Entscheidungsstichwort (Thema)
Knüpfung der Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie durch den Arbeitgeber an weitere Bedingungen. Abhängigkeit der Auszahlung einer Inflationsausgleichsprämie bzw. eines Inflationsbonus von der Zugehörigkeit der bzw. des Beschäftigten zur "active workforce"
Leitsatz (amtlich)
1. Die im Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferung über das Erdgasnetz in § 3 Nr. 11 des Einkommensteuergesetzes beschlossene Steuerfreiheit der Inflationsausgleichsprämie sieht keine Regelung vor, dass die Prämie an alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ausgezahlt werden muss.
2. Der Arbeitgeber ist grundsätzlich nicht gehindert, die Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie an weitere Bedingungen zu knüpfen.
3. Es verstößt nicht gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn ein Arbeitgeber zur weiteren Bedingung der Auszahlung einer Inflationsausgleichsprämie bzw. eines Inflationsbonus macht, dass der bzw. die Beschäftigte Teil seiner "active workforce" ist. Es ist nicht sachwidrig, eine Sonderleistung nur denjenigen Beschäftigten zukommen zu lassen, von denen sich der Arbeitgeber auch in Zukunft Arbeitsleistung erwartet bzw. erhofft, um hierfür einen Anreiz zu setzen.
Normenkette
EStG § 3 Nr. 11; BetrVG § 75 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Oldenburg (Oldenburg) (Entscheidung vom 03.08.2023; Aktenzeichen 6 Ca 136/23) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 03.08.2023 - 6 Ca 136/23 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 1.500 Euro.
Der am 00.00.0000 geborene Kläger ist am 20.11.0000 bei der Beklagten eingetreten. Am 24.04.2018 schlossen die Parteien einen Altersteilzeitvertrag, wonach das Arbeitsverhältnis am 30.09.2023 endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf. In der Zeit vom 01.10.2018 bis zum 31.03.2021 befand sich der Kläger in der Arbeitsphase der verblockten Altersteilzeit. Ab dem 01.04.2021 schloss sich die Freistellungsphase (Passivphase) an.
Bei der Beklagten gab es Vereinbarung/ Zusagen für drei Prämien: Zum einen zwei tarifliche Inflationsausgleichsprämien, von denen der Kläger unstreitig eine erhielt. Unabhängig davon und darüber hinaus lobte die Beklagte eine weitere freiwillige Prämie aus (die hier sog. A.-Inflationsausgleichsprämie).
In dem von der Beklagten und dem KBR unterzeichneten Informationsschreiben vom 09.12.2022, welches auch an den Kläger ging, heißt es hierzu:
"[...] A. wird allen bezugsberechtigten Beschäftigten - Stichtag 01.10.2022 - die A.-Inflationsausgleichsprämie von 1.500 € im Dezember 2022 auszahlen. Bezugsberechtigt sind alle A.-Beschäftigten mit Ausnahme der Praktikanten, Werkstudenten, Diplomanden, Doktoranden (ohne Entgeltbezug), Soldaten, Beschäftigte in der Passivphase der Altersteilzeit. Bezugsberechtigt sind darüber hinaus auch alle Leiharbeitnehmer, allerdings erfolgt die Auszahlung der A.-Inflationsausgleichsprämie über die Verleiher, voraussichtlich im Januar 2023. [...]"
Die Forderungen machte der Kläger mit Schreiben vom 07.02.2023 gegenüber der Beklagten geltend.
Der Kläger hat vor dem Arbeitsgericht seine Ansicht vorgebrachte, er besitze aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes einen Anspruch auf Zahlung der A.-Inflationsausgleichsprämie. Das Arbeitsverhältnis sei noch nicht beendet. Der Kläger sei so zu behandeln wie die anderen Mitarbeiter auch. Der Zweck der vom Arbeitgeber zahlbaren freiwilligen Inflationsausgleichsprämie ergebe sich aus dem mit dem "Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz" in das EStG eingefügten § 3 Nr. 11c EStG. Danach könne der Arbeitgeber zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn in der Zeit vom 26.10.2022 bis zum 31.12.2024 in Form von Zuschüssen und Sachbezügen gewährte Leistungen zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise bis zu einem Betrag von 3.000 Euro leisten. Ausweislich der zugrundeliegenden Gesetzesbegründung gehe es bei der Inflationsausgleichs-Sonderzahlung um eine Abfederung der Belastung insbesondere durch die gestiegenen Gaspreise und Verbraucherpreise. Der Kläger, als von der Prämie ausgeschlossener Mitarbeiter, sei aber von erhöhten Gas- und Verbraucherpreisen genauso betroffen wie die übrigen Mitarbeiter. Er befinde sich damit innerhalb der ausgewiesenen Zweckrichtung der Leistung und dürfe nicht ausgeschlossen werden.
Die Beklagte sei bei der Festlegung des Zwecks der Leistung nicht frei gewesen. Der Zweck sei durch den Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung vorgegeben. Es sei bei dem Erlass des § 3 Nr. 11c EStG nicht die Intention des Gesetzgebers gewesen, Personalhaltungs- oder Werbungsmaßnahmen der Arbeitgeber zu finanzieren, sondern es dem Arbeitgeber zu ermöglichen, seine Arbeitnehmer hinsichtlich der inflationsbedingten Widrigkeiten zu entlasten. Der Inflationsausgleich sei keine Treueprämie. Mitarbeiter in der Passivphase der Altersteilzeit verd...