, Bl. 155 bis 157 d. A. Der Kläger führte für die Aktivgruppe ein gesondertes Konto, auf das er auch den Bestand einer Freizeitkasse mit 2.627,– DM einzahlte. Er führte die Vereinsgeschäfte in seiner Wohnung und ließ sich von der Gruppe einen Telefonanschluß, Telefaxanschluß und Telefaxgerät bezahlen.

Ab 15.06.1992 war der Kläger arbeitsunfähig, seine Vertretung entdeckte die finanziellen Geschäfte zugunsten der Aktivgruppe. In der Folgezeit kam es zu mehreren Gesprächen zwischen dem Kläger und seinem Vorgesetzten, Kreisoberamtsrat …, über den Komplex Aktivgruppe. Das letzte dieser Gespräche fand am 17.07.1992 statt. Nach Darstellung des Klägers hat Herr … dieses Gespräch damit eröffnet, ihm sei erst jetzt der strafrechtliche Aspekt der ganzen Angelegenheit aufgegangen. Sofort anschließend habe er ihn gefragt, wie er sich die weitere Zukunft vorstelle. Er, der Kläger, habe geantwortet, er wisse nicht, welche Möglichkeiten er habe, wenn er wieder auf dem Posten sei. Herr … habe entgegnet, diese Möglichkeit habe er nicht mehr. Auf die Frage, welche Möglichkeit er denn habe, habe Herr … erklärt, daß er die einvernehmliche Auflösung des Anstellungsvertrages beantragen könne, eine andere Möglichkeit habe er nicht. Nach Darstellung des Beklagten hat der Kläger von sich aus ohne Einflußnahme durch Herrn … den Entschluß zur Aufhebung des Arbeitsverhältnisses gefaßt.

Der Kläger unterschrieb daraufhin den Aufhebungsvertrag vom 17.07.1992 (Bl. 7 d. A.) und unterzeichnete außerdem das an den Oberkreisdirektor gerichtete und ebenfalls im Rahmen des Gesprächs erstellte Schreiben vom 17.07.1992. Auf dessen Inhalt, Bl. 159 d. A. wird Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 20.07.1992 (Bl. 89 f. d. A.) leitete Kreisoberamtsrat … den Aufhebungsvertrag an den Oberkreisdirektor weiter, der am 22.07.1992 sein Einverständnis erteilte. Mit Schreiben vom 22.07.1992 (Bl. 93 d. A.) teilte Herr … dem Kläger mit, der Auflösungsvertrag sei vom Oberkreisdirektor akzeptiert worden. Dieses Schreiben ging am 28.07.1992 beim Kläger ein. Mit Schreiben vom 28.07.1992 (Bl. 95 d. A.) teilte der Kläger schriftlich mit, daß er voreilig aufgrund Medikamenteneinflusses unterschrieben habe. Ein Exemplar des Aufhebungsvertrages, der auf Seiten des Beklagten vom Oberkreisdirektor unterschrieben wurde, ist den Kläger nach dem 28.07. zugesandt worden. Mit Erklärung vom 14.11.1994 hat der Landrat den Auflösungsvertrag genehmigt (Bl. 169 d. A.). Mit Klageschrift vom 17.03.1993 hat der Kläger die Anfechtung des Aufhebungsvertrages erklärt.

Der Kläger hat erstinstanzlich geltend gemacht, bei Abschluß des Aufhebungsvertrages sei er aufgrund von Medikamenteneinfluß geschäftsunfähig gewesen. Nachdem das Arbeitsgericht Geschäftsunfähigkeit nicht als bewiesen angesehen hat, macht er zweitinstanzlich Geschäftsunfähigkeit nicht mehr geltend.

Er hat vorgetragen, der Au...

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