Leitsatz (amtlich)

Der § 3 des Tarifvertrages über Sonderzahlungen für die Nds. Metallindustrie hat nicht zur Anspruchs Voraussetzung, daß der Arbeitnehmer im Kalenderjahr eine Arbeitsleistung erbracht haben muß. Dieses ergibt sich weder aus dem Gesamtzusammenhang des Tarifvertrages noch aus der Tarifgeschichte.

§2 Abs. 4 des Tarifvertrages stellt lediglich eine Berechnungsvorschrift dar und stellt keine zusätzlichen Anspruchs Voraussetzungen auf. Der Berechnung sind deshalb die tatsächlich zuletzt abgerechneten drei Monate zugrunde zu legen, in denen ein Entgelt errechnet wurde. Diese Monate können gegebenenfalls auch über ein Jahr zurückliegen.

 

Normenkette

BGB § 611; MTV für d. gewerbl. AN in der Nds. Metallindustrie; TV über Sonderzahlungen für die Nds. Metallindustrie

 

Verfahrensgang

ArbG Braunschweig (Urteil vom 04.08.1993; Aktenzeichen 2 Ca 180/93)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 11.10.1995; Aktenzeichen 10 AZR 986/94)

 

Tenor

Auf die Berufung wird das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 04.08.1993, Az.: 2 Ca 180/93, teilweise abgeändert unter Zurückweisung der Berufung im übrigen.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 1.813,03 brutto nebst 4 % Zinsen auf den Nettobetrag seit dem 17.03.1993 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu 1/19, die Beklagte zu 18/19.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt mit der Klage die Zahlung der Sonderzuwendung für das Kalenderjahr 1992.

Die am … geborene Klägerin ist bei der Beklagten seit Juli 1975 als Helferin beschäftigt auf der Grundlage des Einstellungsschreibens vom 19.06.1975 (Bl. 16/17 d. A.).

Die Klägerin ist Mitglied der …, die Beklagte …

Die Bezahlung der Klägerin erfolgt gemäß § 9 a des Manteltarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer in der niedersächsischen Metallindustrie vom 18.05.1990 (MTV) im Monatsentgelt.

Die Klägerin war fortlaufend krank vom 31.10.1991 bis 13.01.1993. Die letzten vollständig abgerechneten drei Monate vor ihrer längerfristigen Erkrankung waren die Monate Mai, Juni und Juli 1991. Im Mai 1991 erhielt die Klägerin ein Gesamtbruttolohn in Höhe von 3.387,31 DM, im Juni 1991 in Höhe von 3.266,25 DM und im Juli 1991 in Höhe von 3.399,26 DM. In diesem Bruttolohn waren unter anderem enthalten die Zahlung einer Kontoführungsgebühr in Höhe von 2,50 DM sowie die Zahlung der vermögenswirksamen Leistungen durch den Arbeitgeber in Höhe von 52,00 DM.

Die Klägerin hat ihren Anspruch mit Schreiben vom 14.01.1993 in Höhe von 1.933,86 DM geltend gemacht. Die Beklagte lehnte den Anspruch mit Schreiben vom 18.01.1993 ab. Mit der am 09.03.1993 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage macht die Klägerin die Sonderzahlung gerichtlich geltend.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, daß sie für das Jahr 1992 einen Anspruch auf die Sonderzahlung habe gemäß dem Tarifvertrag über Sonderzahlungen für die niedersächsische Metallindustrie vom 27.05.1992 (TV Sonderzahlung).

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, daß sie die Anspruchsvoraussetzungen des § 2 Abs. 1 des TV Sonderzahlung erfülle. Nicht erforderlich sei, daß sie im Kalenderjahr tatsächlich Arbeitsleistung erbracht habe.

Die Höhe der Sonderzahlung richte sich nach dem Leistungsgrad in der Abteilung im Jahre 1992. Hilfsweise seien für den Berechnungszeitraum die letzten vollständig abgerechneten drei Monate zugrunde zu legen.

Die Klägerin hat beantragt.

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von DM 1.914,44 brutto nebst 4 % Zinsen auf den sich ergebenden Nettobetrag seit Klagzustellung zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, daß ein Anspruch auf Sonderzahlung dem Grunde nach nicht bestehe, da der Anspruch voraussetze, daß der Arbeitnehmer eine nicht unerhebliche Arbeitsleistung in dem Kalenderjahr erbracht habe. Die Tarifvertragsparteien hätten auch bei Abschluß des TV Sonderzahlung diese gefestigte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes bei Neuabschluß zugrunde gelegt, so daß selbst bei Änderung der Rechtsprechung dieses Tatbestandsmerkmal zu beachten sei.

Im übrigen hat die Beklagte die Auffassung vertreten, daß ein Anspruch auf Sonderzahlung bereits deshalb nicht bestehen könne, weil die Klägerin vor Auszahlung der Sonderzahlung keinen Verdienst erzielt habe, selbst im gesamten Jahr 1992 keinerlei Vergütung von der Beklagten bekommen habe. Da der Tarifvertrag bei der Berechnung aber auf die Höhe des abgerechneten Lohnes innerhalb der letzten drei Monate vor Auszahlung der Leistung abstelle, sei der Anspruch mit Null zu bewerten.

Das Arbeitsgericht Braunschweig hat durch Urteil vom 04.08.1993 die Klage abgewiesen, die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin auferlegt und den Streitwert in Höhe der Klagforderung festgesetzt.

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, daß ein Anspruch nach dem TV Sonderzahlung nicht bestehe. Es könne dahinstehen, ob grundsätzlich ein Arbeitnehmer im gesamten Jahr nicht oder nur unerheblich gearbeitet haben müsse. Der Anspruch sei bereit...

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