Entscheidungsstichwort (Thema)
Einigungsgebühr für einen Vergleich auch über nicht rechtshängige Ansprüche im Falle der Prozesskostenhilfe
Leitsatz (amtlich)
Wird Prozesskostenhilfe auf entsprechenden Antrag für den Abschluss eines Vergleiches auch über nicht rechtshängige Ansprüche (sog. Mehrvergleich) erstreckt, fällt dafür eine Einigungsgebühr nach Nr. 1003 VV RVG (1,0) an.
Normenkette
VV RVG Nrn. 1000, 1003; ZPO § 160 Abs. 3 Nr. 1; RVG § 13 Abs. 1 Anl. 2, § 49
Verfahrensgang
ArbG Weiden (Entscheidung vom 06.08.2019; Aktenzeichen 1 Ca 696/18) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägervertreters vom 13.08.2019 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Weiden vom 06.08.2019, Aktenzeichen: 1 Ca 696/18, wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Klägerin war bei der Beklagten beschäftigt seit 01.06.2016 mit einem durchschnittlichen monatlichen Bruttoarbeitsentgelt von 2.100,00 €. Das Arbeitsverhältnis wurde mit Schreiben vom 21.11.2018 außerordentlich und fristlos, hilfsweise ordentlich und fristgerecht gekündigt. Gegen diese Kündigung erhob die Klägerin mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 03.12.2018 Kündigungsschutzklage und allgemeine Feststellungsklage beim Arbeitsgericht Weiden und beantragte Prozesskostenhilfe.
Im Termin zur Güteverhandlung am 21.01.2019 wurde die Sach- und Rechtslage erörtert.
Der Klägervertreter beantragte Bewilligung der Prozesskostenhilfe und Erstreckung der Bewilligung auf den Vergleich.
Mit Beschluss in der Güteverhandlung wurde Prozesskostenhilfe für die I. Instanz für Verfahren und Vergleich bewilligt.
Die Parteien schlossen folgenden Vergleich:
1. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete aufgrund ordentlicher fristgerechter Arbeitgeberkündigung vom 21.11.2018 aus betrieblicher Veranlassung mit Ablauf des 31.12.2018.
2. Die beklagte Partei hält die im Zusammenhang mit der Kündigung erhobenen Vorwürfe nicht aufrecht.
3. Die Beklagte rechnet das Arbeitsverhältnis bis zu dessen Beendigung ordnungsgemäß ab und zahlt den entsprechenden Nettobetrag an die Klägerin aus.
4. Die Beklagte zahlt an die Klägerin als Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes entsprechend §§ 9, 10 KSchG 2.900,00 € brutto.
5. Die Beklagte verpflichtet sich, der Klägerin ein wohlwollendes, qualifiziertes Arbeitszeugnis auszustellen und zu übersenden, das sich auf die Leistung und das Verhalten im Arbeitsverhältnis erstreckt, in dem der Klägerin in der zusammenfassenden Leistungsbeurteilung "stets zur vollen Zufriedenheit" und in der zusammenfassenden Verhaltensbeurteilung "einwandfrei" bescheinigt wird und das mit der bei der Beklagten üblichen Formel des Bedauerns, des Dankes und der Wünsche für die Zukunft endet.
6. Darüber hinaus bestehen aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung keine finanziellen Ansprüche mehr.
7. Dieser Vergleich wird rechtswirksam, wenn er nicht von der Beklagten durch schriftliche Erklärung widerrufen wird, die bis spätestens 04.02.2019 beim Arbeitsgericht Weiden eingegangen sein muss.
Der Vergleich wurde bestandskräftig.
Der Streitwert wurde festgesetzt für das Verfahren auf 6.300,00 € und für den Vergleich auf 8.400,00 €.
Mit Schreiben vom 28.01.2019 beantragte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin Festsetzung und Auszahlung der anwaltlichen Gebühren und Auslagen nach § 55 RVG. Dabei wurde aus einem Streitwert von 6.300,00 € eine einfache Einigungsgebühr mit 277,00 € und aus einem Streitwert von 2.100,00 € eine 1,5 fache Einigungsgebühr mit 168,50 € in Ansatz gebracht.
Geltend gemacht wurden insgesamt |
1.437,52 € brutto |
und bewilligt mit Beschluss vom 30.01.2019 |
1.260,81 € brutto |
Bei der Bewilligung wurde aus einem Streitwert von 8.400,00 € nur eine einfache Einigungsgebühr mit 297,00 € in Ansatz gebracht.
Mit Schreiben vom 24.04.2019 legte der Prozessbevollmächtigte dagegen Erinnerung ein und verwies darauf, dass andere LAGs in solchen Fällen eine 1,5 Einigungsgebühr für den Mehrvergleich in Ansatz brächten.
Mit Beschluss des Arbeitsgerichtes Weiden - Außenkammer Schwandorf- vom 29.04.2019 half die Rechtspflegerin der Erinnerung nicht ab und legte sie dem Kammervorsitzenden zur Entscheidung vor.
Das Arbeitsgericht Weiden hat der Erinnerung mit Beschluss vom 21.05.2019 abgeholfen. Der Beschluss vom 31.05.2019 wurde der Staatskasse am 11.06.2019 zugestellt. Deren Beschwerde vom 24.06.2019 ist am selben Tag beim Arbeitsgericht Weiden eingegangen. Darin macht die Staatskasse geltend, dass aus dem überschießenden Vergleichswert keine 1,5 Einigungsgebühr angesetzt werden könne, weil ein Verfahren über Prozesskostenhilfe anhängig gewesen sei unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 02.11.2018 - Aktenzeichen: 5 Ta 104/18. Das Arbeitsgericht Weiden hat mit Beschluss vom 06.08.2019 der Beschwerde der Staatskasse abgeholfen und die dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung auf 1.260,81 € festgesetzt. Weiter hat das Arbeitsgericht die Beschwerde für die Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugelassen. Dieser hat mit Schriftsatz vom 13.08...