Entscheidungsstichwort (Thema)
Zeitlich unbegrenztes Vorbeschäftigungsverbot bei der sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverhältnissen. Unwirksame Befristung bei vierzehn Jahre zurückliegender Vorbeschäftigung
Leitsatz (amtlich)
§ 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG enthält keine zeitliche Begrenzung für das Vorbeschäftigungsverbot (entgegen BAG vom 06.04.2011, 7 AZ 716/109 und BAG vom 21.09.2011, 7 AZR 35/11).
Normenkette
TzBfG § 14 Abs. 2 S. 2; GG Art. 12 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Braunschweig (Entscheidung vom 28.09.2016; Aktenzeichen 1 Ca 160/16) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 28.09.2016, 1 Ca 160/16 abgeändert und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Befristung vom 13.10.2015 am 31.03.2016 beendet worden ist.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Folge einer Befristungsabrede zum 31.03.2016.
Der am 00.00.1964 geborene Kläger war bei der Beklagten bis 31.03.2016 befristet beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis war zunächst vom 19.05.2014 bis 30.09.2014, sodann bis 31.03.2015, dann bis 31.10.2015 befristet. Gemäß Vereinbarung zur Verlängerung des befristeten Arbeitsvertrages vom 13. Oktober 2015, unterzeichnet am 23.10.2015, wurde die Befristung nochmals bis 31.03.2016 verlängert. Mit Schreiben vom 27.10.2015 wurde der Kläger zum 1. Dezember 2015 nach erfolgter Betriebsratsanhörung als Qualitätsprüfer in die Abteilung "SzP/QMM-W" versetzt (Bl. 125 d. A.). Der Kläger erhielt eine monatliche Brutto-Vergütung in Höhe von 2.473,86 €. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie Anwendung.
Der Kläger hat eine Bescheinigung zur Sozialversicherung für eine Beschäftigung in der Zeit vom 06.04.1998 bis 31.01.1999 bei der Beklagten (Bl. 19 d. A.) sowie ein Schreiben der B. GmbH vom 21.01.1999 vorgelegt, das den Übergang seines Arbeitsverhältnisses von der Beklagten auf die B. GmbH zum damaligen Zeitpunkt bestätigt.
Mit am 15.04.2014 eingegangener Klage hat sich der Kläger gegen die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses in Folge der Befristung zum 31.03.2016 gewandt. Er hat hierzu die Auffassung vertreten, dass die Befristung gegen das Vorbeschäftigungsverbot des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG verstoße, weil er eine Vorbeschäftigung bei demselben Arbeitgeber hatte.
Der Kläger hat beantragt:
1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund der am 13.10.2015 vereinbarten Befristung am 31.03.2016 beendet worden ist.
2. Im Fall des Obsiegens dem Antrag zu 1 wird die Beklagte verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Qualitätsprüfer weiter zu beschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts berufen, wonach eine Vorbeschäftigung, die vor Ablauf von drei Jahren erfolgt sei, einer weiteren Befristung nicht entgegenstehe. Darüber hinaus hat sie darauf verwiesen, nicht aufklären zu können, ob es tatsächlich eine Vorbeschäftigungszeit gebe. Die Aufbewahrungsfristen für Arbeitsverträge seien abgelaufen. Schließlich hat sie sich auf eine Sachgrundbefristung zur krankheitsbedingten Vertretung nach § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 TzBfG berufen. Der Kläger sei zu Beginn seiner Tätigkeit im Arbeitsbereich Fertigung Leiterplatten Steuergeräte (SzP/MSP) eingesetzt worden. Dort sei mit Ablauf der Befristung zum 31.10.2015 kein Arbeitsbedarf gewesen. Weil zwei Mitarbeiterinnen längerfristig krankheitsbedingt ausgefallen seien, habe man den Kläger zur Vertretung befristet weiterbeschäftigt. Er sei auf dem Arbeitsplatz der erkrankten Mitarbeiterin E. in der Qualitätsprüfung (SzP/QMM-W694) eingesetzt worden.
Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 28.09.2016 abgewiesen und sich hierzu auf die Rechtsprechung des 7. Senats des Bundesarbeitsgerichts bezogen. Dabei hat es die Auffassung vertreten, dass jedenfalls nach Ablauf einer Zeitspanne von gut 14 Jahren seit dem Ende der Vorbeschäftigung eine Geltendmachung des damaligen Arbeitsverhältnisses als eine sogenannte Zuvorbeschäftigung im Sinne des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG wegen Zeitablaufs nach § 242 BGB verwehrt sei. Gegen das am 20.10.2016 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers Berufung eingelegt. Die am 10.11.2016 eingegangene Berufung wurde mit am 20.01.2017 eingegangenem Schriftsatz nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist gemäß Beschluss vom 20.12.2016 begründet.
Der Kläger vertritt die Auffassung, dass die Rechtsprechung des 7. Senates gegen den eindeutigen Wortlaut und Gesetzeszweck des Vorbeschäftigungsverbotes in § 14 Abs. 2 S.2 TzBfG verstoße. Die Auslegung des 7. Senates verlasse die Grenzen der zulässigen Rechtsfortbildung und sei verfassungswidrig. Das Vorliegen ein...