Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellung
Leitsatz (amtlich)
Die Klagefrist ist schuldhaft versäumt, wenn die rechtskundig vertretene Partei am letzten Tag der Frist per Telefax unter Benutzung eines gerichtsfremden Telefaxempfangsanschlusses die Klage einreicht, die Inhaberin des Anschlusses (hier die Staatsanwaltschaft) die Klage jedoch erst später weiterleitet.
Es entlastet die Partei nicht, wenn in der Vergangenheit entsprechende fristgebundene Prozeßschriften rechtzeitig weitergeleitet wurden.
Normenkette
KSchG § 5
Verfahrensgang
ArbG Bayreuth (Beschluss vom 27.01.1993; Aktenzeichen 3 Ca 913/92 H) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Bayreuth, Kammer Hof, vom 27.01.1993 – 3 Ca 913/92 H – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Durch ein am 07.08.1992 der Klägerin zugegangenes Schreiben kündigte die Beklagte das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis zum 30.09.1992. Das Arbeitsverhältnis unterfällt dem Kündigungsschutzgesetz.
Mit Klage vom 28.08.1992 machte die Klägerin u. a. die Sozialwidrigkeit der Kündigung geltend. Die an das Arbeitsgericht Bayreuth, Kammer Hof, adressierte Klage ging per Telefax gegen 10.00 Uhr am 28.08.1992 über den Telefaxanschluß der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Hof bei der Staatsanwaltschaft ein. Die Geschäftsstelle der Kammer Hof des Arbeitsgerichts Bayreuth und die Staatsanwaltschaft befinden sich im Justizgebäude Hof.
Die Klage wurde mit dem Vermerk „Irrläufer” der Geschäftsstelle des Arbeitsgerichts zugeleitet und ging dort am 31.08.1992 ein. Am gleichen Tag ging die auf dem normalen Postweg eingereichte Klage gleichen Inhalts samt Anlagen ein. Nach Hinweis im Termin vom 21.10.1992 hat die Klägerin mit dem am gleichen Tag eingegangen Schriftsatz vom 04.11.1992 nachträgliche Klagezulassung beantragt. Sie hat darauf verwiesen, in der Vergangenheit seien Faxe zuverlässig weitergeleitet worden. Darauf habe sie vertrauen dürfen. Auch der Nachtbriefkasten stehe für sämtliche im Haus angesiedelten Gerichtszweige zur Verfügung, ohne daß dies besonders kenntlich gemacht worden sei.
Das Arbeitsgericht hat mit Beschluß vom 27.01.1993 den Antrag als unbegründet zurückgewiesen. Es hat ein Verschulden der Prozeßbevollmächtigten der Klägerin deshalb angenommen, weil diese nicht darauf hätten vertrauen dürfen, daß die Staatsanwaltschaft, mit der das Arbeitsgericht keine Absprachen getroffen habe über die Benutzung des Faxgerätes, das Fax zuverlässig weiterleite. Zumindest eine Überwachung des rechtzeitigen Eingangs sei bei der hier gegebenen Fallgestaltung geboten.
Gegen den ihr am 02.02.1993 zugestellten Beschluß wendet sich die Klägerin mit der am 16.02.1993 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Beschwerde, die sie in einem am 26.02.1993 beim Landesarbeitsgericht eingegangen Schriftsatz begründet hat.
Die Klägerin trägt vor,
die verzögerte Klageweiterleitung sei nicht von der Klägerin und nicht von der DGB-Rechtsstelle zu vertreten. Nachdem die Klage eindeutig adressiert gewesen sei, sei der Eingang per Telefax bei der Staatsanwaltschaft im gleichen Gebäude nicht anders zu behandeln, als der Eingang in dem gemeinsamen Nachtbriefkasten der Staatsanwaltschaft, des Amtsgerichts, des Landgerichts und des Arbeitsgerichts. Alle Rechtsmittel, die per Telefax eingelegt würden, würden noch am selben Tag bis zum Ende der geschäftsüblichen Öffnungszeit in die Postfächer der gemeinsamen Einlaufstelle eingelegt. Auch sei jeder im Haus beschäftigte Angestellte und Beamte insoweit rechtskundig, daß er über die Bedeutung eines Rechtsmittels Bescheid wisse. Per Telekopie eingehende Rechtsmittel würden unverzüglich bei der gemeinsamen Einlaufstelle und nach Abstempelung sofort in das Postfach des Arbeitsgerichts abgegeben.
Hierauf habe die Prozeßvertretung der Klägerin vertrauen dürfen. Es liege in der Natur der Sache, daß eine Telekopie als Mittel nur benutzt werde, wenn höchste Eile geboten sei. Das bei den Gerichten beteiligte Personal sei entsprechend geschult und sich der Bedeutung von Fristen und eingelegten Rechtsmitteln bewußt. Es stelle unabwendbaren Zufall dar, wenn die Klage als Irrläufer deklariert und nicht unverzüglich weitergeleitet worden sei.
Die Klägerin stellt folgende Anträge:
- Auf die sofortige Beschwerde vom 16.2.1993 hin wird der Beschluß des ArbG Bayreuth, Kammer Hof/Saale zum Az.: 3 Ca 913/92 H, aufgehoben.
- Die Klage vom 28.8.1992 wird nachträglich zugelassen.
- Es wird festgestellt, daß das Arbeitsvertragsverhältnis zwischen den Parteien durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 6.8.1992 zum 30.09.1992 rechtswirksam nicht aufgelöst worden ist, sondern über den 30.09.1992 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.
- Für den Fall der stattgebenden Entscheidung gemäß Klageantrag 2 und 3 wird die Beklagte verurteilt, die Klägerin bis zur endgültigen rechtskräftigen Entscheidung im Kündigungsschutzverfahren ab sofort als Sachbearbeiterin zu unveränderten Bedingungen tatsächlich weiterzubeschäftigen.
- Die Beklagte wird verurt...