Entscheidungsstichwort (Thema)
Zeitpunkt der Entstehung des gesetzlichen Urlaubsanspruchs. Berechnung des Urlaubsanspruchs bei Übergang von der Arbeits- in die Freistellungsphase bei einem Altersteilzeitarbeitsverhältnis im Blockmodell
Leitsatz (amtlich)
1. Der volle gesetzliche Urlaubsanspruch entsteht mit Beginn des Urlaubsjahres, wenn zu diesem Zeitpunkt die sechsmonatige Wartezeit am Anfang des Arbeitsverhältnisses (§ 4 BUrlG) erfüllt ist.
2. Ein bei Beginn des Urlaubsjahres feststehender Übergang von der Arbeits- in die Freistellungsphase bei einem Altersteilzeitarbeitsverhältnis im sogenannten Blockmodell berechtigt wegen der damit verbundenen Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten nicht zu einer Umrechnung des gesetzlichen Urlaubsanspruchs auf der Grundlage von § 3 Abs. 1 BUrlG, soweit dadurch die Anzahl der während der Vollbeschäftigung bereits erworbenen Urlaubstage gemindert wird.
3. § 7 TV ATZ ist gemäß § 134 BGB nichtig, soweit dadurch unter Verstoß gegen § 13 Abs. 1 S. 1 BUrlG der dem Arbeitnehmer zustehende gesetzliche Urlaubsanspruch gemindert wird.
4. § 7 S. 2 TV ATZ verstößt im Anwendungsbereich des TV L nicht gegen § 4 Abs. 1 TzBfG, soweit der tarifliche Mehrurlaub betroffen ist. Die Tarifvorschrift zieht für die von ihr erfassten Arbeitnehmer aus sachlichen Gründen die Kürzung des Urlaubsanspruchs vom Jahr der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf das Jahr des Wechsels von der Arbeits- in die Freistellungsphase vor, nimmt ihnen im Verhältnis zu Vollzeitbeschäftigten aber keine Urlaubsansprüche.
Normenkette
BUrlG § 13 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1; TV ATZ § 7; TV L § 26
Verfahrensgang
ArbG Hildesheim (Entscheidung vom 13.01.2016; Aktenzeichen 2 Ca 275/15 Ö) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hildesheim vom 13.01.2016 (2 Ca 275/15 Ö) teilweise abgeändert.
Es wird festgestellt, dass der Klägerin für das Urlaubsjahr 2014 noch ein Ersatzurlaubsanspruch von 10 Tagen zusteht.
Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Urlaubsansprüche im bestehenden Altersteilzeitarbeitsverhältnis.
Die am 00.00.1954 geborene Klägerin trat 1990 als vollbeschäftigte Angestellte in die Dienste des beklagten Landes, das sie als Schreibkraft im Kriminalermittlungsdienst einsetzte. Arbeitsvertraglich bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Arbeitgeber geltenden Fassung sowie nach den für diesen jeweils geltenden sonstigen Tarifverträgen.
Anfang 2009 schlossen die Parteien einen Altersteilzeitarbeitsvertrag (Bl. 14 - 16 d.A.), der eine Reduzierung der Arbeitszeit auf die Hälfte im sogenannten Blockmodell mit einer Arbeitsphase vom 01.05.2009 bis 30.04.2014 und einer Freistellungsphase vom 01.05.2014 bis 30.04.2019 vorsieht. Der Altersteilzeitarbeitsvertrag stützt sich ausdrücklich u.a. auf den Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeitarbeit (TV-ATZ) vom 05.05.1998 in der jeweils geltenden Fassung. Darin ist u.a. geregelt:
"§ 7 Urlaub
Für den Arbeitnehmer, der im Rahmen der Altersteilzeit im Blockmodell (§ 3 Abs. 2 a) beschäftigt wird, besteht kein Urlaubsanspruch für die Zeit der Freistellung von der Arbeit. Im Kalenderjahr des Übergangs von der Beschäftigung zur Freistellung hat der Arbeitnehmer für jeden vollen Beschäftigungsmonat Anspruch auf 1/12 des Jahresurlaubs."
Mit Schreiben vom 17.02.2014 (Bl. 52 d.A.) beantragte die Klägerin, "zusätzlich zur Zwölftel-Regelung für das Jahr 2014 Urlaub vom 04.03.2014 bis 31.03.2014". Dies lehnte das beklagte Land unter Hinweis auf § 7 TV-ATZ ab.
Mit der am 17.07.2015 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt.
Die Klägerin hat geltend gemacht, der volle Urlaub von 30 Tagen für das Urlaubsjahr 2014 hätte ihr während der Arbeitsphase bewilligt werden müssen. § 7 TV-ATZ verstoße gegen § 13 Abs. 1 BUrlG.
Ihr stehe nicht nur der ungekürzte gesetzliche Urlaub, sondern der volle tarifvertragliche Urlaub in Höhe von insgesamt 30 Tagen zu, da ein Regelungswille der Tarifvertragsparteien nicht erkennbar sei, zwischen gesetzlichen und tariflichen Ansprüchen zu differenzieren.
Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, dass der Klägerin für das Urlaubsjahr 2014 noch Erholungsurlaub in Höhe von 20 Tagen zusteht.
Das beklagte Land hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es hat vorgetragen, die Klägerin habe den Urlaub für die gesamte Dauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses schon in der Ansparphase erhalten. Die Quotelung im Jahr des Übergangs von der Arbeits- zur Freistellungsphase schränke den Urlaubsanspruch nicht ein, sondern passe ihn dem vereinbarten Arbeitszeitmodell lediglich an.
Das Arbeitsgericht hat mit einem der Klägerin am 27.01.2016 zugestellten Urteil vom 13.01.2016 (Bl. 84 bis 85 R d.A.), auf das wegen der Einzelheiten d...