Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnung möglichen Verdienstes bei Änderungskündigung
Leitsatz (amtlich)
Spricht der Arbeitgeber eine Änderungskündigung aus und nimmt der Arbeitnehmer diese nicht unter Vorbehalt an und entfaltet keine Initiative, um bei seinem bisherigen Arbeitgeber zu den angebotenen geänderten Bedingungen weiterbeschäftigt zu werden, greift die Anrechnungsregelung des § 11 S. 1 Nr. 2 KSchG ein. Ein weiteres ausdrückliches Angebot zur Arbeitsaufnahme durch den Arbeitgeber ist in diesem Fall nicht erforderlich.
Normenkette
KSchG § 11 S. 1 Nr. 2; BGB § 615 S. 2
Verfahrensgang
ArbG Lingen (Urteil vom 15.04.2005; Aktenzeichen 1 Ca 727/02) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lingen vom 15.04.2005 – 1 Ca 227/02 – wird zurückgewiesen.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Lingen vom 15.04.2005 teilweise abgeändert:
Der Kläger wird auf die Widerklage der Beklagten verurteilt, an die Beklagte weitere 91.606,12 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf 23.312,03 EUR seit dem 30.11.2004 und auf weitere 68.294,09 EUR seit dem 25.02.2005 zu zahlen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger. Die erstinstanzlichen Kosten tragen der Kläger zu 90 % und die Beklagte zu 10 %.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im vorliegenden Verfahren über gegenseitige Zahlungsansprüche, insbesondere über Annahmeverzugsansprüche.
Der 1940 geborene Kläger war seit 1983 bei der Beklagten beschäftigt. Ab 01.01.1998 war ihm die Leitung der Spielbank B. übertragen. Mit Schreiben vom 24.06.1999 beförderte ihn die Beklagte zum „Spielbankleiter mit 31 Punkten”. Das monatliche Garantiegehalt betrug 10.196,50 DM.
Die Beklagte entschied im März 1999, das sogenannte „Große Spiel” in B. zu schließen und in O. neu zu eröffnen. Das Automatenspiel sollte nach wie vor in B. verbleiben. Die Parteien führten Gespräche über die künftige Vertragsgestaltung mit dem Kläger. Die Beklagte bot ihm am 18.09.2001 den Abschluss eines Dienstvertrages an, wonach er mit Wirkung vom 01.10.2000 als leitender Angestellter zum Leiter der Spielbank B. bestellt werden sollte. Der Vertrag sah eine Befristung bis zum 31.12.2003 vor. Der Kläger unterzeichnete diesen Vertrag nicht.
Im Folgenden entschloss sich die Beklagte, das Anforderungsprofil für die Stelle des Leiters der Spielbank O. zu ändern und die Stelle mit einem Diplomkaufmann zu besetzen bzw. mit einem Geschäftsführer aus dem kaufmännisch geführten Bereich. Dies teilte die Beklagte dem Kläger unter dem 21.02.2001 mit.
Mit Schreiben vom 21.08.2001 erklärte die Beklagte sodann die Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger zum 31.12.2001 und bot ihm gleichzeitig an, ab dem 01.01.2002 die Position des Leiters der Automatenspielbank B. anzunehmen. Der dem Kläger angebotene Arbeitsvertrag sah als monatliches Festentgelt einen Betrag in Höhe von 6.438,– DM vor. Der Kläger nahm das Änderungsangebot nicht unter Vorbehalt an und erhob Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Lingen (Az. 1 Ca 506/01). Mit Urteil vom 29.08.2002 stellte das Arbeitsgericht Lingen fest, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten nicht zum 31.12.2001 aufgelöst worden ist. Die hiergegen eingelegte Berufung (10 Sa 618/02) wies das Landesarbeitsgericht mit Urteil vom 28.03.2003 zurück. Eine von der Beklagten eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde blieb erfolglos.
Der Kläger war ab dem 29.10.2001 arbeitsunfähig erkrankt. Mit Schreiben vom 05.11.2001 wies die Beklagte den vom Kläger gestellten Urlaubsantrag für den Zeitraum vom 06. bis 31.12.2001 zurück. Die Arbeitsunfähigkeit des Klägers dauerte bis zum 23.06.2002 an. Urlaubsansprüche für das Jahr 2002 machte der Kläger gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 02.05.2003 geltend.
Zwischenzeitlich hatte die Beklagte gegenüber dem Kläger mit Schreiben vom 13.11.2002 und 14.11.2002 vorsorgliche ordentliche Kündigungen ausgesprochen. Das hiergegen gerichtete Klageverfahren war mit Blick auf das noch anhängige Änderungskündigungsschutzverfahren zunächst ausgesetzt worden. Nach Wiederaufnahme des Verfahrens erklärte die Beklagte mit Schriftsatz vom 27.01.2004, dass sie aus diesen Kündigungen keine Rechte mehr herleite.
Im Folgenden erbrachte die Beklagte gegenüber dem Kläger für den Zeitraum ab Juni 2002 nachträglich Vergütungszahlungen und forderte ihn wiederholt auf, die Arbeit wieder aufzunehmen. Der Kläger machte gegenüber der Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht geltend. Wegen der Einzelheiten der erfolgten Zahlungen und der Korrespondenz der Parteien wird insoweit auf die Ausführungen im Tatbestand der erstinstanzlichen Entscheidung sowie im Schriftsatz des Klägers vom 15.07.2005 (Blatt 423 bis 428 d. A.) verwiesen. Am 09.12.2004 nahm der Kläger die Arbeit wieder auf.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, ihm stehe ein Schadensersatzanspruch aus Verzug in Höhe von 13.308...