Entscheidungsstichwort (Thema)

Bestandsschut. Unterbrechung. Lehrkräfte. Auslegung Protokollerklärung Ziff. 1 zu § 1 Abs. 1 S. 1 TVÜ-L

 

Leitsatz (amtlich)

Lehrkräfte deren Arbeitsverhältnis länger als die Dauer der Sommerferien unterbrochen ist, verlieren den Bestandsschutz in Bezug auf die Höhe der vormaligen Vergütung.

Die Tarifsystematik und teleologische Erwägungen sprechen dafür, dass mit der Protokollnotiz Ziffer 1 in der bis zum 28.02.2009 geltenden Fassung zu § 1 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-L für Lehrkräfte ein Unterbrechungszeitraum von maximal einem Monat oder der Dauer der gesamten Sommerferien unschädlich ist. Der Bestandsschutz wird durchbrochen, sobald die Dauer der Unterbrechung die Dauer der Sommerferien überschreitet.

 

Normenkette

TVÜ-L

 

Verfahrensgang

ArbG Göttingen (Urteil vom 05.11.2009; Aktenzeichen 2 Ca 42/09 E)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 18.01.2012; Aktenzeichen 6 AZR 496/10)

 

Tenor

Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichts Göttingen vom 05.11.2009 – 2 Ca 42/09 E – abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob eine ca. 9-wöchige Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin als „unschädlich” im Sinne der besitzstandswahrenden Vergütungsvorschriften des TVÜ-L anzusehen ist.

Die am 00.00.1950 geborene Klägerin war von 1970 bis 1989 in der DDR als Lehrerin mit den Fächern Deutsch und Mathematik tätig. Im Jahre 1989 siedelte die Klägerin aus der DDR nach H. in Niedersachsen um. Nach einer Beschäftigung im Kindergarten in I. war sie von 1991 bis 2003 als Lehrkraft für den B. (B.) tätig. In den Jahren 2004 und 2005 absolvierte die Klägerin in Hessen das Referendariat und war sodann seit dem 30.09.2005 mit Unterbrechungen befristet als Lehrerin im Schuldienst des Landes Niedersachsen beschäftigt.

Zum Zeitpunkt der Überleitung des BAT in den TV-L war die Klägerin im November 2006 in der Entgeltgruppe 11 in die Entwicklungsstufe 5 eingruppiert (vgl. Gehaltabrechnung für November 2006, Bl. 8 d. A.). Die Klägerin wurde zu diesem Zeitpunkt als sogenannte „Feuerwehrlehrkraft” zur Deckung kurzfristiger Personalengpässe und Unterrichtsausfälle eingesetzt.

Im zweiten Schulhalbjahr des Schuljahres 2006/07 war die Klägerin an der Förderschule in U. eingesetzt. Dieser befristete Arbeitsvertrag lief mit dem 18.07.2007 – dem letzten Schultag vor den Sommerferien – aus. Die folgenden Sommerferien endeten mit dem 29.08.2007. Am 31.08.2007 stellte die Haupt- und Realschule in G. einen Antrag auf Zuweisung einer „Feuerwehrlehrkraft”. Daraufhin fand sich die Klägerin am 14.09.2007 zu einem Auswahlgespräch beim dortigen Schulleiter ein. Nach Beteiligung des Personalrates am 18.09.2007 wurde die Klägerin mit Wirkung zum 20.09.2007 erneut als „Feuerwehrlehrkraft” – diesmal an der Haupt- und Realschule G. eingesetzt.

Die Eingruppierung erfolgte jetzt in Entgeltgruppe 11 Entwicklungsstufe 2 nach TV-L. Mit Schreiben vom 05.11.2008 erläuterte das beklagte Land diese neue Einstufung (Bl. 9 f.). Mit Mahnschreiben vom 25.11.2008 verlangten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin eine Abrechnung des Arbeitsverhältnisses ausgehend von einer Einstufung in die Entwicklungsstufe 5. Mit der am 19.01.2009 beim Arbeitsgericht Göttingen eingegangenen Zahlungsklage verfolgte die Klägerin diese Ansprüche weiter.

Die Klägerin hat vorgetragen, dass sie durch Einstufung in die Entwicklungsstufe 2 im Zeitraum von Oktober 2007 bis einschließlich 2008 Lohneinbußen in Höhe von insgesamt 11.800,28 Euro brutto erlitten habe. Die Protokollerklärung Ziffer 1 zu § 1 Abs. 1 TVÜ-L sei so zu verstehen, dass bei Lehrkräften eine Unterbrechung für die Dauer der Sommerferien zuzüglich eines Monates unschädlich sei. Unter dem Gesichtspunkt des Bestandsschutzes könne sie daher auch ab September 2007 eine Einstufung und Bezahlung nach der Entwicklungsstufe 5 der Entgeltgruppe 11 verlangen. Die Klägerin hat beantragt,

  1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin rückständige Arbeitsvergütung in Höhe von 11.800,28 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz für einen Betrag in Höhe von 565,80 Euro ab dem 01.11.2007, für einen weiteren Betrag in Höhe von 565,80 Euro ab dem 01.12.2007, für einen weiteren Betrag in Höhe von 565,80 Euro ab dem 01.01.2008, für einen weiteren Betrag in Höhe von 623,15 Euro ab dem 01.02.2008, für einen weiteren Betrag in Höhe von 621,45 Euro ab dem 01.03.2008, für einen weiteren Betrag in Höhe von 930,61 Euro ab dem 01.04.2008, für einen weiteren Betrag in Höhe von 930,61 Euro ab dem 01.05.2008, für einen weiteren Betrag in Höhe von 930,61 Euro ab dem 01.06.2008, für einen weiteren Betrag in Höhe von 930,61 Euro ab dem 01.07.2008, für einen weiteren Betrag in Höhe von 288,94 Euro ab dem 01.08.2008, für einen weiteren Betrag in Höhe von 969,38 Euro ab dem 01.09.2008, für einen weiteren Betrag in Höhe von 969,38 Euro ab dem 01.10.2008, für einen weiteren Betrag in Höhe von 9...

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