Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksame Spätehenklausel mit Altersgrenze in einer betrieblichen Versorgungsordnung

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Spätehenklausel, die eine Altersgrenze enthält, kann nach § 10 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 AGG gerechtfertigt sein.

 

Normenkette

AGG § 10 Abs. 1, 1 S. 3 Nr. 4, § 3 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Sätze 1-2; BetrAVG § 1; BetrVG § 77

 

Verfahrensgang

ArbG Braunschweig (Entscheidung vom 14.06.2016; Aktenzeichen 8 Ca 396/15 B)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 19.02.2019; Aktenzeichen 3 AZR 219/18)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 14.06.2016 (Az.: 8 Ca 396/15 B) abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin eine betriebliche Hinterbliebenenrente zu gewähren.

Die Klägerin ist die Witwe des ehemaligen Arbeitnehmers der Beklagten, Herrn A.. Er wurde am 07.07.1922 geboren und verstarb am 11.12.2006. Zum Zeitpunkt der Eheschließung mit der Klägerin am 25.10.2000 hatte er das 63. Lebensjahr vollendet. Das Arbeitsverhältnis zur Beklagten endete am 31.07.1981. Der verstorbene Ehemann der Klägerin bezog von der Beklagten sodann eine ausschließlich arbeitgeberfinanzierte betriebliche Altersversorgung.

Für die betriebliche Altersversorgung des verstorbenen Ehemanns der Klägerin ist die Betriebsvereinbarung Nr. 6/76 vom 21.12.1976 mit dem Namen Versorgungsordnung (nachfolgend VO 1976) unstreitig anzuwenden. Auszugsweise enthält sie folgende Regelungen:

§ 1 Grundsätze der Versorgung

(1) Die Versorgung durch die C. ergänzt die Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung und umfasst

VW-Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit

(§3),

VW-Altersrente

(§4),

VW-Hinterbliebenenrente

(§5).

(2) Die Anwartschaft auf Versorgung durch die C. entsteht, wenn noch nicht 52 Jahre alte männliche oder noch nicht 49 Jahre alte weibliche Mitarbeiter ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit der C. beginnen. Die Versorgungszusage gilt zu diesem Zeitpunkt als erteilt.

(3) Tritt der Versorgungsfall wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit oder Tod eines VW-Mitarbeiters vorzeitig ein, so besteht Anspruch auf VW-Rente nur dann, wenn eine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt ist (§2).

(4) Die Höhe der VW-Rente bemisst sich

a) aus der Anzahl der Jahre des Arbeitsvertrages mit der C.

und

b) aus dem durchschnittlichen monatlichen Bruttoarbeitsentgelt in den letzten zwölf Kalendermonaten des Arbeitsverhältnisses (§6).

Entsprechend der Anzahl der Jahre (a) ergibt sich ein bestimmter Prozentsatz vom Bruttoarbeitsentgelt (b), der als VW-Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit oder als VW-Altersrente monatlich gezahlt wird (§ 7 Abs. 1). Die VW-Hinterbliebenenrente ist ein Teilbetrag hiervon (§ 7 Abs. 6).

(...)

§ 4 VW-Altersrente

(1) VW-Altersrente wird gezahlt, wenn ein VW-Mitarbeiter nach Vollendung des 65. Lebensjahres aus dem Arbeitsverhältnis mit der C. ausscheidet (= Versorgungsfall bei fester Altersgrenze).

(2) VW-Altersgrenze wird vorzeitig gezahlt, wenn ein VW-Mitarbeiter nach Vollendung des 63. - bei Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit oder bei Schwerbehinderung nach Vollendung des 60. Lebensjahres aus dem Arbeitsverhältnis mit der C. ausscheidet (= Versorgungsfall bei flexibler Altersgrenze).

(...)

§ 5 VW-Hinterbliebenenrente

(1) VW-Hinterbliebenenrente wird im Falle des Todes eines VW-Mitarbeiters (=vorzeitiger Versorgungsfall) oder im Falle des Todes eines VW-Rentners (=Versorgungsfall) gezahlt, im ersten Fall jedoch nur, wenn die Wartezeit (§ 2) erfüllt ist.

(2) Hinterbliebene sind die Witwe oder der Witwer sowie diejenigen Kinder, die zu der oder dem Verstorbenen in einem von der gesetzlichen Rentenversicherung anerkannten Kindschaftsverhältnis stehen.

(3) VW-Hinterbliebenenrente an eine Witwe oder an einen Witwer setzt voraus, dass bei der Eheschließung der verstorbene Ehemann noch nicht 63, die verstorbene Ehefrau noch nicht 60 Jahre alt war. Die Ehe muss mindestens drei Monate bestanden haben, es sei denn, dass der Tod die Folge eines nach der Eheschließung eingetretenen Unfalls war.

(4) Der Anspruch eines Witwers auf VW-Hinterbliebenenrente setzt ferner voraus, dass er Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht oder deren Voraussetzungen erfüllt.

(5) VW-Hinterbliebenenrente wird erstmals für den Monat gezahlt, der auf den Monat der letzten VW-Rente oder der letzten Zahlung aus dem Arbeitsverhältnis folgt. Der Anspruch endet mit dem Sterbemonat des Hinterbliebenen.

(...)

§ 6 Berechnungsgrundlagen für VW-Renten

(1) Berechnungsgrundlagen für VW-Renten sind die Anzahl der Jahre des Arbeitsverhältnisses mit der C. nach Absatz 2 und das durchschnittliche regelmäßige Bruttoarbeitsentgelt in den letzten zwölf vollen Kalendermonaten nach den Absätzen 3 und 4.

(...)

§ 7 Höhe der VW-Renten

(1) VW-Renten wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit und VW-Altersrente bestehen aus einem Grundbetrag von 4,4 % des nach § 6 maßgebenden Bruttoarbeitsentgelts f...

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