Entscheidungsstichwort (Thema)
Leistungsprämie im Altersteilzeitarbeitsverhältnis. Altersteilzeit. Altersteilzeit-Tarifvertrag. Gleichbehandlungsgrundsatz
Leitsatz (amtlich)
1. Der auf das Arbeitsverhältnis anwendbare Altersteilzeit-Tarifvertrag schließt einen Anspruch auf eine freiwillige Leistungsprämie nicht aus. Im Übrigen kann durch Tarifvertrag nicht in vertraglich begründete Ansprüche eingegriffen werden.
2. Es verstößt gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, in Altersteilzeit befindliche Mitarbeiter aus dem Kreis der Anspruchsberechtigten für eine Leistungsprämie auszunehmen.
Normenkette
Altersteilzeit TV §§ 7-9; TVG § 4 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Nienburg (Urteil vom 18.11.2004; Aktenzeichen 1 Ca 505/04) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Nienburg vom 18.11.2004, 1 Ca 505/05, wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird auf 1.800,31 EUR festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger, der sich seit dem 01.06.2001 in Altersteilzeit befindet, begehrt Zahlung der Leistungsprämie 2003, die die Beklagte als freiwillige Sozialleistung ihren Mitarbeitern gewährt hat.
Der 1946 geborene Kläger ist seit 1981 bei der Beklagten beschäftigt. Gemäß Vertrag vom 28.01.2001 (Bl. 4 ff. d.A.) haben die Parteien Altersteilzeit nach dem Blockmodell vereinbart mit Arbeitsphase vom 01.06.2001 bis 30.11.2003 und Freistellungsphase vom 01.12.2003 bis 31.05.2006. Im Altersteilzeitvertrag ist u.a. bestimmt, dass das tarifliche Urlaubsgeld und die tarifliche Jahresprämie jeweils auf 90 % aufgestockt werden und die Bestimmungen des Tarifvertrages zur Förderung der Altersteilzeit (Altersteilzeit-TV) Anwendung finden. Bei dem Altersteilzeit-TV handelt es sich um einen Firmentarifvertrag.
Die Beklagte zahlte neben der tariflichen Jahresprämie an ihre Mitarbeiter für 2003 wie auch in den Vorjahren eine Leistungsprämie als freiwillige Sozialleistung. Gemäß Aushang vom 23.03.2004 hat die Leistungsprämie zum Ziel, über die vertraglichen Entgeltbestandteile hinaus die Mitarbeiter am wirtschaftlichen Ergebnis des Jahres 2003 zu beteiligen. Die Leistungsprämie betrug für den Tarifbereich 100 % eines Bruttomonatsentgelts, berechnet nach dem Entgelt für den Monat Dezember 2003. In Nr. 2 Abs. 5 des Aushanges ist bestimmt:
Tarif-Mitarbeiter/innen mit denen eine Altersteilzeitvereinbarung getroffen worden ist und die sich im Jahr 2003 in der aktiven oder passiven Altersteilzeitphase befunden haben, erwerben für diesen Zeitraum – unabhängig von der Dauer der Arbeitsverpflichtung während der Aktivphase – keinen Anspruch. Sofern Tarif-Mitarbeiter/innen im Jahr 2003 unterjährig in die aktive Phase der Altersteilzeit eingetreten sind, besteht für den Zeitraum vor Beginn der Altersteilzeit ein anteiliger Anspruch.
Gemäß Abrechnung für Dezember 2003 (Bl. 35 d.A.) hatte der Kläger Anspruch auf Zahlung von 1.800,31 EUR brutto zuzüglich eines Aufstockungsbetrages in Höhe von 40 %.
Der Kläger hat erstinstanzlich Zahlung einer Leistungsprämie in Höhe von 3.420,38 EUR geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, die Nichtgewährung der Leistungsprämie an Mitarbeiter, die sich in Altersteilzeit befinden, verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und verletze § 4 Abs. 1 TzBfG.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 3.420,38 EUR nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB p.a. seit dem 01.06.2004 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, Altersteilzeitmitarbeiter und die übrigen Mitarbeiter seien nicht miteinander vergleichbar. Die Gruppe der Altersteilzeitmitarbeiter erhalte eine tarifliche Aufstockungsleistung in Höhe von 40 %, die deutlich über den gesetzlichen Anforderungen liege. Außerdem hätten die Tarifvertragsparteien in § 7 Altersteilzeit-TV die Bestandteile des Bruttoarbeitsentgelts konkretisiert und dort die tarifliche Jahresprämie aufgeführt, nicht jedoch die freiwillig gezahlte Leistungsprämie. Damit sei ein ausgewogenes Entgeltsystem geschaffen, dass die Altersteilzeitmitarbeiter nicht dikriminiere.
Das Arbeitsgericht hat die Beklagte verurteilt, an den Kläger eine Leistungsprämie in Höhe des Bruttoentgelts von 1.800,31 EUR zu zahlen. Einen weitergehenden Anspruch auf 40 % Aufstockungsleistung hat es verneint. Auf Tenor und Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils wird Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil hat nur die Beklagte Berufung eingelegt. Sie trägt vor, in § 7 des Altersteilzeit-TV seien die Arbeitsentgeltbestandteile für das Altersteilzeit-Arbeitsverhältnis aufgeführt. Nach den Vorstellungen und dem Willen der Tarifvertragsparteien handele es sich um eine abschließende Aufzählung. Zu weiteren Zahlungen, insbesondere zu freiwilligen Sonderzahlungen, habe die Beklagte nicht verpflichtet sein sollen. Man habe ein Gesamtverhandlungspaket geschnürt,...