Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksame Spätehenklausel mit Altersgrenze in einer betrieblichen Versorgungsordnung

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Spätehenklausel, die eine Altersgrenze enthält, kann nach § 10 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 AGG gerechtfertigt sein.

 

Normenkette

AGG § 10 Abs. 1 S. 3 Nr. 4, § 3 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Sätze 1-2; BetrAVG § 1; BetrVG § 77

 

Verfahrensgang

ArbG Braunschweig (Entscheidung vom 14.06.2016; Aktenzeichen 8 Ca 403/15 B)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 19.02.2019; Aktenzeichen 3 AZR 215/18)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten und unter Zurückweisung der Anschlussberufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 14.06.2016 (Az.: 8 Ca 403/15 B) abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin eine betriebliche Hinterbliebenenrente zu gewähren.

Die am 27.03.1957 geborene Klägerin ist die Witwe des ehemaligen Arbeitnehmers der Beklagten, Herrn A.. Er wurde am 07.08.1940 geboren und verstarb am 10.02.2008. Zum Zeitpunkt der Eheschließung mit der Klägerin am 30.12.2005 hatte er somit das 62. Lebensjahr vollendet. Das Arbeitsverhältnis zur Beklagten bestand vom 01.07.1964 bis zum 31.08.2003. Seit diesem Zeitpunkt bezog er von der Beklagten eine ausschließlich arbeitgeberfinanzierte betriebliche Altersversorgung in Höhe von zunächst 2.967,03 € brutto und ab dem ersten (durch die Beklagte gebündelten) Anpassungsstichtag, dem 01.01.2007, in Höhe von 3.081,56 € brutto. Wie im Berufungsverfahren unstreitig wurde, erhöhte die Beklagte die betriebliche Altersversorgung ihrer Betriebsrentner zu den weiteren Anpassungsstichtagen am 01.01.2010 und am 01.01.2013 allgemein um 5,32 % bzw. 7,61 %.

Für die betriebliche Altersversorgung des verstorbenen Ehemanns der Klägerin ist die Betriebsvereinbarung Nr. 2/92 vom 11.12.1992 mit der Bezeichnung Versorgungsordnung I (nachfolgend VO 1992) unstreitig anzuwenden. Auszugsweise enthält sie folgende Regelungen:

§ 3

Allgemeine Leistungsvoraussetzungen

(1) Allgemeine Leistungsvoraussetzungen für eine Versorgungsleistung sind:

- die Erfüllung der Wartezeit. Die Wartezeit ist erfüllt, wenn die VW-Mitarbeiterin oder der VW-Mitarbeiter mindestens fünf Jahre ununterbrochen oder unter tarif- oder einzelvertraglicher oder betrieblich geregelter Anrechnung eines früheren Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses mit der C. in einem Arbeitsverhältnis zum Unternehmen gestanden hat.

Zeiten der Beschäftigung in einem anderen Konzernunternehmen oder des Wehrdienstes werden nach Maßgabe der §§ 25 und 26 angerechnet.

Angefangene Kalendermonate am Beginn und/oder am Ende des Arbeitsverhältnisses einschließlich der anzurechnenden Zeiten zählen als volle Monate.

- die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der C. bei oder nach Erfüllung der besonderen Leistungsvoraussetzungen.

(2) Ist der Versorgungsfall der verminderten Erwerbsfähigkeit oder des Todes die Folge eines im Rahmen des Arbeitsverhältnisses mit der C. eingetretenen anerkannten Arbeitsunfalles, gilt die Wartezeit als erfüllt. Ein Wegeunfall und eine Berufskrankheit stehen dem Arbeitsunfall gleich.

§ 4

Feste Altersgrenze

(1) Die feste Altersgrenze ist für VW-Mitarbeiterinnen und VW-Mitarbeiter mit Vollendung des 65. Lebensjahres erreicht.

Das Arbeitsverhältnis endet mit Ablauf des Monate, in dem das 65. Lebensjahr vollendet wird, ohne dass es einer Kündigung bedarf.

(2) Wird vor Vollendung des 65. Lebensjahres eine vorzeitige VW-Rente wegen Alters begehrt, weil aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung eine Altersrente in voller Höhe in Anspruch genommen wird, wird hierdurch die feste Altersgrenze nicht herabgesetzt.

(3) Wird nach Vollendung des 65. Lebensjahres das Arbeitsverhältnis mit der Volkswagen AG fortgesetzt, wird hierdurch die feste Altersgrenze nicht heraufgesetzt.

§ 5

VW-Rente wegen Alters und

vorzeitige VW-Rente wegen Alters

(1) Besondere Leistungsvoraussetzung für die VW-Rente wegen Alters ist die Vollendung des 65. Lebensjahres.

(2) Besondere Leistungsvoraussetzung für die vorzeitige VW-Rente wegen Alters ist die Inanspruchnahme einer Altersrente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung in voller Höhe vor Vollendung des 65. Lebensjahres.

(3) VW-Mitarbeiterinnen und VW-Mitarbeiter, die von der Versicherungspflicht in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung befreit sind, können frühestens nach Vollendung des 60. Lebensjahres eine vorzeitige VW-Rente wegen Alters beanspruchen.

(4) Fällt die Altersrente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung vor Vollendung des 65. Lebensjahres wieder weg oder wird sie auf eine Teilrente herabgesetzt, wird auch die vorzeitige VW-Rente wegen Alters für die Dauer des Wegfalls bzw. der Herabsetzung eingestellt, längstens bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres.

§ 6

VW-Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit

(1)

(7) VW-Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit wird in VW-Rente wegen Alters umgewandelt, wenn die vo...

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