Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung einer ausgebildeten Lehrkraft an Gymnasien bei Unterricht an einer Integrierten Gesamtschule. Eingruppierungsrechtliche Wertigkeit des Unterrichts am Gymnasium und an der Integrierten Gesamtschule

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Lehrkraft mit der Ausbildung von Lehrkräften an Gymnasien, die an der Integrierten Gesamtschule unterrichtet, ist in Entgeltgruppe 13 nach Abschnitt 5 Ziffer 1 Abs. 1 und 2 TV EntgO-L eingruppiert.

Die von ihr zu erbringenden Tätigkeiten entsprechen im erforderlichen Umfang und einer eingruppierungsrechtlichen Wertigkeit derjenigen von Lehrkräften an Gymnasien. Auch beim Unterricht in der Sekundarstufe der IGS fällt in rechtlich nicht ganz unerheblichem Ausmaß Unterrichtsstoff an, der Schülern an Gymnasien unterrichtet wird und ohne den ein sinnvolles Arbeitsergebnis nicht erzielt würde.

 

Normenkette

NSchG § 51; TV EntgO-L §§ 12-13

 

Verfahrensgang

ArbG Braunschweig (Entscheidung vom 23.05.2018; Aktenzeichen 7 Ca 62/18 E)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 16.07.2020; Aktenzeichen 6 AZR 321/19)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 23. Mai 2018 - 7 Ca 62/18 E - abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das beklagte Land verpflichtet ist, der Klägerin rückwirkend ab 31. Juli 2017 bis zum 9. September 2018 Entgelt nach der Entgeltgruppe 13 TV-L zu gewähren nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf die monatlichen Bruttodifferenzbeträge ab jeweiliger monatlicher Fälligkeit, frühestens ab dem 24. Februar 2018.

2. Das beklagte Land trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten noch über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin nach den Regelungen des TV-L.

Die Klägerin erwarb in der Deutschen Demokratischen Republik den akademischen Grad einer Diplom-Lehrerin in den Fächern Deutsch und Kunst. Die Ausbildung befähigt sie, auch in der Oberstufe zu unterrichten. Mit Erlass vom 30. August 2013 (Bl. 111 d.A.) stellte das Niedersächsische Kultusministerium die Gleichwertigkeit des Studienabschlusses mit der Lehrbefähigung für das Lehramt an Gymnasien fest. Nach Tätigkeiten im Inland und im Auslandsschuldienst arbeitete die Klägerin mehrfach befristet, zuletzt vom 8. September 2014 bis zum 31. Juli 2016 im niedersächsischen Schuldienst. Vom 1. August 2016 bis zum Ende des Schuljahres 2016/17 arbeitete sie in H..

Am 31. Juli 2017 schlossen die Parteien einen Arbeitsvertrag, nach dem die Klägerin ab 31. Juli 2017 zunächst befristet bis zum 30. Juli 2019, inzwischen unbefristet, in Vollzeit als Lehrkraft beschäftigt wird. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft beiderseitiger Tarifbindung der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) Anwendung. Die Eingruppierung beruht auf dem Tarifvertrag über die Eingruppierung und die Entgeltordnung für die Lehrkräfte der Länder vom 28. März 2015 in der Fassung des Änderungstarifvertrages Nr. 2 vom 17. Februar 2017 (im Folgenden: TV EntgO-L), dessen § 12 Abs. 1 Satz 1 bestimmt, dass sich die Eingruppierung der Lehrkraft nach den Eingruppierungsregelungen der Entgeltordnung Lehrkräfte (Anlage zum TV EntgO-L) richtet, bezogen auf die Klägerin nach Abschnitt 5.

Die Klägerin erhielt zunächst Vergütung aus Entgeltgruppe 10 (§ 4 des Arbeitsvertrages). Mit Schreiben vom 27. Oktober 2017 machte sie Vergütung nach Entgeltgruppe 13 TV-L, mindestens nach Entgeltgruppe 11 TV-L, geltend. Seit dem 23. November 2017 wird sie nach Entgeltgruppe 11 TV-L vergütet, was in einer Änderungsvereinbarung festgehalten ist.

Die Klägerin arbeitet im Sekundarbereich I (fünfte bis zehnte Klasse) einer Integrierten Gesamtschule (im Folgenden: IGS). Dort werden die Schüler bis zur siebten Klasse im Klassenverband unterrichtet. Allerdings findet eine sogenannte Binnendifferenzierung statt, d. h.: Klassenarbeiten werden mit unterschiedlichen Niveaus angeboten. Die Schüler entscheiden selbst, welche Aufgaben sie bearbeiten; eine Kombination der Aufgabenstellung ist möglich. Ab Klasse acht werden die Fächer Englisch, Deutsch und Mathematik in ein Grund- und ein Erweiterungsniveau aufgeteilt. Ab der neunten Klasse wird in dieser Weise auch in den Naturwissenschaften differenziert. Der erweiterte Sekundarabschluss I verlangt eine Mindestteilnahme an Erweiterungskursen; ebenfalls ist die Bewertung von Bedeutung. Eine Oberstufe wurde in der IGS erst ab dem Schuljahr 2018/2019 errichtet. Ab diesem Zeitpunkt wird die Klägerin im Oberstufenbereich eingesetzt und erhält Vergütung aus Entgeltgruppe 13 TV-L.

Seit etwa zwei Jahren gibt es eine Anweisung des Kultusministeriums in Niedersachsen, nach der für Gesamtschulen ausschließlich verbeamtete Gymnasiallehrer eingestellt werden sollen. Sie werden auf Planstellen für Lehrkräfte mit gymnasialer Lehrbefähigung eingestellt und aus Besoldungsgruppe A 13 besoldet. Hintergrund ist ein Mangel an Haupt- und Realschullehrern. Vor der Anweisung wurden an diesen Schulen Lehrkräfte beider Bereiche e...

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