Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtliches Gehör als Grundsatz des Rechtsstaatsprinzips. Unterschiedliche Nachtarbeitszuschläge als Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Kein Rechtfertigungsgrund für eine Ungleichbehandlung der Arbeitnehmer bei den tariflichen Zuschlägen für Nachtarbeit

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Art. 103 Abs. 1 GG sichert i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG und dem in Art. 20 Abs. 3 GG gewährleisteten Rechtsstaatsprinzip den Anspruch auf rechtliches Gehör vor Gericht und das mit ihm in Zusammenhang stehende Recht auf Gewährleistung eines wirkungsvollen Rechtsschutzes.

2. Nach den tariflichen Regelungen ist ein Zuschlag von 50 % einer Stundenvergütung für Nachtarbeit, dagegen nur 25 % einer Stundenvergütung bei Nachtarbeit im Rahmen einer dritten Wechselschicht vorgesehen. Da die Arbeitnehmer in beiden Fällen vergleichbar sind, liegt eine Ungleichbehandlung vor.

3. Zwischen der Nachtarbeit und der Arbeit in der Nachtschicht von 22.00 Uhr bis 06.00 Uhr bestehen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht, die diese Differenzierung bei der Höhe der Nachtarbeitszuschläge sachlich rechtfertigen könnten. Die Tarifvertragsparteien haben insoweit ihren Gestaltungsspielraum überschritten.

 

Normenkette

GG Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3, Art. 103 Abs. 1; BGB § 611a Abs. 2; ZPO § 138; MTV für die Brauereien in Niedersachsen/Sachsen-Anhalt/Bremen § 3 Nr. 5 Fassung: 2010-06-23, § 7 Nr. 5.3 Fassung: 2010-06-23

 

Verfahrensgang

ArbG Hannover (Entscheidung vom 27.08.2020; Aktenzeichen 2 Ca 238/19)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 15.11.2023; Aktenzeichen 10 AZR 473/21)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des ArbG Hannover vom 27.08.2020 - 2 Ca 238/19 - abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger

1. für den Monat März 2019 weitere € 261,48 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.05.2019 zu zahlen;

2. für den Monat April 2019 weitere € 174,32 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.05.2019 zu zahlen;

3. für den Monat Mai 2019 weitere € 217,90 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.05.2019 zu zahlen,

4. für den Monat Juni 2019 weitere 261,48 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.06.2019 zu zahlen;

5. für den Monat Juni 2019 weitere 217,90 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.07.2019 zu zahlen;

6. für den Monat Juli 2019 weitere 392,22 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.07.2019 zu zahlen,;

7. für den Monat August 2019 weitere 435,80 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.08.2019 zu zahlen;

8. für den Monat September 2019 weitere 217,90 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.09.2019 zu zahlen;

9. für den Monat November 2019 weitere 217,90 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24.12.2019 zu zahlen;

10. für den Monat Dezember 2019 weitere 87,16 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.01.2020 zu zahlen;

11. für den Monat Januar 2020 weitere 130,74 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.01.2020 zu zahlen;

12. für den Monat März 2020 weitere 174,32 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.03.2020 zu zahlen;

13. für den Monat März 2020 weitere 130,74 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.04.2020 zu zahlen;

14. für den Monat April 2020 weitere 217,90 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.04.2020 zu zahlen;

15. für den Monat Mai 2020 weitere 217,90 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.06.2020 zu zahlen;

16. für den Monat Juni 2020 weitere 5,45 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.07.2020 zu zahlen;

17. für den Monat Juni 2020 weitere 13,62 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.07,2020 zu zahlen;

18. für den Monat Juli 2020 weitere 46,30 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.07.2020 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Nachtarbeitszuschläge nach dem Manteltarifvertrag für die Brauereien in Niedersachsen vom 23.06.2010 für zwischen 22:00 Uhr und 6:00 Uhr geleistete Nachtarbeit in der 3. Schicht in Wechselschicht im Sinne des § 7 Ziffer 5.3 vierter Spiegelstrich des Manteltarifvertrages vom 23.06.2010 in gleicher Höhe zu gewähre...

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