Entscheidungsstichwort (Thema)

equal-pay. vergleichbare Arbeitnehmer. Zahlungsklage. Differenzlohnklage eines Leiharbeitnehmers aufgrund Nichtigkeit der von den Christlichen Gewerkschaften Zeitarbeit abgeschlossenen Tarifverträge. Vergütungsanspruch bei fehlender Stammbelegschaft im Aufgabengebiet des Leiharbeiters

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die einzelvertragliche Ermächtigung des Arbeitgebers, einseitig den im Arbeitsverhältnis maßgeblichen Tarifvertrag zu ändern, stellt eine unzulässige Benachteiligung des Arbeitnehmers dar und ist gem. § 308 Nr. 4 BGB unwirksam.

2. Die richtlinienkonforme Auslegung von § 10 Abs. 4 S. 1 AÜG ergibt, dass dann, wenn der Entleiherbetrieb im Aufgabengebiet des Leiharbeiters keine eigenen Stammkräfte, sondern ausschließlich Leiharbeitnehmer einsetzt, der Leiharbeitnehmer die Vergütung beanspruchen kann, die für ihn gelten würde, wenn er beim Entleiher für die gleiche Aufgabe eingestellt worden wäre.

 

Normenkette

AÜG § 10 Abs. 4, § 9 Nr. 2; BGB § 308 Nr. 8; AÜG § 10 Abs. 4 S. 1; BGB § 611 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Osnabrück (Entscheidung vom 09.05.2012; Aktenzeichen 2 Ca 343/11)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 24.09.2014; Aktenzeichen 5 AZR 254/13)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts C-Stadt vom 09.05.2012 - 2 Ca 343/11 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Entgeltansprüche aus dem Gesichtspunkt des "Equal-Pay" für den Zeitraum vom 01.01.2008 bis 30.04.2011.

Seit dem 16.07.2007 besteht zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis. Die Beklagte betreibt gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung und beschäftigt ca. 1.300 Mitarbeiter.

Grundlage des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien war zunächst der schriftliche Arbeitsvertrag vom 10.07.2007. Dieser enthält u. a. nachstehende Regelungen:

"1. Gegenstand und Bezugnahme auf Tarifvertrag

...

Absatz 5

Die Rechte und Pflichten der Parteien dieses Arbeitsvertrages bestimmen sich nach den nachstehenden Regelungen sowie nach den zwischen Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) und der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP) geschlossenen Tarifverträgen in der jeweils gültigen Fassung, derzeit bestehend aus Manteltarifvertrag (MTV), Entgeltrahmentarifvertrag (ERTV), Entgelttarifvertrag (ETV) und Beschäftigungssicherungstarifvertrag (BeschSiTV).

Absatz 6

Der Arbeitgeber ist berechtigt, durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Mitarbeiter die vorgenannten Tarifverträge jeweils für die Zukunft durch solche zu ersetzen, die von einem anderen für den Arbeitgeber zuständigen Arbeitgeberverband geschlossen wurden (Tarifwechsel kraft Inbezugnahme). In diesem Fall treten die von diesem anderen Arbeitgeberverband geschlossenen Tarifverträge hinsichtlich sämtlicher Regelungen dieses Arbeitsvertrages an die Stelle der vorgenannten Tarifverträge.

...

14. Ausschluss von Ansprüchen

Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, sind ausgeschlossen, wenn sie nicht innerhalb von 2 Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftliche geltend gemacht worden sind; dies gilt nicht, wenn die in 1. genannten Tarifverträge eine abweichende Regelung enthalten.

..."

Wegen der weiteren Einzelheiten dieses Arbeitsvertrages wird auf Blatt 76 bis 82 der Gerichtsakte Bezug genommen.

Seit Beginn des Arbeitsverhältnisses wird der Kläger einschließlich bei dem Entleihunternehmen A. als Zählerableser eingesetzt. Seine Vergütung bei der Beklagten belief sich im Jahr 2008 auf 19.079,99 € brutto, im Jahr 2009 auf 18.839,81 € brutto, im Jahr 2010 auf 19.270,96 € brutto und vom 01.01. bis 30.04.2011 auf 5.236,53 € brutto (vgl. hierzu Bl. 5 - 9 d. A.).

Die Vergütung der Stammbelegschaft der Firma A. richtet sich nach dem Manteltarifvertrag der Tarifgruppe RWE (MTV RWE), wegen dessen Inhalts auf die Fotokopien Bl. 88 - 123 d. A. Bezug genommen wird.

Mit Schreiben vom 26.04.2010 legte die Beklagte dem Kläger eine Zusatzvereinbarung vor, wonach zwischen den Parteien Einigkeit darüber bestehen solle, dass ab dem 01.01.2010 (bei späteren Eintritt ab Beginn des Arbeitsverhältnisses) auf das bestehende Arbeitsverhältnis die Tarifverträge zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) und den Einzelgewerkschaften des Christlichen Gewerkschaftsbundes (CGB) in der jeweils gültigen Fassung Anwendung finden (vgl. Bl. 8 d. A.). Der Kläger unterzeichnete diese Zusatzvereinbarung nicht.

Mit Schreiben vom 29.06.2010 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass ab dem 01.01.2010 auf das bestehende Arbeitsverhältnis die Tarifverträge zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) und den Einzelgewerkschaften des Christlichen Gewerkschaftsbundes (CGB) in der jeweils gültigen Fassung Anwendung finden (vgl. Bl. 65 d. A.).

Unter dem 28.04.2011/11.07.2011 schlossen die Parteien einen neuen Arbeitsvertr...

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