Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorenthaltung einer Lohnerhöhung und Maßregelungsverbot nach § 612 a BGB
Leitsatz (amtlich)
Eine Benachteiligung i. S. von § 612 a BGB liegt nicht vor, wenn der Arbeitgeber eine Lohnerhöhung, die Bestandteil eines Änderungsangebotes an alle Arbeitnehmer war, nur an die Arbeitnehmer zahlt, die das Änderungsangebot angenommen haben. Es liegt auch kein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz vor, weil der Zweck der Leistung – teilweise Kompensation verlängerter Wochenarbeitszeiten ohne Lohnausgleich – die Ungleichbehandlung rechtfertigt.
Normenkette
BGB § 612a
Verfahrensgang
ArbG Osnabrück (Urteil vom 28.11.2007; Aktenzeichen 4 Ca 459/07) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 28.11.2007 – 4 Ca 459/07 – abgeändert und klarstellend wie folgt gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf EUR 588,86 für den Zeitraum vom 24.08.2007 bis zum 08.11. 2007 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche des Klägers.
Der am 00.00.1974 geborene Kläger war bei der Beklagten als Tischler zu einem Stundenlohn von 11,80 EUR brutto beschäftigt. Kraft vertraglicher Vereinbarung betrug die Arbeitszeit des Klägers 35 Wochenstunden.
Die Beklagte bot allen Arbeitnehmern in der Fertigung Anfang 2007 den Abschluss geänderter Arbeitsverträge mit Wirkung zum 01.01.2007 an. Dieses Angebot sah u. a. vor:
„Ab 01.01.2007 wird die Wochenarbeitszeit auf 40 Stunden erhöht. Für die 5 Stunden (ohne Lohnausgleich) mehr, bekommt der Mitarbeiter garantiert die freiwillige Sondervergütung des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes, auf das ohnehin kein Rechtsanspruch besteht, sowie eine einmalige Lohnerhöhung. Zusätzlich bekommt der Mitarbeiter einen festen Monatslohn, auf dem entsprechend das Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie die Lohnerhöhung gezahlt wird.”
Es folgt eine Beispielsrechnung auf der Grundlage der 35-Stunden-Woche im Vergleich mit der angebotenen Neuregelung auf der Grundlage einer 40-Stunden-Woche. Danach wird anstelle des alten Monatslohns und dem einmal jährlich ausgekehrten Urlaubs- und Weihnachtsgeld nun ein verstetigter Monatslohn unter Einbezug von Urlaubs-, Weihnachtsgeld und zweiprozentiger Lohnerhöhung gezahlt. Weiter heißt es:
„Ihr Vorteile: |
Sie behalten Ihren Lohn inkl. der freiwilligen Sonderleistungen in Form von Urlaubs- und Weihnachtsgeld und bekommen noch 2 % Lohnerhöhung. Sie bekommen das freiwillige Urlaubs- und Weihnachtsgeld fortlaufend garantiert ausgezahlt, auf das Sie ohnehin keinen Rechtsanspruch hätten und können jeden Monat mit einem gleichbleibenden Lohn rechnen, egal wieviel Arbeitstage/Urlaubstage/Kranktage und Feiertage im Monat sind.” |
Der Kläger lehnte das Angebot ab. Die Beklagte zahlte daraufhin weiter einen Stundenlohn von 11,80 EUR. Sofern der Kläger mehr als 35 Stunden arbeitete, vergütete die Beklagte dem Kläger die über die 35te Stunde hinaus geleistete Arbeitszeit ebenfalls mit einem Stundenlohn von 11,80 EUR. Eine Lohnerhöhung von 2% erhielt der Kläger im Gegensatz zu den Mitarbeitern, die das Änderungsangebot angenommen hatten, nicht.
Im Betrieb der Beklagten werden auf der Grundlage von Betriebsvereinbarungen mit dem bei ihr bestehenden Betriebsrat Schichtzulagen gezahlt. Nach der Betriebsvereinbarung vom 12.01.2007 gelten insoweit nach Ziffer 4. (zusätzliche Vereinbarungen, Schichtzuschläge etc.) folgende Regelungen:
„Nachtschicht: Für die Nachtschicht gilt eine Nachtschichtzulage von 20 % als vereinbart. In der Nachtschicht werden weiterhin die bezahlten Pausen (2 * 15 min) gewährt. Zudem bleibt es bei der Regelung, daß nach 30 geleisteten Nachtschichten der Mitarbeiter eine zusätzliche Freischicht erhält, die als zusätzlicher Urlaubstag gewertet wird/werden.
Samstagsschicht: Für die Samstagsschicht gilt eine Schichtzulage von 20 % als vereinbart.
…”
Im Einzelnen wird Bezug auf das zu den Akten gereichte Exemplar der Betriebsvereinbarung genommen (Bl. 38 d. A.).
Der Kläger arbeitete am 17.03.2007 und am 28.04.2007 in der Schicht von Freitag, 22.00 Uhr bis Samstag, 6.00 Uhr. Die Beklagte zahlte dem Kläger die Nachtschichtzulage von 20%, nicht aber einen weiteren Samstagszuschlag. Die Beklagte hat im 1. Halbjahr 2007 regelmäßig in der Zeit von Sonntag, 22.00 Uhr bis Samstag, 14.00 Uhr produziert. Die letzte wöchentliche Nachtschicht lief von Freitag, 22.00 Uhr bis Samstag, 6.00 Uhr. Es schloss sich eine weitere Schicht am Samstag an von 6.00 Uhr bis 14.00 Uhr. In der Vergangenheit wurden Zuschläge nicht kumulativ gezahlt.
Der Kläger macht mit der Klage geltend die zweiprozentige Lohnerhöhung für den Zeitraum von Januar bis Juni 2007 in unstreitiger Höhe von 253,71 EUR brutto und vertritt die Auffassung, er werde durch Vorenthaltung der Lohnerhöhung deshalb gemaßregelt i. S. von § 612a BGB, weil er die angetrag...