Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsentgelt
Leitsatz (amtlich)
Auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren ist eine Bestimmung der Einspruchsfrist gegen ein Versäumnisurteil gemäß § 339 Abs 2 ZPO erforderlich, wenn die Zustellung im Ausland oder durch öffentliche Bekanntmachung (§§ 203 ff ZPO) zu erfolgen hat.
Normenkette
ArbGG §§ 59, 46 Abs. 2; ZPO §§ 203, 339 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Bayreuth (Beschluss vom 22.12.1998; Aktenzeichen 1 Ca 1360/98) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 05.01.1999 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bayreuth vom 22.12.1998, Aktenzeichen: 1 Ca 1360/98, aufgehoben.
Gründe
Die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.
Das Arbeitsgericht Bayreuth hat im angefochtenen Beschluss den Einspruch der Beklagten gegen das Versäumnisurteil vom 14.08.1997 als unzulässig verworfen, weil die Beklagte die Einspruchsfrist gemäß § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 341 Abs. 1 ZPO, 59 Satz 1 ArbGG versäumt habe.
Für die Zustellung des Versäumnisurteils vom 14.08.1997 wurde auf Antrag der Klagepartei die öffentliche Zustellung durch Beschluss des Arbeitsgerichts Bayreuth vom 14.11.1997 bewilligt. Gemäß § 339 Abs. 2 ZPO war durch das Gericht die Einspruchsfrist entweder im Versäumnisurteil oder nachträglich durch besonderen Beschluss zu bestimmen, da die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung (§§ 203 ff ZPO) zu erfolgen hatte. Die Vorschrift des § 339 Abs. 2 ZPO gilt auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren (vgl. Germelmann/Matthes/Prütting, Arbeitsgerichtsgesetz, 2. Aufl., § 59, Rz. 33, Hauck, ArbGG, § 59, Rz. 12). Im Beschluss über die Bewilligung der öffentlichen Zustellung vom 14.11.1997 ist eine Bestimmung der Frist für den Einspruch nicht enthalten, auch nachträglich ist nicht ein besonderer Beschluss für die Einspruchsfrist ergangen. Es ergibt sich auch aus der Begründung des angefochtenen Beschlusses, dass lediglich die Wochenfrist des § 59 Satz 1 ArbGG zugrunde gelegt wurde, nicht aber die im Fall der öffentlichen Zustellung erforderliche Festsetzung der Einspruchsfrist gemäß § 339 Abs. 2 ZPO erfolgte. Unterbleibt die notwendige Fristbestimmung nach § 339 Abs. 2 ZPO, So wird das Versäumnisurteil trotz Ablaufs der regelmäßigen Einspruchsfrist, die im arbeitsgerichtlichen Verfahren gemäß § 59 Satz 1 ArbGG eine Woche beträgt, nicht rechtskräftig (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 20. Aufl., § 339, Rz. 6 unter Hinweis auf RG 63, 85).
Der Einspruch der Beklagten vom 25.11.1998, der am 26.11.1998 beim Amtsgericht in Bayreuth einging und von diesem an das Arbeitsgericht Bayreuth weitergeleitet wurde, wo er am 30.11.1998 einging, ist auch nicht etwa wegen Versäumung der Einjahresfrist gemäß § 9 Abs. 5 ArbGG verspätet. Ob § 9 Abs. 5 ArbGG auf Rechtsbehelfe anwendbar ist, ist streitig (für eine analoge Anwendung Prütting in Germelmann/Matthes/Prütting, Arbeitsgerichtsgesetz, 2. Aufl., § 9, Rz. 24 – ablehnend Matthes, a.a.O. unter § 59, Rz. 20 sowie LAG Nürnberg vom 10.05.1988, LAGE Nr. 1 zu § 59 ArbGG; desgleichen BAG vom 01.04.1980, 4 AZR 77/80, BB 1980, 1106 im Fall der Belehrung über eine Nichtzulassungsbeschwerde mit der tragenden Begründung und Aufnahme in den Leitsatz, dass die Vorschrift des § 9 Abs. 5 ArbGG 1979 auf Rechtsbehelfe nicht analog anwendbar ist). Unabhängig davon, wäre die Jahresfrist eingehalten, da nach Aushang des Versäumnisurteils vom 14.11.1997 an die Gerichtstafel die Zustellung gemäß § 206 Abs. 2 ZPO mit Ablauf des 28.11.1997 als bewirkt anzusehen war und gemäß § 222 Abs. 2 ZPO der Eingang des Schreibens der Beklagten am Montag, den 30.11.1998 rechtzeitig war. Der 28.11.1998 war nämlich ein Samstag, so dass die Jahresfrist mit Ablauf des nächsten Werktages, nämlich mit Ablauf des 30.11.1998 geendet hätte, wenn sie einschlägig wäre. Es kommt deshalb auch nicht mehr darauf an, dass im Fall der analogen Anwendung des § 9 Abs. 5 ArbGG die Rechtsbehelfsbelehrung gemäß § 59 ArbGG insoweit unrichtig war, als eine gemäß § 339 Abs. 2 ZPO erforderliche Festsetzung der Einspruchsfrist nicht erfolgt war und folglich über diese Frist auch nicht belehrt war. Weiter kann damit offen bleiben, ob entsprechend den Entscheidungen des BAG über die Zusammenrechnung der Jahresfrist mit der vorgesehenen Rechtsmittelfrist (vgl. für das Berufungsverfahren BAG AP Nr. 3, 12, 17 zu § 9 ArbGG 1979, und AP Nr. 14 a.a.O., im Fall der sofortigen Beschwerde gegen einen Verweisungsbeschluss nach § 17 a GVG) vorliegend eine Zusammenrechnung der Jahresfrist mit der Einspruchsfrist gemäß § 339 Abs. 2 ZPO zu erfolgen hätte, wenn eine analoge Anwendung der Vorschrift des § 9 Abs. 5 ArbGG möglich wäre.
Der Einspruch der Beklagten gegen das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Bayreuth vom 14.08.1997 ist somit nicht verspätet, so dass der sofortigen Beschwerde der Beklagten stattzugeben war.
Eine Kostenentscheidung war nicht erforderlich. Gerichtsgebühren fallen nicht an (vgl. Anlage 1 zu § 12 Abs. 1 ArbGG 1979 Nr. 9302). Erstattungsfähige Parteikosten sind nicht ...