Entscheidungsstichwort (Thema)
Böswilliges Unterlassen, eine zumutbare Arbeit anzunehmen
Leitsatz (redaktionell)
Lehnt der Arbeitnehmer nach Ausspruch einer Änderungskündigung durch den Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zu geänderten Arbeitsbedingungen ab, kann hierin ein böswilliges Unterlassen der Annahme zumutbarer Arbeit liegen.
Normenkette
BGB §§ 611, 615; KSchG § 11
Verfahrensgang
ArbG Hannover (Urteil vom 04.04.2003; Aktenzeichen 5 Ca 3/03) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 4.4.2003 – 5 Ca 3/03 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Berufungsverfahren noch über Ansprüche aus Annahmeverzug, nachdem sie erstinstanzlich auch über die zum 31.12.2002 ausgesprochene außerordentliche Änderungskündigung und weitere Entgeltansprüche gestritten hatten.
Der 1948 geborene verheiratete Kläger war bei der Beklagten seit dem 1.8.1998 als Gruppenleiter zu einem durchschnittlichen Brutto-Monatsgehalt von zuletzt EUR 6.726,67 beschäftigt. Die Beklagte hatte aus wirtschaftlichen Schwierigkeiten heraus sich die Zahlung der zweiten Hälfte des 13. Monatsgehalts des Jahres 2001 und des vollen 13. Monatsgehalts des Jahres 2002 vom Kläger und anderen Mitarbeitern stunden lassen, das Gehalt für September 2002 verspätet gezahlt und die Gehaltszahlungen für Oktober bis Dezember 2002 durch einen dem Kläger am 9.1.2003 übersandten Scheck beglichen.
Der Führungskreis der Beklagten, dem der Kläger angehörte, hatte in seiner Besprechung vom 1.11.2002 festgelegt, die Gehälter der Führungskräfte in einen festen und einen variablen Anteil aufzuteilen, wobei die Möglichkeit eines Festanteils von 60 % bzw. 80 % und des variablen Anteils von 40 % bzw. 20 % diskutiert wurde. Ein Festanteil des Klägers von 60 % hätte für den Kläger ein Jahresfestgehalt von EUR 48.000,– ergeben, wobei für den flexiblen Vergütungsvorschlag ein Entwurf vom 19./27.12.2002 erarbeitet war. Die Umstrukturierung des Vergütungssystems sollte aber nicht nur der Flexibilisierung dienen, sondern stand unter der Vorgabe der Hausbank, die Personalkosten von derzeit knapp unter 70 % des Umsatzes auf unter 60 % zu senken. Weil der Kläger nur zur Flexibilisierung im Verhältnis 80 % zu 20 % bereit war, die Beklagte aber sich zur Einführung des Modells 60 % zu 40 % entschlossen hatte, sprach sie dem Kläger mit Schreiben vom 27.12.2002 die außerordentliche Änderungskündigung zum Jahresende aus, hilfsweise die fristgerechte Änderungskündigung zum 30.6.2003.
Der Kläger sprach seinerseits am 4.3.2003 eine außerordentliche Kündigung aus.
Mit seiner Änderungsklage machte der Kläger die Zahlung des 13. Gehalts aus dem Jahre 2002 sowie die vertragsmäßigen Bezüge für Januar und Februar 2003 in Höhe von jeweils EUR 6.726,67 brutto geltend.
Der Kläger hat beantragt
- festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die Kündigung vom 27.12.2002 fristlos aufgelöst wurde, sondern bis zum 4.3.2003 fortbestand;
- die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger EUR 6.140,– brutto nebst 8 % Zinsen auf EUR 3.070,– seit dem 1.6.2002 sowie 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz auf EUR 3.070,– seit dem 1.12.2002 zu zahlen;
- die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger EUR 6.726,67 brutto nebst 8 v.H. Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1.2.2003 zu zahlen;
- die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger EUR 6.726,67 brutto nebst 8 v.H. Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1.3.2003 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Änderungskündigung mit der Androhung der Hausbank begründet, die Kapitalzufuhr sofort einzustellen, falls die Personalkosten nicht sofort auf weniger als 60 % vom Umsatz reduziert werden.
Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 4.4.2003 festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 27.12.2002 nicht zum 31.12.2002 aufgelöst wurde, sondern bis zum 4.3.2003 fortbestand, und hat die Beklagte verurteilt, an den Kläger EUR 5.453,34 brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz auf EUR 2.726,67 seit dem 1.2.2003 und auf weitere EUR 2.726,67 seit dem 1.3.2003 zu zahlen und hat die weitergehende Klage abgewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand und wegen der Würdigung dieses Vorbringens auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts ergänzend Bezug genommen.
Der Kläger hat gegen dieses ihm am 15.5.2003 zugestellte Urteil am 11.6.2003 Berufung beim Landesarbeitsgericht eingelegt und diese zugleich begründet.
Der Kläger begehrt mit seiner Berufung seine vollen vertragsmäßigen Bezüge für Januar und Februar 2003 unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs, ist jedoch der Auffassung, dass er es nicht böswillig unterlassen habe, durch Fortsetzung seiner vertragsmäßigen Tätigkeit bei der Beklagten monatlich weitere EUR 4.000,– zu verdienen.
Nachdem der Kläger in seiner B...